Wertschöpfungskette steht

Leistungshalbleiter mit Aluminiumnitrid – made in Germany

26. Juli 2024, 8:05 Uhr | Iris Stroh
Die erste Generation der AlN/GaN-Transistoren, die am FBH hergestellt wurden, zeigen vielversprechende Eigenschaften, u.a. eine Leistungsdichte, die jene von Bauelementen aus SiC oder GaN übertrifft.
© Petra Immerz / Ferdinand-Braun-Institut, Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik (FBH)

Deutsche Forschungspartner demonstrieren erstmals die praktische Umsetzung einer Aluminiumnitrid-basierten Wertschöpfungskette für Leistungshalbleiter - vom Grundmaterial bis zur Bauelementfertigung.

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Eine neue, auf Aluminiumnitrid (AlN) basierende Halbleitertechnologie für leistungselektronische Transistoren und Millimeterwellen-Hochfrequenzschaltungen hat das Potenzial, die Verluste bei der Umwandlung von elektrischer Energie und bei der Hochfrequenzübertragung erheblich zu verringern. Aus der Sicht der Forschungspartner ist es heute schon absehbar, dass zukünftig selbst die WBG-Bauelemente (SiC und GaN) von Halbleitern mit ultra-großer Bandlücke (UWBG) in ihren Eigenschaften übertroffen werden. Ein vielversprechender UWBG-Halbleiter ist AlN. Bauelemente auf einkristallinen AlN-Wafern erreichen im Vergleich zur GaN-Technologie eine höhere stabile Leistungsdichte und Effizienz. Sie zeigen zudem geringere dynamische Störeffekte und eine höhere Zuverlässigkeit. Gleichzeitig ermöglicht die hohe thermische Leitfähigkeit des AlN eine gute Entwärmung der Bauelemente.

Mit Aluminiumnitrid-Prozesskette an die Weltspitze

Um die AlN-Technologie mittelfristig für die Industrie zugänglich zu machen, wurden die in Deutschland bereits vorhandenen Aktivitäten zu diesem Material in einem strategischen Cluster gebündelt. Ziel ist es, eine deutsche Wertschöpfungskette für eine AlN-basierte Technologie zu etablieren und eine internationale Führungsposition aufzubauen. Das Ferdinand-Braun-Institut, Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik (FBH), das Fraunhofer-Institut für Integrierte Systeme und Bauelementetechnologie IISB und die Firma III/V-Reclaim PT GmbH treiben diese Aktivitäten gemeinsam voran. Sie decken dabei die gesamte Wertschöpfungskette ab, ausgehend von der Züchtung von AlN-Kristallen mittels Physical-Vapor-Transport-Verfahren (PVT) über das Wafering und Polieren von epitaxiefähigen AlN-Wafern sowie die Epitaxie der funktionalen Bauelement-Schichten bis hin zur Herstellung von Transistoren für Leistungselektronik- und Millimeterwellen-Anwendungen.

Dem Konsortium ist es gelungen, die praktische Umsetzung der Wertschöpfungskette für AlN-Bauelemente erstmals in Deutschland und Europa erfolgreich zu demonstrieren. Dazu wurden am Fraunhofer IISB AlN-Kristalle gezüchtet und in AlN-Wafer mit einem Durchmesser von bis zu 1,5 Zoll gesägt. Die Firma III/V-Reclaim hat einen Polierprozess für die Herstellung epitaxiefähiger Wafer entwickelt. Auf diesen Wafern wurden am FBH funktionale epitaktische Schichten aufgebracht und darauf erfolgreich AlN/GaN-Transistoren mit hoher Elektronenbeweglichkeit (HEMTs) prozessiert. Die ersten damit produzierten Transistorgenerationen zeigen vielversprechende elektrische Eigenschaften, wie beispielsweise eine Durchbruchsspannung von bis zu 2200 V und eine Leistungsdichte, die jene von Bauelementen aus SiC und GaN übertrifft.

Gezielte Investitionen in die Zukunft

Das Streben nach immer höherer Energieeffizienz und fortschreitender Miniaturisierung ist auch für leistungselektronische Systeme und in der Mikrowellen-Kommunikation ausschlaggebend. Die statischen und dynamischen Leitungsverluste in den Halbleitermaterialien erhöhen jedoch unnötig die Schaltverluste bei der Bereitstellung, Verteilung und Nutzung elektrischer Energie und damit den Verbrauch an wertvoller Primärenergie. So werden in Europa pro Jahr schätzungsweise 3 Terawattstunden elektrischer Energie aufgrund von Umwandlungsverlusten vergeudet – mit steigender Tendenz.

Um relevante Energieeinsparungen zu erzielen, muss am Halbleitermaterial selbst angesetzt werden. Verglichen mit etablierten Silizium-Bauelementen bieten die AlN/GaN-HEMTs, wie sie jetzt erfolgreich auf AlN-Wafern hergestellt wurden, bis zu dreitausendmal weniger Leitungsverluste als mit Silizium und sind etwa zehnmal leistungsfähiger als SiC-Bauelemente.

Diese Forschungserfolge waren unter anderem möglich durch die Förderung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Projekte ForMikro-LeitBAN und Nitrides-4-6G.


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