Mornsun reagiert auf die US-Sanktionsmaßnahmen gegen den chinesischen Stromversorgungshersteller indem sich das Unternehmen in mehrere Firmen aufteilt, und unter neuen Namen am Markt aktiv wird. In welcher Form das US-Außenministerium auf diesen Schritt reagiert, wird sich zeigen.
Aus A mach O – dieser Devise folgend, hat der chinesische Stromversorgungshersteller darauf reagiert, dass er vom US-Außenministerium zum 1. Mai dieses Jahres auf die US-Sanktionsliste im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine gesetzt worden war. Nach Informationen aus Branchenkreisen, war die Aktion der chinesischen Regierung offenbar rund 100 Millionen Dollar wert. Einer der Namen, unter denen Mornsun inzwischen am Markt aktiv ist, lautet AGUW.
Doch mit der reinen Umbenennung ist es nicht getan. Um den Sanktionen zu entgehen, muss das Unternehmen seine Produkte nicht nur umbenennen, sondern auch neu qualifizieren und in neuen Werken produzieren oder produzieren lassen. Sonst wäre die Verbindung zum sanktionierten Unternehmen Mornsun zu offensichtlich. Wie weit dieser Transformationsprozess inzwischen fortgeschritten ist, lässt sich von außen schwer feststellen. Auf jeden Fall gibt es bereits Datenblätter und CAD-Zeichnungen der „neuen“ Produkte. Von Mornsun selbst, gibt es zu den Vorgängen keine Auskunft.
Begonnen hatte die Posse zum 1. Mai 2024. An diesem Tag tauchte Mornsun, zusammen mit insgesamt 80 neuen Einrichtungen und Einzelpersonen erstmals auf der Sanktionsliste des US-Außenministeriums auf. Seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine Ende Februar 2022, wird diese Sanktionsliste kontinuierlich erweitert. Aktuell umfasst sie über 200 Namen.
Im Rahmen der Aktualisierung der Liste, hatte das US-Außenministerium zum 1. Mai auch mehrere Einrichtungen in der Volksrepublik China (VCR), die für die Entwicklung und Lieferung von Dual-Use-Ausrüstung für die Luft- und Raumfahrt, deren Fertigung, sowie den Transfer von Technologie an Einrichtungen in Russland verantwortlich sind, auf seine Sanktionsliste gesetzt. Zu den, vom US-Ministerium gemäß Abschnitt 1(a)(i) von E.O. 14024 benannten Unternehmen zählt seit dem 1. Mai dann erstmals auch eMORNSUN GUANGZHOU SCIENCE AND TECHNOLOGY CO LTD. In Europa ist Mornsun vor allem für seine DC/DC- und AC/DC-Wandler bekannt.
Die US-Sanktionsliste listete Mornsun als Lieferant von Tier-1- und Tier-3.A-Artikeln der BIS Common High Priority List an Endverbraucher in Russland auf. Zu den gelieferten Produkten gehören laut US-Außenministerium elektronische integrierte monolithische Schaltungen. Eines der in Russland ansässigen Unternehmen, das Komponenten von Mornsun erhalten hat, wurde als Lieferant für ein in Russland ansässiges Unternehmen identifiziert, das sich auf die Herstellung und Vermarktung von luftgestützter Ausrüstung für Militärflugzeuge spezialisiert hat, wie etwa luftgestützte Waffenkontrollradare für russische Kampfflugzeuge.
Zu den ersten Unternehmen, das nach der Aktualisierung der Sanktionsliste Konsequenzen zog, gehörte DigiKey. „Gemäß den amerikanischen Compliance-Regeln, haben wir Mornsun mit sofortiger Wirkung delisted“, erläuterte damals Hermann W. Reiter, Senior Director bei DigiKey, „weltweit ist Mornsun darum bei uns nicht mehr auf den Websites zu finden“. Wie eng sich amerikanische Unternehmen an die Sanktionsliste des Außenministeriums halten, macht auch die Antwort von Mouser deutlich. „Mornsun ist auf der Linecard von Mouser nicht als Fertigungspartner aufgeführt und hatte nie eine Partnerschaft mit Mouser Electronics, weder in der Vergangenheit noch heute. Mouser befolgt die Richtlinien des US-Außenministeriums und hält sich strikt an diese“.
Mornsun selbst reagierte auf die Maßnahme des US-Außenministeriums damals mit der Maßnahme alle Distributoren in Deutschland und Europa sowie weltweit von seiner Homepage zu nehmen. Darüber hinaus ist bis heute auf der englischsprachigen Homepage des Unternehmens kein Hinweis auf die Sanktionen, und die eingeleiteten Maßnahmen zu finden. Das gilt auch für die deutsche Homepage, deren letzter Eintrag aus dem Februar 2017 datiert. Anfragen von Kunden, die Hilfestellungen benötigen würden, laufen nach Branchenaussagen ins Leere.
Die Reaktion der Distributoren in Deutschland erfolgte Anfang Mai prompt: „Unser automatisierter Sanktionslistencheck hat schnell reagiert“, schilderte Jörg Traum, Geschäftsführer der Fortec Power die eingeleiteten Maßnahmen, „wir haben die vertragliche Situation geprüft, und Mornsun von der Website genommen“. Er erläuterte auch, dass es sich bei dem oben angesprochen Produkt, das an den militärindustriellen Sektor Russlands geliefert worden sein soll, nach Brancheninformationen um einen DC/DC-Wandler handeln soll, der einen klassischen K7809 Linearregler ersetzt hat.
Dass man so schnell auf die Listung Mornsuns reagiert hat, rechtfertigte Traum damals auch mit der Geschäftsführerhaftung. „Nach unserem aktuellen Wissenstand dürften Produkte, die vor dem 1. Mai geliefert wurden, noch weiter verkauft werden, aber wir haben das Ganze jetzt erst einmal auf Eis gelegt, und warten ab, wie sich die EU verhalten wird, ob sie sich der erweiterten Sanktionsliste anschließt“. Ein Schritt, der bislang aber offenbar noch nicht vollzogen wurde.
Antonio Rodas, CTO bei Endrich Bauelemente, ging damals im ersten Schritt davon aus, „dass die Kunden den Hersteller voraussichtlich meiden werden, da sie unsicher über die zukünftige Entwicklung sind. Kunden mit Geschäften in den USA hätten zudem keine andere Wahl, als Mornsun zu meiden“. Auch er erwartet damals eine Entscheidung der EU bezüglich des weiteren Vorgehens. „Gegenwärtig ist Mornsun bei uns gesperrt und vollständig von der Website entfernt worden“, so Rodas, „da unser Vertriebsgebiet die DACH-Region umfasst, wären wir nicht direkt von einem Embargo der USA betroffen. Daher könnten wir dies nicht als Grund für eine kurzfristige Vertragskündigung verwenden“.
Auf Nachfrage beim FBDi, erläutert damals Georg Steinberger, Vorstandsvorsitzender des FBDi, „dass wir nach einer ersten Prüfung zu dem Schluss gekommen sind, dass es sich bei der Frage, wie mit der Listung von Mornsun auf der US-Sanktionsliste umgegangen wird, es sich in erster Linie um eine individuelle Unternehmensentscheidung handelt“. Er macht aber auch klar, dass der FBDi grundsätzlich für die Einhaltung von, aus europäischer Rechtssicht zulässigen Sanktionsvorgaben eintritt!
Fazit: Die Maßnahme des US-Außenministeriums und die Reaktion Mornsuns darauf, haben offenbar viele Anwender überrascht. Da Mornsun zu den großen Lablern am Markt gehörte, betraf der Bann nicht nur offensichtliche Mornsun-Produkte, sondern auch eine Vielzahl gelabelter Produkte im Bereich kleiner und mittlerer AC/DC- und DC/DC-Wandler. Mit der Aufspaltung und Umbenennung des Unternehmens, kritisiert Karsten Bier, CEO von Recom, „wird das bereits beschädigte Vertrauen der Anwender sicher nicht wieder herstellen, und das zerstörte Vertrauen hat letztlich Auswirkungen auf alle Unternehmen in der Branche“.