Halbleiterhersteller/Tier-Ones/OEMs

Entwicklungszeit verkürzen?

28. März 2017, 9:48 Uhr | Iris Stroh
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Infotainment - ein spezieller Fall

Norbert Siedhoff, Microchip.jpg
Norbert Siedhoff, Microchip: »Innovation schnell auf den Markt bringen ist der entscheidende Punkt, nicht die Entwicklungszeit. Denn Innovationen im Fahrzeug sind das Verkaufsargument.«
© Markt & Technik

Aber wie passt die Forderung nach verkürzten Entwicklungszyklen zu den Tatsachen, dass einerseits die Rückrufaktionen mittlerweile beängstigende Ausmaße angenommen haben und andererseits die Fahrzeuge immer komplexer werden? Norbert Siedhoff, Geschäftsführer, European Sales Director von Microchip Technology, sieht in dem ersten Punkt kein Gegenargument, weil er überzeugt ist, dass das eine mit dem anderen nichts zu tun hat. Die Automobilindustrie – OEMs und Tier-Ones – legten seit eh und je sehr viel Wert auf Qualität, seiner Aussage nach, werden die Anforderungen sogar immer schärfer, Qualität habe auch weiterhin höchste Priorität. Das bestätigen die anderen Halbleiterhersteller, Weyer ist sogar der Überzeugung, dass es schlicht unmöglich ist, die Qualitätskriterien für die Halbleiterhersteller weiter zu verschärfen, einfach weil »bereits heute für uns eine Nullfehlerrate gilt. Heute wird nicht mehr in ppm gemessen, sondern in Single Incidents«, so Weyer. Siedhoff sieht auch vielmehr an einer anderen Stelle das Problem: »Eine Gefahr besteht dann, wenn Innovationen ins Auto wandern, für die Komponenten genommen werden müssen, die ursprünglich nicht für die Automobilindustrie gedacht waren. Da werden Abstriche gemacht, die ich vor Jahren niemals für möglich gehalten hätte.«

Nur daran führt aus der Sicht von Weyer kein Weg vorbei. Er ist überzeugt, dass trotz vielleicht negativer Erfahrung auch in Zukunft Halbleiter in das Fahrzeug wandern, die nicht für die Automobilindustrie entwickelt wurden. Als Beispiel verweist er auf Security-Elemente. In diesem Fall sei es unmöglich, diese Komponenten im Nachhinein nach Automotive-Standards zu qualifizieren, schon alleine deshalb, weil beispielsweise die ISO 26262 gewisse Prozesse vorschreibt, die nicht nachträglich noch durchlaufen werden können. Für Weyer stellt sich einfach nur die Frage, wo diese Nicht-Automotive-Komponenten zum Einsatz kommen. In der Motorelektronik oder in einem anderen sicherheitskritischen Bereich ginge das nicht, weil ein Ausfall katastrophale Auswirkungen habe. Geht es dagegen um das Infotainment, wäre die Nutzung durchaus möglich.

Denn fällt das Consumer-IC im Infotainment aus, dann ist das ärgerlich, aber hat keine katastrophalen Auswirkungen zur Folge. Weyer: »Die Automobilindustrie wird die Display-Welt auch nicht ändern, auch in diesem Fall müssen die Hersteller auf Displays von der Stange zurückgreifen, die vielleicht nur wenige Modifikationen aufweisen.« Wobei Hoika betont, dass »Automotive-qualifiziert« nicht bedeutet, dass man ein Bauteil nach AEC-Q100/Q101 qualifiziert und damit alle Bedingungen erfüllt. Hoika: »Alle Komponenten, die für die Sicherheit des Fahrzeugs entscheidend sind, müssen einer hohen Qualität genügen. Und das gilt nicht nur für das High-End-Segment, sondern auch im Kleinwagenbereich. ASIL wird immer häufiger zur Bedingung, weil immer mehr Funktionen sicherheitsrelevant werden.« Dem stimmt Uwe Bröckelmann, Technical Director Europe von Analog Devices, zu und erklärt: »AEC-Q100 steht für eine Fehlerrate von 500 ppm. Wenn wir so schlechte Halbleiter liefern würden, wie AEC-Q100 es fordert, dann würden die Autos alle nicht fahren. Wir sind schon viel besser, als die Norm es fordert.«

Infotainment - ein spezieller Fall  

Das Infotainment stellt für die Automobilindustrie eine besondere Herausforderung dar. Darauf weist Günter Richard, Marketing Director von ROHM Semiconductor, hin: »Im Infotainment-Bereich ist der Druck für die OEMs am größten.« Denn hier sähe ein Automotive-System nach ein paar Jahren gegenüber der Consumer-Welt einfach alt aus. Und nachdem es sicherlich als ausgeschlossen angenommen werden kann, dass die Automobilindustrie die kurzen Entwicklungszyklen aus der Smartphone-Welt kopieren kann, hält Richard Software-Updates für eine gute Möglichkeit. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, das Handy als Host im Fahrzeug zu nutzen. Aber beide Ansätze werden nicht gerade von der Automobilindustrie favorisiert.

Siedhoff: »Viele OEMs wollen ihr eigenes Navigationssystem verkaufen. Ich persönlich bin aber der Meinung, dass darin die Zukunft liegt: Alles was wir in der Konsole haben über das Handy laufen zu lassen, egal ob das über eine Bluetooth- oder USB-Verbindung läuft. Das Handy übernimmt als Host die Konsole. Da könnten alle Daten einschließlich Sitzverstellung abgespeichert werden. Adressen und Navi, das wäre von der Benutzerfreundlichkeit sehr gut.« Andreas Schwaiger, Geschäftsführer von Texas Instruments Deutschland, sieht aber noch einen anderen Hintergrund für das Verhalten der OEMs: Es geht um die Daten, die will der OEM nicht preisgeben.


  1. Entwicklungszeit verkürzen?
  2. Infotainment - ein spezieller Fall
  3. Entwicklungen brauchen ihre Zeit

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