Texas Instruments

Fab-Lite? Wer will das schon? TI definitiv nicht!

24. Juni 2025, 8:00 Uhr | Iris Stroh
Dr. Ahmad Bahai, Texas Instruments: »Ein entscheidendes Differenzierungsmerkmal von Texas Instruments besteht darin, dass wir die gesamte Wertschöpfungskette inhouse halten. Das bringt uns wichtige Vorteile.«
© Texas Instruments

Vor einigen Jahren haben viele Halbleiterhersteller ihre eigenen Fabs an den Nagel gehängt, es hat sich aus ihrer Sicht nicht rentiert. Texas Instruments geht in die entgegengesetzte Richtung, laut Dr. Ahmad Bahai, CTO von Texas Instruments, ein Erfolgsfaktor.

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Markt&Technik: Texas Instruments war schon früher fest davon überzeugt, dass eine eigene Prozesstechnologieentwicklung ein entscheidendes Differenzierungsmerkmal für das Unternehmen darstellt. Gilt das heute noch?

Dr. Ahmad Bahai: Ja, auf jeden Fall. Texas Instruments ist das weltweit größte Unternehmen für analoge und Mixed-Signal-ICs und für uns spielt die gesamte Fertigungskette eine wichtige Rolle, also differenzierte Prozesse, differenziertes Design – aber auch die gesamte Auftragsabwicklung. Wir sind fest überzeugt, dass die Prozesstechnologie insbesondere bei Analog- und Mixed-Signal-Komponenten entscheidend ist. Denn sie ist mit einzigartigen Merkmalen versehen, die unsere Designs und unsere Produkte besser und wettbewerbsfähiger machen.

Das ist im digitalen Bereich anders; hier geht es grundsätzlich erst einmal nur darum, die Strukturen zu verkleinern. Aber im Analog-/Mixed-Signal-Bereich sind andere Punkte entscheidend, sei es Hochspannung, HF-Frequenzen, Leistungsaufnahme oder Stromumwandlungsraten, und all diese verschiedenen Punkte benötigen unterschiedliche Prozesstechnologien. Hier gibt es nicht eine Technologie, die sich für alle Produkte oder Anwendungen eignet. Ganz im Gegenteil: Wir nutzen viele verschiedene Prozesstechnologien, die für unterschiedliche Anwendungen optimiert sind, von sehr hohen Spannungen bis zu sehr niedrigen Spannungen, von Hochgeschwindigkeits-HF bis hin zu typischen analogen Produkten wie Verstärkern, oder Prozesse für unsere MEMS wie die DLP-Produkte von TI.

Unsere technologischen Anforderungen auf Prozessebene sind also sehr vielfältig. Daher ist es sehr wichtig, dass wir über ein entsprechendes Technologieportfolio verfügen und dass wir sicherstellen, dass jeder Prozess und jede Technologie für die jeweilige Anwendung optimiert ist.

Im digitalen Bereich ist die Entwicklungsrichtung relativ klar, aber in welche Richtungen treiben Sie die Prozesstechnologien im Analog-/Mixed-Signal-Bereich voran?

Stimmt, im digitalen Bereich ist die Skalierung das Wichtigste. Der nächste Knoten wird also kleiner und schneller und hoffentlich auch stromsparender.

Das ist im Analogbereich natürlich nicht gegeben, denn hier sind die Anforderungen je nach Anwendung sehr unterschiedlich. Manchmal muss der Prozess sehr hohe Frequenzen erfüllen. Wenn Sie beispielsweise im Bereich Wireless tätig sind, benötigen Sie zum Teil auch sehr hohe Spannungsfähigkeiten. Und manchmal benötigen Sie einen Prozess, der für die Energieumwandlung optimiert ist und einen geringen Widerstand oder eine geringe Gate-Kapazität erfordert.

Je nach Anwendung gibt es also unterschiedliche Parameter, die wichtig sind, und diese Parameter hängen davon ab, um welche Art von Prozess es sich handelt. Im digitalen Bereich geht es um CMOS, aber wir verwenden beispielsweise häufig eine BCD-Technologie, also eine bipolare CMOS-Technik.

Für HF verwenden wir verschiedene Technologien wie zum Beispiel einen SOI-basierten Prozess. Oder GaN für High-Power-Anwendungen. Und wie bereits erwähnt, nutzen wir in einigen Fällen auch eine MEMS-Technologie für bestimmte Sensorfunktionen.

Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass unsere Prozesstechnologien sehr unterschiedliche Bereiche abdecken, mit unterschiedlichen Metriken, die optimiert werden müssen und unterschiedlichen Anforderungen für jeden einzelnen Prozess.

TI baut derzeit drei verschiedene Fabs, fünf weitere Fabriken sind geplant …

Ja, wir bauen unsere internen Waferfertigungs-, Assembly- und Textkapazitäten weiter aus, um bis 2030 mehr als 95 Prozent unserer Produktion selbst durchführen zu können.

TI hat einen großen Analog-/Mixed-Signal-Bereich, aber auch ein Embedded-Processing-Segment, und dafür sind kleine Prozessstrukturen notwendig. Wo liegt die Grenze, ab der TI auf externe Foundries zurückgreift?

Im digitalen Bereich gibt es zwei verschiedene Klassen von digitalen Prozessoren. Einige davon sind sehr klein, sehr stark eingebettet. Dazu gehören beispielsweise MSP430, auch MSPM0, aber auch einige C2000-Mikrocontroller. Diese Produkte benötigen eine relativ begrenzte Anzahl von Gates, sodass die Prozessgeometrie nicht so wichtig ist. Für diese Mikrocontroller bringen die kleinsten Prozessgeometrien keine Vorteile. Hier geht es vor allem darum, dass diese Mikrocontroller viele Analogfunktionen aufweisen, und bekanntermaßen bringt eine aggressive Skalierung für diese Funktionen nichts.

Auf der anderen Seite gibt es Prozessoren von TI, die auch von einer Skalierung der Prozesse profitieren. Das sind genau die Produkte, die wir auch in Zukunft nicht inhouse fertigen werden. Wir arbeiten auf 95 Prozent an Eigenfertigung hin, werden aber einige Produkte weiter extern fertigen.

Bis zu welchen Strukturgrößen produziert TI noch intern?

Derzeit bis 28 nm, aber diese Strukturgrößen kommen nicht nur für MCUs zum Einsatz, sondern auch für HF-Anwendungen.

Texas Instruments betreibt auch eigene Test- und Assembly-Fabs …

Ja, gerade Packaging ist ein sehr wichtiges Thema.

Wenn man sich die Hersteller von HPC-Komponenten ansieht, ist das Packaging ganz offensichtlich entscheidend, aber wieso für TI?

Stimmt, bei uns geht es nicht darum, dass wir verschiedene Dies übereinander stapeln müssen. In den meisten Fällen sind unsere Produkte monolithisch integriert. Das Packaging ist aber auch in diesem Fall entscheidend, weil es extrem kostengünstig sein und den richtigen Formfaktor haben muss. Klar, dass in der analogen Welt andere Faktoren entscheidend sind, das gilt auch für die Gehäusetechnik. In der analogen Welt,, etwa bei Verstärkern oder ADC-Frontends ist zum Beispiel die Datenrate bzw. Bandbreite oft deutlich geringer als in der digitalen Welt,dafür sind Signalgenauigkeit, Rauschverhalten, Linearität etc. wichtiger.

Aber auch Multi-Chip-Flip-Gehäuse (MCFPs) sind wichtig. Dabei werden mehrere Halbleiter-Dies in einem Gehäuse integriert, und zwar mithilfe der Flip-Chip-Technologie. Das Chip-Lead-Konzept in der Analogtechnik unterscheidet sich also von dem in der Digitaltechnik. Wie gesagt, die Bandbreitenanforderungen, die Sie in einigen Fällen bei großen digitalen Prozessoren wie GPUs und großen Prozessoren benötigen, sind in der Analogtechnik nicht erforderlich. Aber MCFPs helfen auch im Analogbereich, beispielsweise mit niedrigen Induktivitäten, hoher Integrationsdichte oder thermischen Vorteilen.

Entwickelt TI diese Packaging-Technologien intern?

Ja, denn wie bereits gesagt, die Gehäusetechnik ist für uns sehr wichtig, da in vielen Anwendungen die Packaging-Kosten manchmal den größten Teil der Endproduktkosten ausmachen. Dementsprechend ist es für uns wichtig, über eigene Packaging-Kapazitäten und das entsprechende Know-how zu verfügen. Und ich kann viele Beispiele aufführen, die zeigen, dass unsere eigenen Packaging-Kapazitäten die Kosten erheblich senken.

Texas Instruments setzt im Vergleich zu den meisten anderen Halbleiterherstellern auf extrem viel Eigeninitiative, und das gilt nicht nur für Fab-Light …

Stimmt, ich würde sagen, dieser Ansatz ist einerseits eine Herausforderung, andererseits aber auch eine Chance für uns. Damit können wir uns differenzieren, denn mit diesem Ansatz haben wir alles unter Kontrolle, was die Optimierung des Fertigungsablaufs, die Optimierung der Prozesse, die Optimierung des Packaging und des Designs und die Zusammenführung zu einem Ganzen betrifft.

Wir führen alle Anforderungen vom Anfang bis zum Ende in einem Paket zusammen. Klar, das ist nicht einfach, aber wir machen das seit vielen Jahrzehnten, und es zeigt sich, dass wir damit extrem wettbewerbsfähig sind. Nur ein Beispiel: unsere eigene MagPack-Technologie, mit der wir die Leistungsdichte, den Wirkungsgrad und die thermischen Eigenschaften verbessern konnten – und zwar dank der engen Verknüpfung unserer Prozessentwicklung und unserer Packaging-Aktivitäten.

Schaut man sich Stromwandler an, dann ist es typischerweise so, dass der Siliziumhalbleiter immer kleiner wird, die Größe der passiven Bauelemente jedoch bei Weitem nicht so stark abnimmt. Das führt so weit, dass manchmal die Materialkosten für die passiven Bauelemente viel höher sind als für das Silizium. Also haben wir uns entschlossen, ein Projekt zu starten, um diese passiven Bauteile auf innovativere Weise zu integrieren, anstatt sie einfach in ein Gehäuse zu stecken. Und herauskam MagPack. Mit dieser Technologie sind alle notwendigen Induktivitäten bereits integriert und näher an den Schaltmodus herangeführt, und das macht sie so besonders.

TI ist auch in der GaN-Technologie sehr aktiv, weniger bei SiC. Warum?

Beide Technologien sind für Hochspannung ausgelegt. Der Unterschied besteht aber darin, dass unsere GaN-Technologie eine laterale Technologie ist, sprich, sie erlaubt die Integration beispielsweise von Treibern. Darüber hinaus schalten GaN-Bauelemente typischerweise bei viel höheren Frequenzen. Daher ist es für uns wichtig, den Treiber und die Schutzfunktionen auf demselben Chip zu haben, denn dies vereinfacht das Design, spart den Kunden Zeit und bietet ihnen vermehrtes Potenzial, ihre Lösungsabmessungen zu reduzieren.

SiC ist ebenfalls eine spannende Technologie, aber es handelt sich um eine vertikale Technologie, sprich, hier geht es meiner Meinung nach mehr um die Entwicklung diskreter Bauelemente. Für diese Technologie haben wir ebenfalls intelligente Treiber, die in diesem Fall eben nicht monolithisch integriert sind.

Etwas verwunderlich ist, dass sich TI nicht mit RISC-V befasst. Warum?

Der Eindruck ist falsch, wir befassen uns durchaus damit, und zwar intensiv.

Aber es gibt bislang keinerlei Ankündigungen diesbezüglich …

Stimmt, aber wir befassen uns dennoch mit diesem Gebiet.

Alle reden über KI, wie geht TI dieses Thema an?

Sie können das gesamte Embedded-Portfolio von TI für KI-Anwendungen nutzen, und viele unserer Bauelemente enthalten Edge-KI-Beschleuniger, darunter sogar einige unserer kleinsten Prozessoren. Zum Beispiel kann ein Produkt unserer Echtzeit-MCUs der C2000-Familie mithilfe eines winzigen Beschleunigers für neuronale Netzwerke Lichtbögen erkennen. Und das ist nur ein Beispiel, denn wir arbeiten an einer ganzen Palette von Bauelementen, von Universal-MCUs über Hochleistungsprozessoren und Wireless-MCUs bis zu Radar-SoCs mit Edge-KI-Beschleunigern oder -Funktionen.

Die Integration eines KI-Hardware-Beschleunigers bietet viele Vorteile. So können sie beispielsweise im Vergleich zu einer Software-Implementierung die Energieeffizienz um das Fünffache steigern und die Komplexität um das Fünf- bis Zehnfache verringern. Damit ist klar, dass die Skalierbarkeit der Beschleuniger ein wichtiger Aspekt für TI ist. Darüber hinaus müssen sie auch benutzerfreundlich sein, damit nicht jeder Entwickler über KI-Kenntnisse verfügen muss. Das ist überaus entscheidend, denn der Entwickler muss neuronale Netze einfach anwenden können.

Sie müssen in der Lage sein, neuronale Netze einfach für ihre Anwendungen nutzen zu können, denn nicht jeder Entwickler beispielsweise eines Solarwechselrichters ist auch ein Datenwissenschaftler. Mit unserer Benutzeroberfläche können diese Entwickler einige der Funktionen des KI-Beschleunigers ganz einfach nutzen.

Wie weit geht die Unterstützung von TI in diesem Bereich?

Zum Teil bieten wir Applikations-Code an, den sie mit den gängigen Frameworks nutzen können. Sie können diese Modelle verwenden, um die Parameter zu optimieren und sie dann auf den Beschleuniger herunterzuladen, und sie haben auch auf visueller Ebene die volle Kontrolle.

Unsere Roadmap sieht vor, dass wir diesen Ansatz weiter skalieren, sodass auch größere und unterschiedliche Arten von Modellen für verschiedene Anwendungen unterstützt werden.

TI hat zwei Business-Einheiten, Analog und Embedded Processing. Wird das so bleiben oder gehen die Entwicklungen in beiden Bereichen nicht mehr oder weniger in dieselbe Richtung?

Die Trennung ist nicht so einfach, das stimmt. Dementsprechend ist Ihre Frage durchaus berechtigt, denn es gibt eine Konvergenz von Technologien in vielen Anwendungen. Schauen Sie sich nur unsere MSPMO-Controller an. Diese Produkte sind mit vielen analogen Peripherieblöcken um den Kern herum aufgebaut, inklusive Verstärkern oder Datenwandlern. Das gilt auch in der entgegengesetzten Richtung, denn Batteriemanagement-Technologien verfügen über einen eingebetteten Prozessor, um den Ladezustand oder einen Fehler zu erkennen. Das heißt, es gibt viele Überschneidungen, und natürlich sehen wir auf der technologischen Seite, dass wir von diesen Überschneidungen profitieren können.

Aber auf der geschäftlichen Seite hängt es von den Kunden ab, es geht also eher um das Geschäft und die Anwendung und weniger um die Technologie. Das heißt, dass die Konvergenz auf Technologieebene in vielen Fällen stattfindet, aber es eher die Anwendungen sind, die die Abgrenzung definieren.


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