Was tun Gerätehersteller, die dringend benötigte Bauteile nicht über ihre etablierten Franchise- Distributoren erhalten? Sie sind bereits tief in die Tasche zu greifen und sich auf dem Spot-Markt zu bedienen. Allein richtige Freude kommt bei dem, was dann häufig angeliefert wird selten auf, die Zahl gefälschter Produkte, die dann zu Ausfällen und Problemen beim Gerätekunden führen können, hat in den letzten Monaten deutlich zugenommen.
»Nachdem wir im Herbst letzten Jahres große Chargen gefälschter Produkte erhalten haben «, berichtet Holger Schierenbeck, Managing Director von XP Power, »haben wir Ende letzten Jahres extra zusätzliche Prozesse installiert, um genau das auszuschließen«. Ähnliche Erfahrungen hat man offenbar auch in den produzierenden Unternehmen der Fortec-Gruppe gemacht. »Gerade bei internationalen Beschaffungen haben wir im ersten Quartal dieses Jahres die Erfahrung gemacht, dass von zehn Käufen acht nicht zu gebrauchen waren«, schildert Jörg Traum, Geschäftsführer des zur Fortec- Gruppe gehörenden Distributionsunternehmens Emtron, die Situation am Markt.
Reinhard Kalfhaus, Geschäftsführender Gesellschafter der Syko Gesellschaft für Leitungselektronik, berichtet von einem erst zwei Wochen zurückliegenden Fall mit 1000 Lade-ICs. »Als der Student die ersten zwei, drei Bauteile in den Adapter getan hatte, kam er zu mir und sagte da fließe kein Strom«, erzählt Kalfhaus lächelnd, »als wir dann nachgesehen haben, waren nicht mal Chips in den Gehäusen«.
Bei Puls hat man Erfahrungen mit gefälschten Bauteilen in der Allikationssituation des Jahres 2000/01 gemacht. »Damals wollte uns der Franchise-Distributor helfen und hat die Ware am freien Markt besorgt, leider haben die Bauelemente nichts getaugt. Denen war das hochgradig peinlich, aber ich habe daraus die Konsequenz gezogen, dass Broker-Aufträge nur noch über meinen Schreibtisch gehen«, berichtet er, »das hat auch einwandfrei funktioniert, bis auf einmal, als die Mannschaft meinte, das sei zu unbedeutend, die angegebene Adresse war dann die eines Starbuck-Coffee-Shops in den USA. Abgesehen von den 3000 Dollar, die weg waren, ist aber nichts passiert«.
ei Puls hat man die Lehren aus der Situation Anfang dieses Jahrzehnts gezogen und in drei zusätzliche Einkäufer investiert, deren Aufgabe es ist, im Stil eines Brokers das weltweite Netz der Franchise-Distributoren nach den benötigten Bauelementen abzuscannen. Seine Erfahrungen mit gefälschten Bauteilen hat auch Dr. Frank Flachkamp gemacht. »Wir haben mal dringend einen PWM-Baustein gebraucht, den unser Lieferant, ein offizieller On- Semiconductor-Distributor, nicht vorrätig hatte «, erinnert er sich, »als er dann plötzlich doch verfügbar war und es hieß, man habe am freien Markt zugekauft, sind bei uns alle roten Warnlampen angesprungen.« Der Vorteile eines Franchise-Distributors, so Dr. Flachkamp sei aber, »dass Sie Ihr Geld wiederbekommen, wenn sich die Bauteile als Schrott erweisen«.
So sehr die Meinungen von Kalfhaus und Hilmar Kraus, Geschäftsführer der MTM Power, über andere Themen mitunter auch auseinander gehen mögen, beim Thema Bauelemente- Direkteinkauf in China auf dem freien Markt sind sie sich einig: »Der Ärger, den man danach im Zweifelsfall hat, lohnt den Aufwand nicht«! Der Prüfaufwand und das Misstrauen gegenüber der Ware sei einfach zu groß, stellt Kalfhaus fest, der einmal mit einem Elko-Kauf in China daneben gegriffen hat und seitdem nicht mehr in China einkauft. Ähnlich sieht das Kraus: »Wenn Sie beim Testen dann feststellen, da stimmt was nicht, stehen Sie mit dem Problem da, Ihren Kunden wenigstens noch halbwegs vernünftig zu beliefern. Wir kaufen deshalb nur noch Gehäuse in China, aber keine Bauteile mehr«.