Interview mit Dr. Peter Friedrichs

20 Jahre Siliziumkarbid bei Infineon

9. August 2021, 14:00 Uhr | Ralf Higgelke
SiC-Wafer verschiedener Durchmesser, prozessiert und unprozessiert
© Infineon Technologies

Vor 20 Jahren brachte Infineon die ersten Bauteile aus Siliziumkarbid auf den Markt. Damals schon war Dr. Peter Friedrichs, heute Vice President SiC, dabei. Mit ihm konnte Markt&Technik exklusiv über die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft bei Siliziumkarbid sprechen.

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Markt&Technik: Herr Doktor Friedrichs, wie begann das Thema Siliziumkarbid eigentlich?

Dr. Peter Friedrichs: Der Start der Entwicklung geht tatsächlich bis weit in die 1950er-Jahre zurück. Damals wurden in der zentralen Forschungsabteilung von Siemens erste Versuche durchgeführt, Siliziumkarbid-Kristalle aufzuwachsen. Die Ära für die Leistungshalbleiter begann ebenfalls dort im Jahr 1991. Die gleiche Forschergruppe, die sich bereits vorher mit dem Materialsystem auseinandergesetzt hatte, erkannte die Bedeutung und begann, parallel Material und Bauelemente zu entwickeln. Wenige Zeit später wurde der Halbleiterbereich von Siemens (heute Infineon Technologies; Anm. d. Red.) darauf aufmerksam und startete die Transferprojekte hin zu einer Industrialisierung.

Was waren in diesen ersten Jahren die größten Herausforderungen, bis man diese ersten Schottky-Dioden auf den Markt bringen konnte?

Im Vordergrund standen damals natürlich die äußerst exotischen Eigenschaften von Siliziumkarbid. Das beginnt bei der Form; damals standen keine richtigen Wafer zur Verfügung, wie wir sie heute kennen. Es gab schlicht keine Lieferanten, wir mussten das Ausgangsmaterial über etliche Monate oder Jahre selber produzieren. Hatten wir es schließlich, dann war dieses mit nur ca. 30 Millimeter Durchmesser sehr klein im Vergleich zu jenem, das in der Siliziumwelt schon üblich war.

Außerdem war noch nicht klar, wie dieses sehr rare, sehr harte und spröde Material zu handhaben ist. Wir mussten deswegen eine Menge völlig neuer Lösungen entwickeln, um den neuen Herausforderungen zu begegnen. Dazu kam dann auch noch die sehr niedrige Qualität der Siliziumkarbid-Kristalle mit ihren damals noch sehr vielen Gitterfehlern. Die wirkte sich negativ auf den Fortschritt bei der Entwicklung aus. Bis wir ein halbwegs leistungsfähiges Bauelement darstellen konnten, gingen schon einige Jahre ins Land.

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Dr. Peter Friedrichs, Vice President SiC bei Infineon Technologies: »Mit dem Trench-Ansatz bei SiC-MOSFETs verringert sich die Zahl der kritischen Defekte im Kanalbereich, sodass wir trotz dickerem Gate-Oxid einen ausreichend niedrigen Kanalwiderstand und gleichzeitig eine niedrige Ausfallwahrscheinlichkeit erreichen.«
© Infineon Technologies

Nach den Schottky-Dioden dauerte es dann doch einige Jahre, bis die ersten Transistoren aus Siliziumkarbid erschienen. Warum eigentlich?

Der Weg hin zu schaltenden Bauelementen war vorgezeichnet durch die Tatsache, dass sich Siliziumkarbid in gleicher Weise thermisch oxidieren lässt wie Silizium. Doch bis wir in der Lage waren, einen MOSFET zu bauen, waren einige materialspezifische Hürden zu überwinden. Besonders der sogenannte Inversionskanal stellte sich über viele Jahre hinweg eher als hochohmiger Widerstand denn als leitfähiger Kanal dar. Dadurch ließen sich die attraktiven Merkmale, die dieses Wide-Bandgap-Material bietet, nicht in einem Bauteil umsetzen.

Video: 20 Jahre Siliziumkarbid bei Infineon

  1. 20 Jahre Siliziumkarbid bei Infineon
  2. Vom SiC-JFET zum SiC-MOSFET
  3. Cold-Split-Verfahren Ende 2022 marktreif
  4. Standardisierung bei Siliziumkarbid

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