Delta Electronics/Rohm

Eine Partnerschaft, die sich für beide Seiten lohnt

10. Juli 2025, 8:00 Uhr | Iris Stroh
Rohm hat mit den ML63Q253x-NNNxx / ML63Q255x-NNNxx-Komponenten Mikrocontroller mit KI-Fähigkeiten auf den Markt gebracht
© Rohm Semiconductor

2022 schlossen Rohm und Delta Electronics eine strategische Partnerschaft, um GaN-Bauelemente der nächsten Generation zu entwickeln und in Serie zu produzieren. Die Partnerschaft hat bereits erste Früchte getragen, doch das ist erst der Anfang, die Reise soll noch viel weitergehen.

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Die ersten Früchte der Partnerschaft wurden 2024 vorstellt: USB-C-Ladegerät mit 45 W und 100 W Leistung von Innergie, einer Marke von Delta, die auf GaN-Bauelementen (EcoGaN) von Rohm basieren. Mark Ko, Vice President von Delta Electronics, betont: »Das war erst der Anfang.« Die Partnerschaft hat sich bewährt, denn Ko betont, dass Rohm ein idealer Partner für Delta ist. Er macht dies an drei Punkten fest: Zum einen verfolgten beide Unternehmen das Ziel, Technologie für eine bessere Zukunft zu nutzen. Bereits bei der offiziellen Ankündigung der Partnerschaft hieß es: »Die Verbesserung des Wirkungsgrads von Motoren und Stromversorgungen, auf die der größte Teil des weltweiten Stromverbrauchs entfällt, ist zu einem bedeutenden Faktor auf dem Weg zu einer emissionsfreien Gesellschaft geworden. Der Schlüssel hierzu liegt in den Stromversorgungen. Daher wird erwartet, dass die Einführung neuer Materialien wie SiC und GaN deren Effizienz weiter erhöhen wird.« Zum anderen seien auch die Kulturen der Unternehmen sehr ähnlich, denn beide Unternehmen seien technologieorientiert, in beiden Firmen seien die meisten Mitarbeiter Ingenieure. »Wir alle haben einen technischen Hintergrund. Beide Unternehmen stellen sich den Problemen und finden pragmatische Lösungen« so Ko weiter. Und als dritten Grund führt Ko an, dass beide Unternehmen ihren Hauptsitz in Japan haben und »wir durch die Zusammenarbeit unseren Marktanteil in Japan gemeinsam ausbauen können.«

»Allein über den Preis konkurrieren, wird nicht funktionieren«

Mark Ko, Vice President von Delta Electronics, mahnt: »Als Stromversorgungsunternehmen und Nutzer von SiC und GaN bin ich fest davon überzeugt, dass wir einen Weg finden müssen, die Wertigkeit dieser beiden Komponenten zu steigern. Ich habe in den letzten Monaten SiC- und GaN-Hersteller in China besucht und festgestellt, dass sich ihre Technologie wirklich sehr stark verbessert hat. Das war vor drei, vier Jahren noch anders. Vergleicht man aber die Preise chinesischer Hersteller mit denen von Unternehmen aus den USA oder Europa, kann man als Anwender eigentlich nicht die Gelegenheit verstreichen lassen, deren Produkte nicht zu nutzen. Allerdings sehen wir uns als führendes Unternehmen und arbeiten ständig daran, unsere eigenen Produkte zu verbessern. Wir kaufen also nicht nur einen Leistungshalbleiter, sondern arbeiten eng mit den Halbleiterunternehmen in den USA und Europa zusammen, um differenzierende Weiterentwicklungen zu realisieren. Wenn wir uns nur über den Preis von GaN oder SiC differenzieren, dürfte es schwierig werden, mit chinesischen Unternehmen zu konkurrieren.«

 

Nicht nur Delta bewertet die Partnerschaft durchaus positiv, auch Rohm profitiert davon. Tetsuo Tateishi, Member of the Management Board and Senior Corporate Officer von Rohm, macht den Vorteil anhand eines SiC-Beispiels deutlich: Im Vergleich zu Silizium sind mit SiC deutlich höhere Spannungen und Frequenzen möglich. Rohm beliefert einen Teil seiner Kunden mit selbst entwickelten SiC-Modulen aber auch – wie bei Delta - mit Dies. Und manchmal treten bei SiC zum Beispiel störende Oszillationen auf, »ein Problem, das wir deutlich einfacher und schneller lösen können, wenn wir sehr eng mit unseren Kunden zusammenarbeiten«, so Tateishi.

Das habe beispielsweise zur Entwicklung von TRCDRIVE pack geführt, ein SiC-Modul für Traktionswechselrichter-Anwendungen. Tateishi: »Entwickler verwenden unsere Bausteine, kennen aber bei SiC oder GaN nicht alle Details der Anforderungen. Treten also naturbedingt Probleme auf, arbeiten wir eng mit dem Kunden zusammen, um sie zu lösen. Das stärkt einerseits das gegenseitige Vertrauen, verschafft uns aber auch das Know-how, das wir für ganz andere Märkte weiter nutzen können«, so Tateishi.

Tetsuo Tateishi von Rohm (links) und Mark Ko (rechts) von Delta
Tetsuo Tateishi von Rohm (links) und Mark Ko (rechts) von Delta
© Rohm Semiconductor

Neue Technologien brauchen ihre Zeit

Delta Electronics hat auf der PCIM 2025 einen Onboard-Charger auf Basis von GaN-Komponenten gezeigt, und Ko fügt hinzu: »Wir sind fest überzeugt, dass GaN in diesem Bereich extreme Vorteile bringt, denn mit GaN lässt sich die Größe des Onboard-Chargers reduzieren und damit auch dessen Gewicht, ein entscheidender Vorteil im Automotive-Segment. Plus der Tatsache, dass sich mit GaN auch der Wirkungsgrad erhöhen lässt.« Dennoch hat sich GaN im Automotive-Bereich bislang noch nicht wirklich durchgesetzt, auch Ko merkt an, dass die Entwicklung unerwartet langsam voranschreitet. Dafür macht er persönlich drei Gründe für verantwortlich:

  • GaN war am Anfang deutlich teurer als SiC
  • Ingenieure, die noch keine Erfahrung mit GaN haben, denen bereitet GaN auch mehr Probleme.
  • Bedenken seitens der Industrie, dass GaN nicht so zuverlässig ist wie SiC. Ko: »Dementsprechend stehen wir mit GaN im Automotive-Markt erst ganz am Anfang.«

Hinzu kommt noch, dass GaN zwar mit hohen Frequenzen arbeiten kann, dafür aber auch die passenden passiven Komponenten notwendig: »Entsprechende Magnetics sind heute das größte Problem, geht es um 2,3, 4 oder sogar 10 MHz gibt es einfach keine passiven Komponenten«, so Ko weiter. Deshalb hat Delta ein eigenes Research-Team zusammengestellt, das sich genau um dieses Thema kümmert. Dieses Problem müsse gelöst werden. Ko weiter: »GaN kann als diskreter Baustein erworben werden. Will man aber das Potential von GaN wirklich nutzen, ist eine integrierte Variante, sei es in Form eines Moduls oder sogar als SoC, notwendig. Das ist ein weiterer Grund, warum ich es für extrem wichtig halte, eng mit einem Halbleiterhersteller zusammenzuarbeiten, weil dann jeder Partner dem anderen helfen kann, diese Probleme zu lösen.«

Auch in diesen Punkten pflichtet Tateishi Ko bei. Er merkt an, dass heute die passiven Komponenten und nicht die aktiven Komponenten die Größe der Schaltung bestimmen und dass bei den hohen Geschwindigkeiten von GaN der Integrationsaspekt entscheidend ist, weshalb Rohm die GaN-Komponenten auch in der LSI-Sparte aufgehängt hat.

Weitere Aktivitäten

Nicht nur Onboard-Charger oder Ladegeräte adressiert Delta, sondern beispielsweise auch Stromversorgungen für KI-Server. Und hier spielt Europa bzw. Deutschland eine wichtige Rolle für Delta, denn laut Ko kommt fast die Hälfte der Entwicklungen von Stromversorgungen für KI-Server aus Europa. Nachdem in diesem Anwendungsbereich die Leistungsaufnahme, aufgrund immer leistungsfähigeren, aber eben auch leistungshungrigeren Halbleitern, stark ansteigt, stoßen bisherige 48-V-Stromversorgungen an ihre Grenzen. Daher besteht der Wunsch auf 400 oder sogar 800 V zu wechseln. Ko: »Diesen Wechsel unterstützen wir sowohl mit SiC als auch mit GaN.« Wobei er außerdem anmerkt, dass Delta SiC in diesem Anwendungsbereich insbesondere bei hohen Spannungen wie 800 V den Vorzug gibt. Ko ist überzeugt, dass SiC hier nicht zu schlagen ist. Rohm wiederum adressiert diese Anwendung derzeit mit diskreten Komponenten, Leistungsstufen-ICs (Treiber und Leistungshalbleiter) und All-in-One-Varianten (Controller, Treiber und Leistungshalbleiter), die alle auf GaN basieren.

Darüber hinaus hat Rohm für diesen Anwendungsbereich auch eigene Low-Power-Mikrocontroller entwickelt, die eigenständig auf dem Bauelement lernen und Inferenzen durchführen können – ganz ohne Cloud- oder Netzwerkverbindung und somit Anomalien erkennen können. vor Geräteausfällen und verbessert so die Systemstabilität, senkt Wartungskosten und minimiert Produktionsausfälle. Die MCUs nutzen einen einfachen Dreischicht-KI-Algorithmus zur Implementierung der Rohm-eigenen KI-Lösung »Solist-AI« sowie den eigenen KI-Beschleuniger »AxlCORE-ODL«, der laut Unternehmensangabe etwa 1.000-mal schneller ist als herkömmliche softwarebasierte Ansätze. Dazu kommen Cortex-M0+-Kern, CAN-FD, PWM für Motorsteuerung und zwei A/D-Wandler – die Leistungsaufnahme wird mit 40 mW beziffert. Die Serienproduktion hat bereits mit acht Modellen begonnen, insgesamt sollen 16 MCUs mit unterschiedlichen Speichergrößen, Gehäusetypen, Pin-Anzahlen und Packaging-Spezifikationen verfügbar werden.

Erster Mikrocontroller zur Realisierung von Solist-AI
© Rohm / Delta Electronics

Blick in die Zukunft

Bidirektionale GaN-Schalter werden derzeit viel diskutiert, denn sie können die Spannung in zwei Richtungen blockieren und den Strom in zwei Richtungen leiten. Damit kann ein bidirektionaler GaN-Schalter zwei konventionell in Reihe geschaltete unidirektionale Schalter ersetzen, so dass die Schaltungen deutlich kleiner werden. Mit diesen Schaltern werden auch Matrix-Umrichter wieder interessant, mit denen Wechselspannungen mit variabler Frequenz und Spannungshöhe erzeugt werden können. Aber auch Konstant-Stromquellen-Umrichter profitieren von diesem Ansatz. Wie steht Rohm dazu? Hier gibt sich Tateishi sehr bedeckt. Er hält die Technologie zwar für überaus interessant, konkrete Pläne, wann Rohm entsprechende Produkte auf den Markt bringen will, will er zum jetzigen Zeitpunkt nicht öffentlich diskutieren.

Und wie sieht es mit vertikalen GaN-Bauelementen aus, eine Technologie, die bereits seit Jahren entwickelt wird und Vorteile wie höhere Sperrspannungen oder höhere Stromdichte ermöglichen? Auch hier will Tateishi keine Details verraten, allerdings zeigt er sich deutlich skeptischer gegenüber vertikalem GaN als bidirektionalem GaN. Er erklärt weiter, dass er derzeit keine Entwicklung kenne, bei der vertikales GaN gegenüber SiC einen deutlichen Vorteil bei der Elektronenmobilität aufweist. In Kombination mit den bekannten Nachteilen wie höhere Kosten, keine etablierten Fertigungsprozesse etc. gibt es aus seiner Sicht derzeit also auch keinen Grund, auf diese Technologie zu setzen.

Ein weiteres Zukunftsthema sind UWBG-Materialien (Ultra Wide Bandgap) wie zum Beispiel: Aluminiumnitrid. Bis eigene AlN-Komponenten auf den Markt kommen, dürften noch Jahre vergehen, derzeit wird an der Entwicklung von AlN-Wafer als Substrat für GaN-Leistungshalbleiter gearbeitet. Wie steht Rohm hierzu? Eigene AlN-Entwicklungen werden laut Tateishi derzeit nicht vorangetrieben. Rohm arbeitet allerdings mit einem japanischen Unternehmen bei einem anderen UWBG-Material zusammen: Galliumoxid (Ga2,O3), wobei Tateishi hinzufügt, dass eine Produktion zum jetzigen Zeitpunkt noch in weiter Ferne liegt. Und abschließend: »Neue Materialien mögen vielleicht eine bessere Leistung aufweisen, aber auch dann ist es vollkommen unklar, ob die Industrie das Material nutzen wird. Denn weltweit betrachtet, haben viele Unternehmen viel Geld in Silizium aber auch in SiC und GaN investiert. Jetzt noch weitere Investitionen in ein neues Material, wohl eher nicht und wenn es keine Investitionen gibt, wird ein neues Material typischerweise nicht erfolgreich sein.«


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