Stefan Schaffhauser ist seit Kurzem CEO bei Traco Power. Er will in Zukunft das Tun und Handeln der Firma noch mehr auf den Kunden ausrichten, setzt weiterhin auf hohe Lieferfähigkeit ab Lager und will in Sachen Digitalisierung neue Wege beschreiten.
Markt&Technik: Herr Schaffhauser, seit April leiten Sie als CEO die Geschicke von Traco Power. Sie kommen aus der Automatisierungstechnik. Hilft es, wenn man das Geschäft auch aus den Augen der Kunden kennt?
Stefan Schaffhauser: Bevor ich Anfang 2018 zu Traco Power kam, war ich neben der Automatisierungstechnik auch für einige Jahre im Sensorikbereich tätig. Einen breiten Einblick in verschiedene Industriebranchen habe ich jedoch in meinen knapp zehn Jahren als Unternehmensberater sammeln dürfen. Das Spektrum reichte damals vom kleinen OEM bis hin zum Großkonzern. Um Ihre Frage zu beantworten: Stromversorgungen sind einem Spannungsfeld ausgesetzt. Oft liegt bei einem Entwicklungsprojekt der Fokus eines Ingenieurs nicht primär auf der Stromversorgung, obwohl diese „das schlagende Herz“ jeder Applikation ist.
Sie haben Ihre Position erst vor Kurzem eingenommen. Gab es einen speziellen Grund für den Wechsel?
Meine Karriere bei Traco Power begann bereits 2018 als Vice President Sales. Aus Sicht der Eigentümerfamilie war der bevorstehende Ruhestand unseres langjährigen CEOs Markus Dalla Monta zum Juli dieses Jahres der ideale Zeitpunkt für eine weitsichtig angelegte Nachfolgelösung. Zusammen mit unserem Führungsteam und unseren erfahrenen Mitarbeitern, ist es unser Ziel, auf Bewährtem aufzubauen, aber auch frischen Wind in das erfolgreiche Unternehmen zu bringen.
Dazu haben Sie sich sicher Ziele gesetzt? Wollen Sie den Kurs beibehalten, oder planen Sie neue strategische Schwerpunktsetzungen?
Nein, Traco ist ein starkes und gesundes Unternehmen. Wir verfügen über starke Verkaufskanäle, grenzen uns dabei aber klar von einer Overdistribution ab. Unser Slogan lautet: Reliable-Availabel-Now! Dieses Werteversprechen liegt tief verwurzelt in unserer DNA. Wir müssen uns aber auch der Tatsache stellen, dass sich das Kundenverhalten in den letzten Jahren signifikant verändert hat. Ingenieure informieren sich heute anders, sie nutzen zusätzliche neue Informationswege. Das beeinflusst auch ihre Arbeitsweise. Wir beobachten, dass heutzutage viele Schritte ihrer „Customer Journey“ über digitale Angebote getätigt werden. Dementsprechend sind in den letzten Monaten und Jahren viele spannende Dienstleistungsangebote entstanden.
Traco Power konzentriert sich traditionell vor allem auf Industrie-, Medizin- und Bahnanwendungen. Welchen Umsatz konnten Sie 2020 erzielen und wie verteilt sich dieser auf die verschiedenen Marktsegmente?
Wir orientieren uns nach drei großen vertikalen Segmenten: Off- und On-board-AC/DC-Stromversorgungen, DC/DC-Wandler für die Industrie und die Medizintechnik sowie widerstandsfähige DC/DC-Wandler für den Bereich Bahntechnik und Transport. Für all diese drei Segmente bieten wir auch kundenspezifische Entwicklungen und modifizierte Standardprodukte an. Über 70 Prozent unseres Umsatzes entfallen auf das Produktsegment Industrie.
Wie sieht die regionale Verteilung aus? Entfällt der Großteil Ihres Umsatzes auf Europa? Welche Bedeutung hat dabei der deutsche Markt?
Rund zwei Drittel unseres Umsatzes erzielen wir aktuell in er EMEA-Region. Unsere Geschäfte in Amerika und Asien sind überproportional am wachsen.
Zeichnet sich bei den Buchungen inzwischen eine Rückkehr zur Normalität in Ihrem Geschäft ab? Wenn ja, wie sieht die konkret aus?
Rückkehr zur Normalität bedeutet für uns seit Monaten, dass Umsatz und Aufträge durch die Decke gehen. Wir erleben einen regelrechten Hype! Es kann gut sein, dass ein Teil dieses Hypes durch aktuelle Unsicherheiten getrieben ist. Wenn man sich vor Augen führt, wie wenig es gebraucht hat, um die Lieferkette so durcheinander zu bringen, dann stellt sich die Frage, wann wir wirklich wieder von einer Rückkehr zur Normalität nicht nur in unserer Branche sprechen können.
Sehen Sie Entwicklungen in der Branche, die durch die Pandemie beschleunigt wurden?
Ganz klar der Trend zur Digitalisierung. Zum einen ändert sich wie beschrieben das Kundenverhalten und zum anderen hat die Digitalisierung auch einen großen Einfluss auf die Distribution. Preis und Lagerbestands-Crawler, Vergleichsplattformen, Entwicklungs-, CAD- und Einkaufs-Tool sind nur einige Beispiele solcher neuen Onlinedienstleistungen, welche einen Einfluss auf Kundenverhalten und die Distribution haben. Zudem treten neue Online-Distributionsplattformen am Markt auf, welche als Metaplattformen agieren und somit Kunden mit neuen, attraktiven Dienstleistungen angehen. Viele dieser oben genannten neuen Entwicklungen sind wir bereits am Implementieren. Bei einigen warten wir jedoch noch und analysieren regelmäßig die Entwicklung.