Wir sehen Künstliche Intelligenz und speziell auch generative KI als einen großen Hebel, die Produktivität und Effizienz innerhalb der klinischen Abläufe und im gesamten Gesundheitswesen zu optimieren. Operationen beispielsweise müssen genauestens dokumentiert werden, das ist Teil der regulatorischen Prozesse. Da sitzen Menschen, die sagen »Minute fünf, die Bauchdecke wurde geöffnet«. Ein Vision-System könnte dies automatisieren; es weiß, wann ein Schnitt gesetzt wurde, und kann diesen Eintrag eigenständig dokumentieren. Diese Nacharbeiten und notwendigen Dokumentationen können automatisiert viel Zeit und Arbeitsaufwand einsparen.
Die Prozessoptimierung betrifft jedoch nicht nur die KI-gestützte Bildgebung, sondern auch sprachgestützte KI-Programme wie ChatGPT. Die Gesundheitssysteme agieren am Limit, Ärzte sind überlastet genauso wie Krankenschwestern und andere medizinische Fachkräfte. So wie Office-Programme in den letzten 20 Jahren Büro-Jobs verändert haben, werden auf generativen KI-Modellen basierte Co-Piloten den klinischen Alltag revolutionieren – zusammen mit den elektronischen Patientenakten. Anstatt dass Ärzte in ihrer knappen Zeit Arztbriefe, Diagnosen oder andere Arten von Zusammenfassungen schreiben, kann zukünftig generative KI diese Aufgaben übernehmen. Der Doktor muss es nur noch überprüfen und freigeben, Spracherkennung inklusive. Jede klinische Software wird zukünftig einen Co-Piloten haben, der von KI ermächtigt ist. OpenAI z.B. wird von Nvidia-Systemen untermauert.
Das amerikanische NYU Langone Medical Center hat letztes Jahr ein eigenes Large Language Modell, ähnlich wie ChatGPT, für seine gesamte Klinikgruppe entwickelt. Für das proprietäre und ausschließlich auf ihr eigenes Klinik-System zentriertes Modell namens NYTRon arbeiteten die Entwickler mit unserer Nemo-Plattform, einem durchgängigen, Cloud-nativem Framework, mit dem sie generative KI-Modelle erstellen, anpassen und überall in ihren Kliniken einsetzen können. Das Ziel des GenKI-Tools des NYU Langone ist es, die Arbeitsweise der Ärzte besser zu verstehen und die betriebliche Effizienz in allen Häusern zu verbessern.
Ein konkretes Beispiel für den Einsatz des Modells ist die Prognose, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein behandelter Patient innerhalb eines Monats wieder ins Krankenhaus kommt. Diese Kennzahl ist nicht nur für Ärzte und die Klinikplanung wichtig, sondern auch für die Abrechnung. Die Wiedereinweisungsrate ist ein wichtiger Faktor für Versicherungsgesellschaften, in den USA kann eine zu hohe Rate sogar bestraft werden – denn offensichtlich wurde der Patient zuvor nicht ausreichend behandelt. Das KI-Modell hilft dabei, die richtigen Maßnahmen für die Patienten zu ergreifen und eine erneute Krankenhauseinweisung zu vermeiden – und schlägt dabei die klassische Prognosemethode um ganze sieben Prozentpunkte.
Das NYU Langone hat das Modell erfolgreich im Klinikalltag implementiert und seine Erfahrungen in einem Fachartikel veröffentlicht. Das Team arbeitet bereits an weiteren KI-Tools für die Optimierung des Klinikalltags, wie etwa das automatisierte Zusammenstellen von Informationen. Die Entwicklung am NYU Langone mit unserer Nemo-Plattform hat einen Trend gesetzt, viele weitere Kliniken und -Gruppen werden folgen. Die Anwendungsmöglichkeiten des Modells sind vielfältig und können sehr souverän – je nach den individuellen Bedürfnissen und Datenschutzanforderungen – entweder direkt im Krankenhaus, über Rechenzentren oder auch über die Cloud genutzt werden. Die Nemo-Plattform gewährleistet die Übertragbarkeit des Modells.
Die dritte große Transformation durch generative KI findet gerade in der Arzneimittelentwicklung statt. Die beiden ersten Punkte zielten darauf ab, die Patienten entweder vor Krankheiten zu schützen oder sie bei Erkrankungen besser zu heilen. Darüber hinaus möchten wir neue Medikamente und Therapien entdecken. Das verbindende Element für Nvidia ist unsere BioNemo-Plattform.
BioNemo nutzt wie andere multimodale Diffusionsmodelle und ChatGPT (General Pre Trained Transformer) sogenannte "Transformer", um mithilfe des nicht-überwachten Lernens große Datenmengen zu analysieren und daraus Schlussfolgerungen zu ziehen. In der Biologie ist diese Methode besonders effektiv, denn im Grund besteht Biologie aus Buchstaben.
Die DNA besteht aus vier Buchstaben und ist drei Milliarden Zeichen lang. Proteine bestehen aus einer Aminosäuresequenz, die aus 20 verschiedenen Zeichen besteht und 10.000 bis 100.000 Zeichen lang sein kann. Chemikalien sind ähnlich aufgebaut. Mit Hilfe der GPT-Methoden können wir Modelle trainieren, um neue Kombinationen in der Gen-Forschung und Arzneimittelentwicklung zu finden, die von Menschenhand nicht möglich wären oder zumindest sehr, sehr lange dauern würden. Es gibt 10 hoch 60 mögliche Chemikalien und 10 hoch 160 mögliche Proteine – das ist größer als die Anzahl der Teilchen im Universum.
Unsere Methode kann also drei Dinge für die Arzneimittelforschung leisten. Sie kann Ideen generieren, die Menschen sonst nicht hätten. Sie kann vorhersagen, ob eine Idee bestimmte Eigenschaften hat, wie zum Beispiel die Verträglichkeit für den Menschen, die Synthetisierbarkeit und die Herstellbarkeit. Und schließlich kann sie komplexe Interaktionen vorhersagen und simulieren, zum Beispiel die Wechselwirkung zwischen einem Protein und einer anderen Substanz.
Bisher war Medikamentenforschung stark von experimentellen Prozessen abhängig, bei denen Wissenschaftler:innen Beobachtungen tätigten. Doch die Möglichkeiten des menschlichen Beobachtungsvermögens sind begrenzt; physikalische Simulationen sind hochgradig rechenintensiv. Mit Hilfe von KI-Modellen können wir nun jeden Tag Petabytes an biologischen Daten generieren, das war bisher unmöglich. Wir können sogar Proteine entwickeln, welche die Natur nie hervorgebracht hätte und voraussagen, für welche Therapien diese sich eignen.
Es dauerte bisher um die zehn Jahre, ein Medikament zu entwickeln und kostete rund 2 Milliarden Dollar. Die Wahrscheinlichkeit zu scheitern liegt bei 90 Prozent. Klinische Tests mittels KI zu prognostizieren ist ein großer Durchbruch. Wir sehen eine Menge Frühindikatoren für Erfolg in diesem Bereich, das ist aufregend. Selbst wenn man nur die reine Arzneimittelentwicklung betrachtet, reden wir von einer 250 Milliarden-Industrie.
Dazu kommt, dass derzeit erst 10 Prozent der Arzneimittel mittels Simulationen entwickelt werden – dank KI wird sich dieses Verhältnis umdrehen. Nvidia ist beispielsweise Partner von Insilico Medicine. Die Firma hat bereits bewiesen, dass sie mittels KI ein Medikament in nur 18 Monaten und für rund 2 Millionen Dollar entwickeln kann – das Projekt ist jetzt in Phase 2 der klinischen Tests übergegangen. Das ist wirklich vielversprechend.