Wärmeableitung für Leistungsmodule

Wärmeleitende Graphitfolie als neue Alternative

15. Juni 2023, 6:00 Uhr | Edward Ng, Thermal Solution Product Manager von Panasonic Industry Europe
Typischer Aufbau eines IGBT/SiC-Moduls mit TIM und Kühlkörper
© Panasonic Industry Europe

Wärmeleitmaterialien können entscheidend sein für die Leistungsfähigkeit und Lebensdauer eines elektronischen Geräts oder Systems.  Welche Fortschritte es diesbezüglich gibt – einschließlich eines neuen, hochwirksamen Materials –, erläutert Edward Ng von Panasonic Industry Europe.

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Wärme gilt als natürlicher Feind von Elektroniksystemen. Einer generellen Daumenregel zufolge sinkt die Lebenszeit eines Geräts jedes Mal um 50 Prozent, wenn die Temperatur weitere zehn Grad nach oben klettert. Positiv ausgedrückt bedeutet dies: Im Durchschnitt verdoppelt sich die mittlere Zeit zwischen Ausfällen (Mean Time Between Failure), sobald sich die Betriebstemperatur um zehn Grad verringert. 

Bei einem optimalen Design befinden sich empfindliche oder wärmeerzeugende Komponenten oder Systemelemente daher in unmittelbarer Nähe zu den Kühlkörpern und Lüftern oder sind direkt an diese angebunden. Selbst wenn ein neues Gerät in dieser Hinsicht zunächst effizient erscheint, kann sich dies langfristig als Trugschluss herausstellen! 

Bei der Kühlung von wärmeerzeugenden Komponenten mittels Kühlkörpern können Lücken und damit auch Luftpolster zwischen zwei angrenzenden Oberflächen entstehen, welche die Wärmeabfuhr behindern und eine effiziente Kühlung unmöglich machen. Wärmeleitmaterialien (Thermische Interface-Materialien, kurz: TIMs) mit geringem Wärmewiderstand sorgen in diesen Fällen für Abhilfe. 

Verschiedene Arten von thermischen Interface-Materialien (TIMs)

  • Die Wärmeleitpaste zählt seit Langem zu den gängigsten und günstigsten TIMs. Sie wird zwischen Wärmeelementen und Kühlkörpern aufgetragen. Eine gleichmäßige und wiederholte Anwendung gestaltet sich jedoch schwierig. Darüber hinaus ist die langfristige Zuverlässigkeit nicht gewährleistet, da die Paste austrocknen und an Wirksamkeit verlieren kann. 
  • Phasenwechselmaterialien (Phase-Change-Materials, PCM) sind etwas kostenintensiver, liefern jedoch oft eine bessere Performance als normale Wärmeleitpasten auf Silikonbasis. Sie verfügen über einen geringen Wärmewiderstand, da sie bei höheren Temperaturen weich werden und sich optimal an die Oberflächen anpassen. Die Materialien sind zwar unkompliziert in der Handhabung, aber oft weder budgetfreundlich noch langfristig zuverlässig. 
  • Wärmeleitfolien bestehen aus einem thermischen Interface-Material wie Silikon, Elastomer oder Graphit. Die Folie wird zwischen die Wärmeelemente und Kühlkörper geklemmt; sie überzeugt durch eine leichte Handhabung, aber erfordert aufgrund ihrer Härte viel Druck für einen ausreichenden Oberflächenkontakt. 

Aus Platzgründen werden immer mehr Leistungsmodule vertikal positioniert. Hiermit steigt aber auch die Wahrscheinlichkeit, dass Wärmeleitpasten oder sogar Phasenwechselmaterialien aufgrund der Gravitation bei den vielen Temperaturwechseln herausfließen und die Wärmeleitfunktion auf mittlere bis lange Sicht entsprechend abnimmt. Dieser Effekt tritt vor einem Austrocknen der Pasten auf. Viele Kunden entscheiden sich daher für Wärmeleitfolien. 

Zentrale Anforderungen für Wärmeleitmaterialien 

Thermische Interface-Materialien müssen drei zentrale Anforderungen erfüllen: Erstens dürfen sie keinen hohen Wärmewiderstand aufweisen. Hierfür sollten sie einen lückenlosen Kontakt schaffen, um auch bei gekrümmten oder rauen Oberflächen effektive Ergebnisse zu erzielen. Zweitens müssen Wärmeleitmaterialien über den gesamten Lebenszyklus des jeweiligen Geräts oder Systems zuverlässig und wartungsarm sein. Drittens müssen sie sich ohne wesentlichen Aufwand in der Produktion zwischen Kühlkörper und Leistungsmodul anbringen und genauso unkompliziert wieder entfernen lassen, um auch im Außeneinsatz einen reibungslosen Austausch zu ermöglichen.

Wärmeleitende Graphitfolie 

Eine Besonderheit unter den Wärmeleitmaterialien ist die wärmeleitende Graphitfolie. Diese Folie besteht aus pyrolytischem, hochgradig ausgerichtetem Graphit, dessen Struktur der eines Monokristalls ähnelt. Sie wird aus einem Polymerfilm unter Zuhilfenahme eines thermischen Zersetzungsprozesses hergestellt. Die hexagonale Struktur des Graphits ist in einheitlichen horizontalen 2D-Lagen angeordnet.

Bei Anwendungen wie universellen Wechselrichtern, Solarwechselrichtern oder Ladestationen für Elektrofahrzeuge, bei denen Leistungsmodule zum Einsatz kommen, werden die durch unebene und raue Kontaktoberflächen entstehenden Lücken für gewöhnlich mit Wärmeleitpaste gefüllt. Mit der Zeit trocknet die Paste aus oder wird durch die Temperaturwechsel »herausgepumpt« und muss daher erneuert werden. Dies ist ein kostspieliges Unterfangen, da entweder das komplette System ausgetauscht werden muss oder der technische Außendienst die alte Wärmeleitpaste entfernen, alles reinigen, die neue Paste auftragen und das System wieder zusammenbauen muss.  

Bei pyrolytischer Graphittechnologie wie "GraphiteTIM" von Panasonic ist die Folie als reiner Wärmeleiter konzipiert und stellt damit eine geeignete Alternative zu herkömmlichen Wärmeleitpasten oder Phasenwechselmaterialien dar. Dank der hohen Kompressibilität schmiegt sich "GraphiteTIM" auch an unebene Oberflächen an und verringert den thermischen Kontaktwiderstand, was eine optimale Wärmeableitung, eine hohe Zuverlässigkeit und eine einfache Handhabung mit sich bringt. Im Gegensatz zu anderen thermischen Interface-Materialien leitet GraphiteTIM die Wärme nicht nur in Z-Richtung ab, sondern verteilt sie auch in der Ebene (X-Y-Richtung) und erzielt damit eine deutlich effektivere Kühlung.

Das Besondere ist, das GraphiteTIM von Panasonic deutlich weicher ist als vergleichbare Folien. Das Material füllt eventuelle Lücken zwischen den Oberflächen dank seiner hohen Kompressibilität effektiver aus. Herkömmliche Wärmeleitfolien aus Graphit besitzen typischerweise eine Kompressibilität von 20 Prozent, während sich dieser Wert bei GraphiteTIM auf bis zu 60 Prozent beläuft. Dafür sollte der Anpressdruck bei 300 bis 600 kPa liegen. Bei entsprechendem Druck sinkt der initiale Wärmewiderstand von GraphiteTIM deutlich unter das Niveau von gängigen Wärmeleitpasten.

Zuverlässigkeit und einfache Handhabung

Je zuverlässiger das Wärmeleitmaterial ist, desto geringer fällt die thermische Belastung aus, was nicht zuletzt der Lebenszeit und Robustheit der Anwendung zugutekommt. Langzeittests zeigen, dass die Leistung von GraphiteTIM selbst nach mehreren tausend Zyklen konstant bleibt, während die Wirkung von Wärmeleitpasten schon nach einigen hundert Zyklen nachlässt. 

Das Material punktet aber auch bei der Handhabung. Während sich die Graphitfolie in einem einzigen Arbeitsschritt positionieren lässt, beinhaltet der Vorgang bei Wärmeleitpasten mehrere Schritte wie Vorbehandlung, Aufbringung, Trocknung und Reinigung. 

Derzeit ist GraphiteTIM von Panasonic in drei verschiedenen Dicken erhältlich, um die Lücken zwischen Wärmequelle und Kühlkörper optimal zu schließen. Für die Auswahl der geeigneten Foliendicke sind drei Parameter ausschlaggebend:

  • Größe des Moduls
  • ausgeübter Druck (z. B. Anzahl und Position von Schrauben, Drehmoment)
  • Art der Basisplatte 

Verfügbarkeit und weitere Informationen

Um die Entwärmung von IGBT-Modulen zu vereinfachen, bietet Panasonic aktuell 56 GraphiteTIM-Standard-Designs an, die mit mehreren hundert Leistungsmodulen unterschiedlicher Hersteller, unter anderem von Semikron, Hitachi, Fuji, Infineon und Mitsubishi, kompatibel sind. Weitere Informationen finden sich im Auswahl-Tool für GraphiteTIM unter industrial.panasonic.com/ww/soft-pgs-cross. Zudem umfasst das Angebot auch kundenspezifische Anfertigungen. 

Da das Wärmeleitmaterial auch einen wichtigen Beitrag zur Effizienz und Langlebigkeit von z. B. Solar-Wechselrichtern leisten kann, ist es eines der zentralen Produkte von Panasonic Industry auf der gerade stattfindenden Messe Intersolar in München
 


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