Widerstandstemperaturkoeffizient

Temperatur und Konstruktion beeinflussen Widerstandsstabilität

24. Januar 2022, 11:39 Uhr | Von Rolf Horn, Applications Engineer bei Digi-Key Electronics
Vishay Dale
Bild 1: Eine Methode zur Veranschaulichung der Wirkung des TCR ist die Betrachtung der Ausdehnungsrate eines Materials bei Temperaturerhöhung.
© Vishay Dale

Was ist eigentlich der TCR? Wie wird er bestimmt? Wirkt sich die Konstruktion eines Widerstands auf die Leistung des TCR aus? Diese Fragen, und wie man Angaben zum TCR in Datenblättern aussagekräftig vergleicht, erläutert dieser Artikel.

Der Widerstand ist das Ergebnis einer Kombination von Faktoren, die dazu führen, dass die Bewegung eines Elektrons innerhalb des Kristallgitters eines Metalls oder einer Metalllegierung von einer idealen Bahn abweicht. Wenn ein Elektron auf Defekte oder Unvollkommenheiten innerhalb des Gitters trifft, kann es eine Diffusion verursachen. Dadurch vergrößert sich der zurückgelegte Weg, was zu einem erhöhten Widerstand führt. Diese Mängel und Unvollkommenheiten können folgende Ursachen haben:

  • Bewegung des Gitters durch thermische Energie
  • Verschiedene Atome, die im Gitter vorhanden sind, wie Verunreinigungen
  • Teilweises oder vollständiges Fehlen eines Gitters (amorphe Struktur)
  • Ungeordnete Zonen an den Korngrenzen
  • Kristalline und interstitielle Defekte des Gitters

Der Temperaturkoeffizient des Widerstands (TCR), auch als Widerstandstemperaturkoeffizient (RTC) bezeichnet, ist ein Merkmal der thermischen Energiekomponente der oben genannten Unzulänglichkeiten. Die Auswirkung dieser Widerstandsänderung ist reversibel, wenn die Temperatur zur Referenztemperatur zurückkehrt, vorausgesetzt, die Kornstruktur wurde nicht durch die hohen Temperaturen infolge eines extremen Impulses oder einer anderen Überlastung verändert. Bei den Familien Power Metal Strip und Power Metal Plate von Vishay Dale wäre dies eine Temperatur, bei der die Widerstandslegierung 350 °C überschreitet.

Diese temperaturbedingte Widerstandsänderung wird in ppm/°C gemessen und variiert von Material zu Material stark. Beispielsweise hat eine Mangan-Kupfer-Legierung einen TCR von unter 20 ppm/°C (bei 20 bis 60 °C), während der von in Abschlüssen verwendetem Kupfer etwa 3900 ppm/°C beträgt. Diese 3900 ppm/°C entsprechen 0,39 %/°C. Diese Zahlen mögen gering erscheinen, bis man die Veränderung des Widerstands bei einem Temperaturanstieg von 100 °C bedenkt. Bei Kupfer würde dies zu einer Widerstandsänderung von 39 Prozent führen.

Eine alternative Methode zur Veranschaulichung der Wirkung des TCR ist die Betrachtung der Ausdehnungsrate eines Materials in Abhängigkeit von der Temperatur. Betrachtet seien zwei verschiedene Stäbe A und B, die jeweils 100 m lang sind. Stab A ändert seine Länge mit einer Rate von +500 ppm/°C und Stab B mit einer Rate von +20 ppm/°C. Bei einer Temperaturänderung von 145 °C wird die Länge von Stab A um 7,25 m zunehmen, während Stab B nur um 0,29 m länger wird. Bild 1 zeigt eine skalierte (1/20) Darstellung, um den Unterschied zu verdeutlichen. Stab A weist eine sehr deutliche Längenänderung auf, während Stab B keine sichtbare Längenänderung aufweist. Dies gilt auch für einen Widerstand, da der niedrigere TCR zu einer stabileren Messung bei Temperaturänderungen führt, was durch die angelegte Leistung (wodurch die Temperatur des Widerstandselements ansteigt) oder die Umgebungstemperatur verursacht werden kann.

Wie der TCR gemessen wird

Vishay Dale
Bild 2: Vergleich der verschiedenen TCR-Werte als prozentuale Änderung des Widerstands über der Temperatur.
© Vishay Dale

Gemäß MIL-STD-202-Methode 304 ist die TCR-Performance eine Widerstandsänderung basierend auf einer Referenztemperatur von +25 °C. Dabei wird die Temperatur geändert, und der Prüfling muss sein Gleichgewicht erreichen, bevor der Widerstandswert gemessen wird. Zur Bestimmung des TCR wird die Differenz verwendet. Für das Modell »Power Metal Strip WSL« von Vishay Dale wird der TCR bei einer niedrigen Temperatur von –65 °C gemessen und dann bei +170 °C. Dadurch lautet die Gleichung wie folgt.

Widerstandstemperaturkoeffizient in Prozent:
left parenthesis R subscript 2 space – space R subscript 1 right parenthesis space divided by space left parenthesis left parenthesis R subscript 1 space times space left parenthesis T subscript 2 space – space T subscript 1 right parenthesis right parenthesis space times space 100
Widerstandstemperaturkoeffizient in ppm:
left parenthesis R subscript 2 space – space R subscript 1 right parenthesis space divided by space left parenthesis left parenthesis R subscript 1 space times space left parenthesis T subscript 2 space – space T subscript 1 right parenthesis right parenthesis space times space 1.000.000
Dabei gilt:
R1    = Widerstand bei Referenztemperatur
R2    = Widerstand bei Betriebstemperatur
T1    = Referenztemperatur (+25 °C)
T2    = Betriebstemperatur
Häufig hängt die Betriebstemperatur (T2) von der Anwendung ab. So liegt der Temperaturbereich für Messgeräte in der Regel bei 0 bis +60 °C, und –55 bis +125 °C ist der typische Bereich für militärische Anwendungen. Die Serie Power Metal Strip WSL bietet einen TCR für den Betriebsbereich von –65 °C bis +170 °C, während die Serie WSLT einen erweiterten Temperaturbereich bis 275 °C aufweist.
In der Tabelle sind die TCR-Werte für einige Widerstandsmaterialien aufgeführt, die in der Produktpalette dieses Artikels verwendet werden.
In Bild 2 werden verschiedene TCR-Werte als prozentuale Änderung des Widerstands bei steigender Temperatur ab 25 °C verglichen.
Anhand der folgenden Gleichung lässt sich die maximale Änderung des Widerstandswertes für einen bestimmten TCR berechnen:

R space equals space R subscript 0 space times space left parenthesis 1 space plus space alpha space left parenthesis T space – space T subscript 0 right parenthesis right parenthesis
Dabei gilt:
R    = Endwiderstand
R0    = Anfangswiderstand
α    = TCR
T    = Endtemperatur
T0    = Anfangstemperatur

Vishay bietet einen Online-TCR-Kalkulator an.

Vishay Dale
Bild 3: Vergleich von „Power Metal Strip“- Widerständen von Vishay mit typischen Metallstreifen- und Dickschichtwiderständen
© Vishay Dale

  1. Temperatur und Konstruktion beeinflussen Widerstandsstabilität
  2. Wie die Konstruktion den TCR beeinflusst
  3. Kelvin-Konstruktion
  4. Nicht alle Datenblätter sind gleich

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