IGBT-Halbbrücken-Design

Die Leistungselektronik für E-Fahrzeuge vereinfachen

5. August 2021, 10:52 Uhr | Autor: Charlie Ice, Redaktion: Irina Hübner

Leistungswandler in Elektrofahrzeugen basieren auf einer Halbbrückenkonfiguration. Was beim Design einer solchen IGBT-Halbbrücke zu beachten ist, beschreibt dieser Beitrag. Der Fokus dabei liegt auf der High-Voltage-Seite (Ausgangsstufe) des Gate-Treibers.

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Bei Elektrofahrzeugen (EVs) dreht sich alles um Leistung: Große Batteriepacks liefern über hohe Spannungen und Ströme Energie an verschiedene Stromwandler. Der DC/DC-Hauptwandler versorgt die Low-Voltage-Systeme im Fahrzeug. Der Traktionswechselrichter liefert mechanische Kraft an die Räder. Das Batterieladesystem liefert Strom an die Batterie, um den gesamten Vorgang erneut zu starten. Jedes System wandelt dabei Energie von einer Form in eine andere um.

Die Halbbrückenkonfiguration

Die Basis dieser Systeme ist einer der wichtigsten Bausteine heutiger Stromwandler: die Halbbrückenkonfiguration. Darin schalten ein High-Side- und ein Low-Side-Schalter die Anschlüsse der Last schnell zwischen der positiven und negativen High-Voltage-Schiene um. Die Gate-Ansteuerung dieser Schalter ist für einen hohen Wirkungsgrad entscheidend, da sie sich so weit wie möglich wie ideale Schalter verhalten sollen. Durch das Verständnis, wie der Strom von den Gate-Treibern in die Schaltelemente fließt, lässt sich die Leistung der Gate-Treiber so ausgelegen, dass vereinfachte Leiterplattendesigns, geringere Kosten und eine einfache Wiederverwendung in zukünftigen Designs möglich sind.

In EV-Systemen werden die positiven und negativen High-Voltage-Schienen oft als DC Link+ und DC Link- bezeichnet. Bild 1 beschreibt eine Halbbrückenschaltung aus IGBTs und eine aus Siliziumkarbid-(SiC-)FETs. Um einen IGBT einzuschalten, muss die Spannung vom Gate zum Emitter (UGE) einen bestimmten Schwellenwert überschreiten.

Bild 1. Halbbrücke mit isolierten Gate-Treibern auf Basis von IGBT-Schaltern (links) und SiC-FET-Schaltern (rechts).
Bild 1. Halbbrücke mit isolierten Gate-Treibern auf Basis von IGBT-Schaltern (links) und SiC-FET-Schaltern (rechts).
© Silicon Labs

Bei einem SiC-FET tritt diese Spannung ebenfalls zwischen Gate und Source (UGS) auf. Der Einfachheit halber bezieht sich der Rest dieses Beitrags auf ein IGBT-Halbbrückendesign. Die diskutierten Prinzipien gelten jedoch auch für SiC-FET-Designs. Bild 1 zeigt auch isolierte Gate-Treiber. Aufgrund der hohen Spannungen, die in vielen EV-Systemen auftreten, ist häufig eine Isolierung erforderlich, um einen Low-Voltage-Systemcontroller von der High-Voltage-Leistungsstufe zu trennen. Isolierte Gate-Treiber überbrücken diese beiden Bereiche, sodass der Systemcontroller die IGBTs oder SiC-FETs der Leistungsstufe steuern kann. Auch hier bezieht sich der Einfachheit halber der restliche Beitrag nur auf die High-Voltage-Seite (Ausgangsstufe) des Gate-Treibers.

Um einen IGBT einzuschalten, muss der Gate-Treiber die Gate-Spannung mindestens auf den UGE-Schwellenwert anheben und dann genügend Strom liefern, um das Gate aufzuladen und den IGBT vollständig einzuschalten. Für den Low-Side-Gate-Treiber, der an DC Link- angeschlossen ist, ist dies recht einfach. Wie Bild 1 zeigt, ist die Ausgangsstufe des Gate-Treibers an DC Link- als Masse und an der positiven Schiene der »Power Domain 2« für UDD der Ausgangsstufe angeschlossen. Anschließend wird das Gate mit UDD belegt, um den Low-Side-Baustein einzuschalten. Dies funktioniert, weil UDD in Referenz zu DC Link- steht, die an den Emitter des IGBT gebunden ist. So wird eine positive UGE erzeugt. Für den High-Side-Gate-Treiber ist die Sache nicht so einfach.

Um eine positive UGE zu erzeugen, muss die Masse des High-Side-Gate-Treibers mit dem Emitter des High-Side-IGBT verbunden werden. Ohne diese Verbindung ist der Gate-Treiber in Bezug auf den Emitter des High-Side-IGBT quasi schwebend und kann das Gate nicht ansteuern. Dies bedeutet auch, dass sich der High-Side-Gate-Treiber in einem separaten Leistungsbereich befinden muss. Wenn er im selben Leistungsbereich wie der Low-Side-Gate-Treiber verbunden ist, wird der Emitter des High-Side-IGBT an DC Link- gebunden und die Halbbrücke unterbrochen. Daher hat die Architektur von Gate-Treiber-Leistungsbereichen, insbesondere in Systemen mit mehreren Halbbrückenschaltungen, einen hohen Einfluss auf die Systemkomplexität.

Wandlertopologien mit mehreren Halbbrückenkonfigurationen

Viele komplexe Wandlertopologien enthalten mehr als eine Halbbrückenkonfiguration. Die Motoren in den Antriebssträngen von Elektrofahrzeugen sind meist 3-Phasen-Motoren, bei denen jede Phase ein- und ausgeschaltet wird, um eine Bewegung zu erzeugen. Der Traktionsumrichter verwendet drei Halbbrückenschaltungen, um jede Phase des Motors mit Strom zu versorgen. Bei sechs Leistungsbauelementen und Gate-Treibern hat die sorgfältige Planung der Stromverteilung der Gate-Treiber großen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit. Der 3-Phasen-Wechselrichter veranschaulicht auch die Kompromisse bei verschiedenen Konfigurationen für die Stromverteilung. Diese sind auch für andere Systeme relevant, die nur eine oder zwei Halbbrückenschaltungen verwenden.

In einem 3-Phasen-Wechselrichter teilen sich alle Low-Side-Bauteile eine gemeinsame (DC Link-)Verbindung zu ihrem Emitter. Daher können sich die Low-Side-Gate-Treiber alle einen gemeinsamen Leistungsbereich teilen. Die Emitter der High-Side-Gate-Treiber sind hingegen mit den verschiedenen Phasen des Systems verbunden, sodass drei separate Leistungsbereiche erforderlich sind (Bild 2).

Bild 2. 3-Phasen-System mit einem einzigen DC/DC-Wandler.
Bild 2. 3-Phasen-System mit einem einzigen DC/DC-Wandler.
© Silicon Labs

Der Anschluss der Low-Side-Treiber an einen einzigen Leistungsbereich und der Einsatz eines einzelnen DC/DC-Wandlers zum Erzeugen aller vier Stromschienen (siehe ebenfalls Bild 2) ist eine gängige Lösung. Dieser Ansatz führt jedoch oft zu komplexen Leiterplattenlayouts und langen Leiterbahnen, die in Hochfrequenzsystemen zu EMI-Problemen führen können.

Eine enge Spannungsregelung auf allen vier Ausgangsschienen zu erzielen, ist auch bei einem einzelnen DC/DC-Controller schwierig und kann aufgrund des gemeinsam genutzten Transformators zu einer Rauschkopplung von der High-Side auf die Low-Side führen. Dies ist besonders problematisch bei hochfrequenten SiC-Designs. Ein anderer Ansatz besteht darin, den DC/DC-Wandler in mehrere unabhängige DC/DC-Wandler aufzuteilen.

Dieses Aufteilen vereinfacht das Leiterplattenlayout, reduziert die Länge der Leiterbahnen und sorgt für eine saubere Regelung jeder Ausgangsschiene. Außerdem reduziert sich das Rauschen zwischen den Leistungsbereichen erheblich, und SiC-basierte Systeme erreichen hohe Schaltfrequenzen und einen besonders hohen Wirkungsgrad. Darüber hinaus kann das Design mit unabhängigen DC/DC-Wandlern in anderen Halbbrückenkonfigurationen mit weniger Schaltern, zum Beispiel in Vollbrückensystemen, wiederverwendet werden.

DC/DC-Controller in Gate-Treiber integrieren

Anstatt sechs unabhängige DC/DC-Wandler zu verwenden (einen für jeden isolierten Gate-Treiber), wird das System in vier Wandler aufgeteilt, um die Kosten zu senken. Einige Gate-Treiber, zum Beispiel der Si828x von Silicon Labs (Bild 3), integrieren den DC/DC-Controller, um Kosten und Platz auf der Leiterplatte einzusparen. Oft wird derselbe Gate-Treiber mit und ohne integrierten DC/DC-Controller an. In vielen Fällen bietet die Konfiguration mit integriertem DC/DC-Wandler das richtige Gleichgewicht zwischen Komplexität, Kosten und Leistungsfähigkeit.

Bild 3. 3-Phasen-System mit Gate-Treibern, integrierten DC/DC-Controllern und vier unabhängigen Leistungsbereichen.
Bild 3. 3-Phasen-System mit Gate-Treibern, integrierten DC/DC-Controllern und vier unabhängigen Leistungsbereichen.
© Silicon Labs

Elektrofahrzeuge und die für sie erforderlichen Leistungswandler sind auf dem Vormarsch. Da die Anforderungen an einen höheren Wirkungsgrad und eine größere Reichweite weiter steigen, muss die Leistungselektronik schnellere Schaltgeschwindigkeiten, komplexere Topologien und höhere Spannungen abdecken.

Neue Leistungsschalter und Fortschritte bei Gate-Treibern werden den Wirkungsgrad von Halbbrückenschaltungen in neue Höhe treiben. Doch auch wenn sich die Halbbrückenschaltung weiterentwickelt, wird die Architektur des Leistungsbereichs in den kommenden Jahren ein kritischer Designaspekt bleiben.

 

 


Der Autor

Charlie Ice
Ist Senior Product Manager bei Silicon Labs.


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