Sie sprachen vom Erreichen der 200-Millionen-Euro-Umsatzschwelle. Wie verteilt sich dieser Umsatz? Gab es da regional und von den Produktgruppen her Veränderungen?
Etwa 35 Prozent unseres Umsatzes entfallen jeweils auf die DACH-Region und Nordamerika. Weitere 15 Prozent steuern jeweils Asien und Europa bei. Dabei lässt sich auch ganz klar festhalten, dass die USA, China und Südostasien für uns in den letzten zwei Jahren die großen Wachstumsbringer waren. Kamen früher etwa 50 Prozent der Aufträge aus dem Maschinenbau, ist heute die Intralogistik ein ganz großer Auftraggeber.
Laut Marktforschern sind DIN-Schienen-Netzteile eines der kleinsten Produktsegmente am Stromversorgungsmarkt, wachsen aber mit am stärksten. Hat die Pandemie die Wettbewerbssituation für Puls verändert?
Wir erzielen etwa 80 Prozent unseres Umsatzes mit DIN-Schienen-Netzteilen. Den Weltmarkt dafür würde ich auf unter 1 Milliarde Dollar veranschlagen. Nach unserer Beobachtung hat die Pandemie bisher nicht zu einer Veränderung des Wettbewerberumfelds geführt. Niemand ist verschwunden, es sind aber auch keine Neuen aufgetaucht.
Steigende Rohstoffpreise waren neben den verlängerten Lieferzeiten das Hauptthema 2021. Wo wurden Sie mit besonders hohen Preissteigerungen konfrontiert? Werden Sie Ihre Preise anheben?
Ganz markant sind die Halbleiterpreise gestiegen. Von einem Hersteller wurden wir mit Preissteigerungen von 40 bis 170 Prozent konfrontiert. Und die höheren Energie- und Logistikkosten treiben auch die anderen Bauteilpreise hoch. Zusätzlich müssen wir auf dem Spotmarkt zum 10- bis 20-fachen Preis zukaufen. In der Konsequenz haben wir dann 2021 zwei Mal die Preise für unsere Produkte erhöht, erst um 2,4 Prozent und dann im Oktober noch einmal um 5,8 Prozent. Wir beobachten jetzt erst einmal die weitere Entwicklung. Ich gehe aber davon aus, dass wir spätestens 2023 noch mal nach oben gehen müssen.
Mit dem Regierungswechsel in den USA hat sich zwar der Ton geändert, aber im Handels- und Technologiekonflikt mit China gab es keine Veränderungen. Was bedeutet das für ein Unternehmen wie Puls mit einem starken Footprint in China?
Ich gehe inzwischen mittelfristig wirklich von einer Trennung der globalen Wirtschaftszonen aus. Das ist ein gradueller Prozess. Das Profil ändert sich. China als billiger Produktionsstandort ist Geschichte. Wir werden in China ein chinesisches Unternehmen sein. Als Konsequenz beschäftige ich mich inzwischen noch für dieses Jahrzehnt mit dem möglichen Bau einer neuen Fertigung in Indien oder Vietnam.
Puls hat vor zwei Jahren mit Power to Machine eine neue Produktgruppe vorgestellt. Wie wurde die am Markt angenommen? Was planen Sie an Neuem für 2022?
Power to Machine wurde auch in der Krise der Pandemie so gut angenommen, dass wir diese Produktgruppe in diesem Jahr deutlich ausbauen werden. Aber wir werden auch Neues im klassischen DIN-Schienen-Bereich präsentieren, getreu unserer Devise, kleiner und kompakter zu bauen und die Geräte mit höheren Wirkungsgraden auszustatten, die teilweise bis zu 97 Prozent gehen werden.
Bleiben wir bei den technischen Themen. Nach wie vor wird die Vernetzung von Stromversorgungen intensiv diskutiert. Wie sind Ihre Erfahrungen damit am Markt?
Diskutiert wird nach wie vor intensiv, aber die Marktdurchdringung verzögert sich immer noch dadurch, dass die Vielfalt der möglichen Schnittstellen einfach noch zu groß ist und damit Second-Source-Konzepte schwierig zu realisieren sind. Um hier wirklich zu einem Marktdurchbruch zu kommen, müsste sich die Industrie auf ein, zwei Protokolle einigen. Durch so eine Standardisierung würde eine Marktdynamik entstehen.
Eine spürbare Dynamik am Markt ist inzwischen im Bereich SiC- und GaN-Leistungshalbleiter entstanden. Setzt Puls inzwischen auch auf Wide Bandgap?
Wir setzen inzwischen 1200-V-SiC-MOSFETs ein, weil sich durch den Einsatz dieser Wide-Bandgap-Bauteile ganz einfach designtechnisch Türen öffnen, die es zuvor nicht gegeben habt. Im Bereich 600 V setzen wir weiterhin auf SuperJunction-MOSFETs. Mit GaN beschäftigen wir uns derzeit in der Vorentwicklung; mit einem Einsatz in Serienprodukten ist vorerst nicht zu rechnen.
Im November findet aller Voraussicht nach die electronica 2022 wieder als Präsenzveranstaltung statt. Wie wichtig ist das für die Elektronikbranche?
Aus meiner Sicht wird die Bedeutung von Präsenzmessen überschätzt. Das hat sicherlich auch damit zu tun, das Schaltnetzteile heute einen Reifegrad erreicht haben, bei dem eine regelmäßige Messepräsenz nicht mehr notwendig ist, um die evolutionären Fortschritte zu präsentieren. Um neue Geschäftskontakte zu knüpfen, sind Präsenzmessen sinnvoll, aber die Reiseeinschränkungen der letzten zwei Jahre haben die Branche bei Weitem härter getroffen als der Ausfall der Präsenzmessen.
Seit knapp drei Monaten ist die Ampelkoalition nun im Amt. Sie ist als Regierung der Veränderung und des Aufbruchs angetreten. Sehen Sie bereits Veränderungen in der Wirtschaftspolitik?
Ich denke, für ein erstes Urteil sollte man noch bis zum Sommer abwarten. Dann haben sich die neuen Kräfte eingespielt, und ab dann müssen sie auch liefern! Persönlich bin ich der Ansicht, dass bisher zu viel Geld für sinnlose Vorhaben ausgegeben wurde. Ich sehe da durchaus Ansatzpunkte, wo das Geld mit größerer Wirkung eingesetzt werden könnte. Wenn es um die nachhaltige Verbindung von Ökologie und Ökonomie geht, dann müssen wir in Zukunft aus weniger mehr machen, um entscheidend CO2 einzusparen. Jede ersparte Kilowattstunde wiegt dabei für die Zukunft doppelt!