Galliumnitrid-Halbleiter

Enormes Potenzial für Leistungswandler

25. April 2018, 10:43 Uhr | Dr. Ahmad Bahai
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Wie können Sie von GaN profitieren?

Mit einem verlustarmen, für hohe Schaltfrequenzen geeigneten Schalter lässt sich die Größe von Stromversorgungsmodulen je nach Anwendung um den Faktor drei bis zehn verringern. Voraussetzung hierfür ist jedoch eine optimierte Treiber- und Steuerschaltung. Ein AC/DC-Wandler mit Quasi-Komplementärendstufe ist eine Schaltung, die zwar für Silizium ungeeignet ist. Sie kann aber von dem niedrigen Einschaltwiderstand, der hohen Schaltgeschwindigkeit und der geringen Ausgangskapazität von GaN profitieren, um eine dreimal höhere Leistungsdichte zu erzielen. Resonante Wandlerschaltungen beispielsweise zum Schalten im Strom- oder Spannungsnulldurchgang, die Schaltverluste reduzieren und den Gesamt-Wirkungsgrad verbessern, können ebenfalls von den überragenden Schalteigenschaften von GaN profitieren.

In vielen Anwendungen ist es notwendig, relativ hohe Spannungen von einigen hundert Volt in niedrige Spannungen zur Versorgung von Bauelementen wie etwa Prozessoren umzuwandeln. Getaktete Leistungswandler mit einem großen Übersetzungsverhältnis zwischen Ein- und Ausgangsspannung bringen es jedoch nur auf geringe Wirkungsgrade, denn solche Leistungswandler bestehen meist aus mehreren Wandlerstufen. Die direkte Umwandlung aus einer Zwischenspannung von 54 V oder 48 V in die Versorgungsspannung der Prozessorkerne kann die Kosten senken und den Wirkungsgrad verbessern. GaN mit seinen einzigartigen Schalteigenschaften ist ein erstklassiger Kandidat für solche direkt umwandelnden Schaltungen. Derzeit wird untersucht, wie sich Gleichspannungswandler mit hohem Übersetzungsverhältnis für die Stromversorgung von Servern in Rechenzentren eignen.

Auch Anwendungen wie etwa die Lasertreiber für Lidar-Systeme autonomer Fahrzeuge, die kontaktlose Energieübertragung zum Laden und das Steuern der Versorgungsspannung von Leistungsverstärkern in 5G-Basisstationen, zur Optimierung des Wirkungsgrades in jedem Arbeitspunkt, können von den Fähigkeiten der GaN-Halbleiter profitieren.

Die geringere Verlustleistung in der Durchlassphase von GaN-Leistungshalbleitern sorgt zusammen mit einer höheren Schaltfrequenz für eine deutlich größere Leistungsdichte. Allerdings verbessern sich die Wärmeleitfähigkeit und die parasitären Effekte nicht im gleichen Maß, und so führt die Konzentration von mehr Leistung in weniger Volumen zu neuen Herausforderungen, was die Kühlung und das Gehäuse betrifft. Eine kleinere Die-Oberfläche schränkt den Wirkungsgrad traditioneller Gehäusetechniken ein. Die dreidimensionale Wärmeverteilung ist deshalb eine Option für GaN-Halbleitergehäuse.

Umweltfreundlicher leben

Um den Kreislauf aus Kosten und massenhafter Verbreitung zu durchbrechen, muss eine neue Halbleitertechnik einige der Nachteile beseitigen, mit denen die bisherigen Bauelemente in den anspruchsvollsten Anwendungen behaftet waren. GaN ebnet den Weg dafür, die Leistung über das Maß hinaus zu steigern, das Silizium-Leistungshalbleiter in Schaltungen mit höheren Spannungen bieten konnten. Ein Wechselrichter für einen industriellen Motorantrieb oder ein netzgekoppeltes Energiespeichersystem können in erheblichem Maß von der höheren Dichte profitieren, die GaN-Bauelemente bieten.

GaN hält zusätzlich noch weitere, bisher ungenutzte Eigenschaften bereit, die für künftige Stromversorgungen neue Möglichkeiten bieten. Die bidirektionale Struktur eines GaN-Bauelements – im Unterschied zur typischen pn-Sperrschicht eines MOSFETs – sorgt beispielsweise dafür, dass der Stromfluss mit einer Dual-Gate-Struktur gesteuert werden kann. Ein Matrixumrichter für Antriebe kann potenziell mit einer verringerten Zahl von Schaltern realisiert werden, wenn die Vorteile eines bidirektionalen Bauelementes genutzt werden. Hinzu kommt, dass sich GaN-Bauelemente bei höheren Temperaturen betreiben lassen als solche auf Siliziumbasis, sodass sie eine attraktive Option für viele Anwendungen sind, in denen wie bei in Motorantriebe integrierte Umrichter zu hohen Temperaturen kommt.

Die langfristigen Folgewirkungen bahnbrechender Techniken wie GaN sind beträchtlich. Die niedrigeren Verluste etwa werden dafür sorgen, dass weniger neue Kraftwerke gebraucht werden, um den steigenden Elektrizitätsbedarf zu decken. Die höhere Leistungsdichte lässt ferner mehr Integration zu. Batteriebetriebene Schaltungen beispielsweise in Elektrofahrzeugen, Drohnen und Robotern können länger und mit höherem Wirkungsgrad arbeiten. Auch die Rechenzentren mit ihren vielen tausend Servern, die es uns ermöglichen, mit Freunden und Kollegen in Kontakt zu bleiben, werden weniger Energie benötigen. Insgesamt werden wir alle also umweltfreundlicher leben können.

 

Literatur

[1] Tolbert, L. M.; et al.: Power Electronics for Distributed Energy Systems and Transmission and Distribution Applications. Oak Ridge National Laboratory, ORNL/TM-2005/230, Dezember 2005, http://web.eecs.utk.edu/~tolbert/publications/ornl_tm_2005_230.pdf.

[2] Tom, S.; Beheshti, M.; Strydom, J.: GaN drives energy efficiency to the next level. Texas Instruments, März 2018, www.ti.com/lit/wp/sszy034/sszy034.pdf.

[3] Pendharkar, S.: GaN and SiC enable increased energy efficiency in power supplies. Texas Instruments, März 2018, www.ti.com/lit/wp/sszy033/sszy033.pdf.

[4] Xie, Y.; Brohlin, P.: Optimizing GaN performance with an integrated driver. Texas Instruments, März 2016, www.ti.com/lit/wp/slyy085/slyy085.pdf.

[5] Gallium Nitride (GaN): Pushing performance beyond silicon. Texas Instruments, www.ti.com/power-management/gan/overview.html.

[6] Gallium Nitride (GaN) solutions. Texas Instruments, TI E2E Community, http://e2e.ti.com/support/power_management/gallium_nitride_solutions.

 

Dr. Ahmad Bahai, Cheftechnologe im Vorstand von Texas Instruments sowie Direktor von TI Corporate Research, Kilby Labs, beratender Professor an der Stanford University und IEEE Fellow.
Dr. Ahmad Bahai,Cheftechnologe im Vorstand von Texas Instruments sowie Direktor von TI Corporate Research, Kilby Labs,beratender Professor an der Stanford University und IEEE Fellow.
© Texas Instruments

Dr. Ahmad Bahai

ist Cheftechnologe im Vorstand von Texas Instruments sowie Direktor von TI Corporate Research, Kilby Labs, beratender Professor an der Stanford University und IEEE Fellow. Er leitete zuvor als CTO bei National Semiconductor die Forschungslabors. Bis 1997 war Dr. Bahai bei den Bell Laboratories als technischer Leiter der Forschungsgruppe für Kommunikationstechnik und Signalverarbeitung zuständig und war Professor auf Zeit an der University of California, Berkeley. Später gründete er die Firma Algorex, ein IC-Entwicklungsunternehmen spezialisiert auf Kommunikationstechnik und Akustik, das von National Semiconductor gekauft wurde. Dr. Bahai ist Miterfinder der Multiträger-Modulation mit Frequenzspreizung, die in vielen modernen Kommunikationssystemen, wie 4G-Mobilfunk und Power-Line verwendet wird. Er verfasste 1999 das erste Lehrbuch zum Orthogonalen Frequenzmultiplexverfahren (OFDM), arbeitete fünf Jahre als Redakteur für IEEE-Zeitschriften und engagierte sich bis 2011 im technischen Lenkungsausschuss der International Solid-State Circuits Conference (ISSCC).

Dr. Bahai hat mehr als 80 IEEE-/IEE-Publikationen veröffentlicht und hält 38 Patente. Seinem Elektrotechnikstudium (Master of Science) am Imperial College, University of London, folgte die Promotion (Ph.D.), ebenfalls in Elektrotechnik, durch die University of California in Berkeley.


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