Apple stattet seine AirPods Pro 2 mit einer Gesundheitsfunktion aus: Die kabellosen Kopfhörer werden per Software-Update zum Hörgerät mit »klinischer Qualität«. Per FDA-validierten Hörtest passen sich die medizinischen Hörhilfen individuell auf jeden Nutzer an und gleichen leichte Hörschäden aus.
Geräuschunterdrückung, Richtungsverstärkung oder MEMS-Hochtöner: Das Kopfhörer mit jeder neuen integrierten Technologie näher an die Funktion von Hörgeräten ranrücken, war bereits länger abzusehen. Doch zwischen Technologie-Upgrade und medizinischer Validierung liegen Welten. Jetzt wird Apple zum Vorreiter - inkl. FDA und MDR-Zertifizierung: Auf dem Glowtime Event 2024 hat der Tech-Riese aus Cupertino ein Update zum Hörgerät für seine AirPods Pro 2 angekündigt.
Die neue Funktion kommt ohne zusätzliche Hardware aus - allein ein Software-Update ermöglicht über den vorhandenen H2-Chip der aktuellen AirPods Pro 2 eine erweiterte Audioverarbeitung. Den Gehörgang umschließende Silikonkappen sind beim derzeitigen Modell ebenfalls bereits im Lieferumfang vorhanden.
Tech-Gadgets als Medizinprodukt |
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Basis für die Nutzung der AirPods Pro als Hörhilfe ist ein wissenschaftlich validierter Hörtest per kompatiblen iPhone. Wie beim Hörakustiker werden dazu via App Töne und Geräusche in verschiedenen Frequenzen und Lautstärken abgespielt. Wer den Ton hört, muss per Fingertipp reagieren. Ähnliche, bereits kostenfrei im AppStore verfügbare Health-kompatible Apps schaffen das in wenigen Minuten. Die Ergebnisse des Hörtests sollen als privates Hörprofil für jeweils beide Ohren in der Health-App gespeichert werden und die Basis für eine personalisierte Hörhilfe-Funktion legen. Welche Daten dann mit Ärzten oder Hörakustikern geteilt werden, bleibt dementsprechend dem Nutzer selbst überlassen.
Für die Hörhilfe-Funktion und den Test nutzt Apple die bereits seit fünf Jahren verfügbare Kalibrierung zum Finden des richtigen Ohrstücks und erweitert diese um internationale Hörstudien - der Test wird sowohl von der FDA wie auch MDR-zertifiziert sein und darf sich mit diesem Ritterschlag »Gesundheitsfunktion« nennen.
Wird tatsächlich ein Hörverlust festgestellt, wird ein spezieller Hörgeräte-Modus aktiviert. Dieser passt den Klang an, um Umgebungsgeräusche gezielt zu verstärken und so das Hörvermögen zu unterstützen. Die Technologie baut auf vorhandenen Funktionen wie dem Transparenzmodus und der Konversationsverstärkung auf, optimiert diese aber für Menschen mit Höreinschränkungen.
Der H2-Chip ermöglicht eine Abtastrate von 48.000 Mal pro Sekunde, was deutlich über der Abtastrate herkömmlicher Hörgeräte liegt, die typischerweise 700 Mal pro Sekunde abtasten. Dies soll laut Apple eine präzisere Klanganpassung in Echtzeit ermöglichen.
Zusätzlich führt Apple eine aktive Reduktion lauter Geräusche ein. Diese Funktion soll das Gehör schützen, indem sie potenziell schädliche Lärmbelastungen automatisch dämpft. Wer mit der Kreissäge arbeitet oder in der Disco neben den Lautsprechern steht, kann die AirPods als Gehörschutz einsetzen und sich so vor dem lästigen und auf Dauer gefährlichen Ohrenpfeifen schützen.
Die neuen Hörgesundheits-Features sollen noch in diesem Herbst in über 100 Ländern und Regionen verfügbar sein, vorbehaltlich der Genehmigung durch die jeweiligen Gesundheitsbehörden. Sie werden durch ein Firmware-Update für die AirPods Pro 2 bereitgestellt und erfordern ein kompatibles iPhone oder iPad mit iOS 18 bzw. iPadOS 18 oder neuer.
Mit der lang erwarteten Erweiterung adressiert Apple ein wichtiges und oft unterschätzes Gesundheitsthema: Laut Weltgesundheitsorganisation leben etwa 1,5 Milliarden Menschen weltweit mit eingeschränktem Hörvermögen, gerade im Frühstadium bleibt dies vielfach unentdeckt. Die AirPods Pro 2 und vor allem der Hörtests könnten zunächst für eine frühere Erstdiagnose und für Menschen mit nur leichten Höreinschränkungen auch eine Alternative zu traditionellen Hörgeräten darstellen.
Dennoch sollten sich Nutzer bewusst sein, dass die AirPods Pro 2 trotz ihrer erweiterten und medizinisch-zertifizierten Funktionen nicht als vollwertiger Ersatz für medizinische Hörgeräte bei schwerem Hörverlust konzipiert sind. Sie eignen sich primär für Menschen mit leichtem bis mittlerem Hörverlust und können als Einstiegslösung oder Ergänzung zu herkömmlichen Hörgeräten dienen. Den Gang zum Ohrenarzt und eine exakte medizinsiche Diagnose ersetzten Apples AirPods nicht.