Wer einen AC/DC-Wandler für Anwendungen sucht, deren Spitzenlastanforderungen für begrenzte Zeitintervalle deutlich über dem Regelbetrieb liegen, kann in Bezug auf Leistung und Abmessung schnell bei überdimensionierten und teuren Produkten landen. Mean Well bietet hier eine interessante Lösung an.
Mean Well bietet hier 300-W-Geräte mit deutlich höheren Spitzenleistungen an.
AC/DC-Schaltnetzteile liefern Strom in Anwendungen mit entweder rein statischen oder auch dynamischen Lasten. Viele, gerade elektromechanische Anwendungen erfordern oft einen hohen Spitzenstrom für begrenzte Zeiträume. Dies trifft beispielsweise auf Komponenten wie Motoren für Pumpen oder Antriebe zu, die beim Anlaufen oftmals einen deutlich höheren Leistungsbedarf aufweisen, um mechanische Widerstände beim Startvorgang zu überwinden. Möglich ist außerdem, dass in einer Anwendung Teilbereiche kurzfristig und wiederkehrend nach Bedarf zugeschaltet werden, was ebenso eine höhere Leistungsaufnahme von begrenzter Dauer erfordern kann.
Typischerweise ist die durchschnittlich benötigte Leistung für diese Anwendungen deutlich geringer als der Spitzenbedarf. Durch den Einsatz einer auf die durchschnittliche Leistung dimensionierten Stromversorgung, die benötigte Spitzenleistungen liefern kann, lässt sich entgegen einer Überdimensionierung auf die Spitzenleistung eine geeignete Stromversorgung wählen, die eine kompaktere Bauform und geringere Kosten mit sich bringt. Zudem weist sie beim Betrieb innerhalb der in der technischen Dokumentation aufgezeigten Spezifikationen keinerlei Nachteile in Bezug auf die voraussichtliche Betriebserwartung oder die Ausfallwahrscheinlichkeit im Vergleich zu einer leistungsstärkeren, auf die Spitzenlast dimensionierten Stromversorgung auf.
Verhalten von konventionellen Netzteilen bei Abruf einer Spitzenlast
Im Allgemeinen verfügen Stromversorgungen über diverse Schutzfunktionen, die im Fehlerfall ansprechen. Bei einer zu hohen Stromentnahme, also einer Überlastung eines Netzteils, spricht die Überstrom- bzw. Überlastschutzschaltung innerhalb eines im Datenblatt definierten Bereichs an.
In den in Bild 1 aufgeführten Produktdaten des HRP-300-12 des Herstellers Mean Well ist dies zwischen 105 Prozent und 135 Prozent der Nominalleistung der Fall. Dieses Schaltnetzteil geht im entsprechenden Überlastfall in das sogenannte Constant Current Limiting: Der ausgegebene Strom wird mit dem Ansprechen der Schutzschaltung auf einen festen Wert begrenzt und dauerhaft ausgegeben, und zeitgleich wird die Spannung am Netzteil gegen Null gezogen.
Andere Produkte gehen beispielsweise in den sogenannten Hiccup-Modus (Schluckauf-Modus): Wird ein zu hoher Strom oder eine zu hohe Leistung erkannt, schaltet das Netzteil ab, startet nach einer definierten Zeit wieder und schaltet erneut ab, sofern der Fehler weiterhin vorliegt. Dies geschieht in einer Dauerschleife, bis der Fehlerfall endgültig behoben ist.
Je nach Anwendung bringen die unterschiedlichen Schutzsysteme Vor- oder Nachteile mit sich. Darauf sollte man bei der Auswahl der Stromversorgung achten. Benötigt man, um bei dem konkreten Beispiel des HRP-300-12 zu bleiben, eigentlich nur eine etwas höhere Spitzenleistung, um etwa den erforderlichen Anlaufstrom eines Motors zu liefern, hilft möglicherweise der Constant Current Mode bedingt weiter.
Dieser Modus, der dem Motor dauerhaft Strom zur Verfügung stellen würde, hilft eventuell noch, den mechanischen Anlaufwiderstand zu überwinden und den Motor nach einiger Zeit und mit geringer Geschwindigkeit zum Anlaufen zu bringen. Wird in diesem Konstantstrombetrieb im günstigsten Fall der Motor gerade noch zum Anlaufen gebracht, wäre eine parallel neben dem Motor versorgte 12-Volt-Steuerung jedoch nicht mehr betriebsfähig, da im Überlast-/Konstantstrommodus die 12-Volt-Nennspannung am Netzteil heruntergezogen wird. Auch in Anwendungen wie etwa Schleifmaschinen oder in der Robotik, wo schnell eine Nenndrehzahl erreicht werden muss und dynamische Motorprozesse gefordert sind, reicht es nicht aus, das Netzteil nur in die Begrenzung zu fahren.
Benötigt ein Motor zum Anlauf einen deutlich höheren Strom, wäre natürlich ein gangbarer Weg, das Netzteil mit entsprechend höherer Leistung zu dimensionieren und so das Ansprechen der Überlastschutzfunktion wie auch das Einbrechen der Nennspannung zu verhindern. Im hier beschriebenen Fall wäre dies beispielsweise mit einem Netzteil doppelter Leistung wie dem HRP-600-12 (ebenfalls von Mean Well) möglich. Daraus würden sich aber ein höheres Gehäusevolumen um rund 70 Prozent und ein deutlich höherer Bezugspreis ergeben.
Spitzenlastfähige Stromversorgungen
Eine elegantere Wahl ist der Einsatz eines kleiner dimensionierten Netzteils, das dennoch die erforderliche Spitzenleistung liefern kann, beispielsweise das HRP-300N3-12. Wie auch das Schwestermodell HRP-300-12 bietet es 324 Watt Nennleistung – und zusätzlich, bezogen auf die Nennleistung, bis zu maximal 350 Prozent Spitzenleistung. Ob der benötigte Spitzenleistungsbedarf der jeweiligen Anwendung geliefert werden kann, hängt von der durchschnittlichen Belastung der Stromversorgung ab und lässt sich relativ einfach durch die in Bild 2 gezeigte Formel errechnen.
Zu berücksichtigen ist, dass die Spitzenleistung je Zyklus für maximal fünf Sekunden zur Verfügung gestellt werden kann. Es ist zu beachten, dass der Durchschnitt von Spitzen- und Regelleistung, der dem Netzteil entnommen wird, die Nennleistung nicht überschreiten darf, und das zeitliche Verhältnis von Spitzenleistung zu Regelleistung sollte bei maximal 35 Prozent liegen.
Unter Berücksichtigung dieser Parameter kann das HRP-300N3-12 maximal bis zu 1050 Watt Spitzenleistung liefern. Entscheidend dafür, welche maximale Spitzenleistung dem Netzteil entnommen werden darf, ist das tatsächliche zeitliche Verhältnis von Spitzenleistung zu Regelleistung, aber auch die anliegende AC-Eingangsspannung. Zudem spielt auch das Derating in Bezug auf die Betriebstemperatur eine wichtige Rolle.
Rechenbeispiel
Um die Leistungsperformance des Netzteils HRP-300N3-12 an einem theoretischen Beispiel ersichtlich zu machen, gilt folgende Annahme: Bei der Nennleistung kann in einer Beispielanwendung ein Leistungspuffer von 20 Prozent berücksichtigt werden. Dadurch wird das Netzteil kontinuierlich durch die Endanwendung, die am 230-V- oder 110-V-Wechselstromnetz betrieben werden kann, mit maximal 260 Watt belastet. Der verwendete Motor benötigt zum Anlaufen für fünf Sekunden mit 600 Watt annähernd die doppelte Nennleistung des HRP-300N3-12. Nach einem Motorstopp ist ein erneutes Anfahren des Motors im ungünstigsten Fall in einem Zyklus von 30 Sekunden zu erwarten. Die maximal erwartete Betriebstemperatur liegt unter 50 °C.
Eingangsspannung: mindestens 100VAC
Spitzenleistung: maximal 600 Watt, für max. 5Sekunden
Gesamtzykluszeit: 30 Sekunden oder länger
Belastungszyklus: t/T= 5/30= 16,67Prozent
Betriebstemperatur: < 50 °C
Pav=(Ppk·t+Pnpk·(T-t))/T=(600· 5+260·(30–5))/30 W =316,67W
Aus der angewendeten Beispielrechnung ergibt sich eine Durchschnittsleistung von 316,67Watt und somit eine Leistung unterhalb der Nennleistung von 324Watt, die das Netzteil erbringen muss. Es wäre also möglich, den angeschlossenen Motor problemlos zu betreiben und alle 30Sekunden mit dem beschriebenen erhöhten Leistungsbedarf erneut zu starten.