Lieferverträge für kundenspezifische Stromversorgungen werden sicher über längere Zeiträume abgeschlossen. Können Sie diese Kostensteigerungen weitergeben?
Aktuell ist der Erhalt der Lieferfähigkeit das oberste Gebot, auch bei den Kunden. Wenn wir auf von uns zertifizierte Broker zurückgreifen müssen, dann trägt der Kunde das mit. Für ihn ist entscheidend, beliefert zu werden und seine Geräteproduktion unterbrechungsfrei fortsetzen zu können. Wobei ich auch sagen muss, wir diskutieren da nicht wegen 1000 Euro rum, da geht es um größere Summen.
Als Reaktion auf die Probleme der Lieferkette hatten Sie im letzten Jahr den Aufbau eines eigenen Lagers angekündigt. Konnten Sie dieses Ziel umsetzen?
Wir haben uns das im Mai letzten Jahres zum Ziel gesetzt. Wir haben schon immer eine Art Pufferlager unterhalten, um einen reibungslosen und wirtschaftlich sinnvollen Produktionsprozess zu gewährleisten. Inzwischen ist dieses Lager auf einen Wert von 8 bis 9 Millionen Euro angewachsen. Es ist unsere Rückversicherung, dieses Lager gewährleistet unsere Flexibilität, auch unter den aktuellen Rahmenbedingungen fast verzögerungsfrei liefern zu können. Damit das auch in Zukunft so bleibt, nehmen wir am Markt derzeit alles, was wir kriegen können!
inpotron verfügt über ein Produktprogramm von über 600 Stromversorgungsmodellen. Unterstützen Sie derzeit noch die ganze Palette oder priorisieren Sie?
Nicht alle dieser über 600 Stromversorgungsmodelle sind aktuell aktiv. Wir können aber auch nicht priorisieren und sagen, wir fertigen nur noch eine Auswahl von Modellen. Unsere Kunden verlassen sich darauf, dass wir zu unseren Lieferverpflichtungen stehen. Wir haben ihnen das garantiert und sie haben letztlich keine Alternative zu unserem Produkt. Wir werden es also möglich machen, auch wenn ein Kunde vielleicht seit zwei Jahren keine dieser Stromversorgungen mehr benötigt hat.
Ihr Ziel war es, nachdem sich inpotron bislang auf Geräte bis 1 kW konzentriert hatte, zukünftig Geräte bis zu 3 kW anzubieten. Gibt es da bereits erste Projekte?
Nein, wir haben damit noch nicht angefangen. Wir hätten da richtig Spaß dran, aber in der jetzigen Situation sprengt das unsere Entwicklungskapazitäten. Wir haben aktuell einen Auftragsüberhang von einem dreiviertel Jahr. Unsere Bestandskunden versorgen uns derzeit mit so vielen neuen Projekten, dass wir gezwungen sind, Anfragen von Neukunden abzulehnen. Ich hätte nicht gedacht, dass wir einmal in so eine Situation kommen, aber es ist so.
Thema neue Projekte. Stromversorgung und Wide Bandgap sind für bestimmte Anwendungsbereiche ein Perfect Match. Setzt inpotron inzwischen SiC- oder GaN-Leistungshalbleiter ein?
Im Fall von SiC-Dioden tun wir das schon sehr lange. SiC-MOSFETs würden vielleicht Sinn machen, wenn wir uns mit Projekten im zuvor angesprochenen höheren Leistungsbereich beschäftigen würden. In der Leistungsklasse, in der wir uns bisher bewegen, haben die Super-Junction-MOSFETs in den letzten Jahren deutlich aufgeholt, sodass es für mich technisch und wirtschaftlich keinen Sinn macht, SiC-MOSFETs einzusetzen. Wir erreichen inzwischen eben auch mit Super-Junction-MOSFETs Wirkungsgrade von 96 Prozent und darüber. GaN-Leistungshalbleiter wiederum sind vor allem für den DC/DC-Wandler-Bereich ein Thema. Auch dort sehen wir bislang keine Notwendigkeit zum Einsatz dieser Bauelemente.
Toshiba gehört zu den Herstellern, die zuletzt einen massiven Ausbau ihrer Produktionskapazitäten angekündigt haben. Setzen Sie auf Toshiba?
Ich würde sagen, Leistungshalbleiter von Toshiba gehören schon heute nach Infineon Technologies zu den Bauelementen, die wir am häufigsten einsetzen. Und das schon seit Jahren. Toshiba gehörte bisher für uns auch zu den zuverlässigsten Lieferanten. Um es klar zu sagen, wir freuen uns über den Bau der beiden 300-mm-Fabs, die Toshiba angekündigt hat.
inpotron hat in den letzten zwei Jahren seine interne Organisationsform hin zu agilen kleinen Teams verändert. Hat Ihnen diese Struktur in den letzten zwei Jahren geholfen?
Diese Organisationsform entspricht vor allem dem, was und wie wir wirklich sind! Sie hat uns in den letzten zwei Jahren ermöglicht, so flexibel auf die vielfältigen Herausforderungen zu reagieren, dass wir trotz der Corona-Pandemie und ihren Auswirkungen unsere Ziele, die wir uns 2018 gesetzt haben, ohne Abstriche umsetzen konnten.
Ihr ganzer Fokus gilt kundenspezifischen Produkten. Hat sich der Wettbewerb in diesem Produktsegment in den letzten Jahren verschärft?
Modifizierte Standardgeräte werden inzwischen immer häufiger angeboten. Man muss auch zugeben, dass sie in den letzten Jahren technisch besser geworden sind. Aber für eine kundenspezifische Lösung bedarf es eines wirklichen Verständnisses der Kundenbedürfnisse. Da geht es um ein Rundumpaket, wie der Zusage, keine Produkte abzukündigen, der Tatsache, dass inpotron inhabergeführt ist, dass für unsere Produktion der deutsche Rechtsrahmen gilt. Da geht es auch um Themen wie Nachhaltigkeit und Sustainability. Es geht also nicht nur um technische Aspekte einer Stromversorgungslösung – es geht um wesentlich mehr.