Aber wo ist überhaupt noch Wachstum zu finden? In den vielgepriesenen Märkten wie IoT und Industrie 4.0? »Hier sind sich schon die Analysten nicht einig. Die Schätzungen variieren um mehr als den Faktor 10«, antwortet Stephan zur Verth. Das prognostizierte Wachstum resultiere hier sehr stark vom Zusammenspiel aus Zulieferern und Anwendern. Nur gemeinsam könnten sie die derzeitig etablierten Inselsysteme überwinden, was dann erst für den notwendigen Schub sorgen werde. Auch die ungeklärten und gerade in vergangener Zeit so dringend aufgetretenen Fragen um Security bremse die Gesamteuphorie, wie jetzt der Angriff auf die Telecom wieder neu gezeigt habe. All das hemme die Nachfrage und es werden wohl noch einige Jahre ins Land ziehen, bis die zu erwartende wachsende Nachfrage so durchschlage, dass die Halbleiterindustrie dies in einem spürbaren Anstieg der Stückzahlen registriere.
Kraftfahrzeuge
Also stürzt sich alles auf die wenigen Wachstumsbereiche, etwa die Automobilindustrie: Kein Wunder, dass jetzt viele Hersteller auf diesen bisher als eher langweilig weil mit langen Wartezeiten verbunden Markt aufspringen wollen. Denn auch wenn die Stückzahlen gemessen an Consumer-Märkten klein sind – das Wachstumspotenzial ist hoch. Von 350 auf 400 Dollar soll der durchschnittliche Halbleiteranteil pro Auto von 2015 bis 2020 wachsen. »Persönlich schätze ich, dass der Wert 2020 noch höher liegen wird, denn schon heute finden sich in der Luxusklasse Halbleiter im Wert von 700 bis 800 Dollar. Der Wert der Halbleiter pro Auto wird mit dem Wachstum von Fahrerassistenzsystemen auch in den darunterliegenden Klassen schnell steigen.«
Sensoren – die europäische Hoffnung
Schneller als Halbleiter für den Einsatz in Autos wachsen die Halbleiter-Sensoren und -Aktoren. Zwar machten sie 2015 nur einen Anteil von 9 Mrd. Dollar am weltweiten 335-Mrd.-Dollar-Markt für Halbleiter aus, sie sollen aber auch Angaben der Analysten dieses Jahr um über 20 Prozent zulegen, im kommenden Jahr noch einmal um über 5 Prozent. »Sensoren bilden die reale Welt in der Elektronik ab. Das ist die Grundlage von IoT und Industrie 4.0 und deshalb liegt die Wachstumserwartung von Sensoren oberhalb der anderen Produktbereiche«, sagt Stephan zur Verth. Das freut besonders die europäische Industrie, denn jeder zweite Sensor wurde 2016 von einem europäischen Unternehmen gefertigt.
Reife Halbleiterindustrie
Diese Zahlen verdeutlichen: Die Halbleiterindustrie ist reif geworden: 1991 bis 2001 war noch ein durchschnittliches Wachstum von 10 Prozent pro Jahr zu verzeichnen. Von 2002 bis 2009 sank es auf 7 Prozent pro Jahr, um von 2010 bis 2016 bei nur mehr 2 Prozent zu gelangen. Denn alles was zuvor noch kräftig zugelegt hatte, ist über die letzten Jahre geschrumpft: Smartphones wuchsen gerade noch unter 5 Prozent, Tablets schrumpfen um 10 Prozent, PCs ebenfalls, Flat Panel sind leicht rückläufig. Wie gesagt, Ausnahmen sind nur der Automobilsektor und die Sensoren.