Kolumne | Der Notified Buddy Blog

Medica 2025: Preis- und Wettbewerbsdruck als Wachstumsmotor

17. November 2025, 8:30 Uhr | Bernd Schleimer, TÜV Rheinland
Bernd Schleimer ist beim TÜV Rheinland im Bereich »Medizinprodukte & IVD« tätig und nie um ein offenes Wort verlegen. In dieser Kolumne will er Best Practices für die Transformation in der Medizintechnik und Diagnostik aufzeigen.
© Componeers

Die neue Kolumne für Medical Compliance Engineering: In unserem »Notified Buddy Blog« wird Bernd Schleimer vom TÜV Rheinland einmal im Quartal Best Practices für Innovationsführer vorschlagen. Und vielleicht auch Empfehlungen aussprechen, die eine Benannte Stelle nicht geben darf. Ready? Let's go!

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»Die Medica ist in ihrer globalen Ausstrahlung einmalig«, zeigte sich Marius Berlemann als Geschäftsführer der Messe Düsseldorf schon letztes Jahr beeindruckt. Ja, absolut – bei meinem Besuch der Medica und Compamed war ich wirklich beeindruckt. Zutiefst beeindruckt von der überwältigenden Vielzahl der Wettbewerbsprodukte der Produkte, die ich von meinen D/A/CH-Kunden kenne. Sehr viele davon sind zumindest auf den ersten Blick nicht zu unterscheiden – abgesehen vom Preis, der teilweise bis zu 25 Prozent unter dem heute noch etablierten Marktpreis liegt.

»Der länderübergreifende Wettbewerb um die Medizintechnik-Innovationsführerschaft gewinnt an Dynamik und Unternehmen aus Asien mischen kräftig mit. […] China, Südkorea, Indien und auch Japan und Taiwan waren wieder stark mit Top-Neuheiten vertreten,« stellte die offizielle Abschlussmeldung der Messe folgerichtig fest.  

So macht die Medica offensichtlich, …

… was ich im Tagesgeschäft am liebsten ausblende. Der Preis- und Wettbewerbsdruck auf deutsche IVD- & MedTech- Hersteller wird weiter steigen. Und er wird immer schneller steigen. Der Sparzwang im defizitären Gesundheitssystem bietet preisaggressiven Wettbewerbern den idealen Nährboden. Drei von vier deutschen Kliniken haben das vergangene Geschäftsjahr mit einem Defizit abgeschlossen. So beobachte ich auch bei meinen Kunden, wie der Preisdruck selbst langjährige Kundenbeziehungen zu Einkaufsgemeinschaften und Krankenhäusern aufbricht.

Neben gesunden Geschäftsbeziehungen leidet auch die medizinische Versorgung: Im Dreieck aus medizinischem Fortschritt, demographischer Entwicklung und der lahmenden digitalen Transformation wird es immer schwieriger, eine hohe medizinische Versorgungs- & Lebensqualität in Deutschland zu sichern. Stichworte: Ärztemangel, Pflegenotstand, Zwei-Klassen Medizin.

Die fundamentale Transformation hin zur Value-Based HealthCare gilt deswegen als unvermeidbar: Weg von »immer mehr« zu »geringeren Kosten« hin zu einer auf den belegbaren Nutzen für PatientInnen ausgerichteten ganzheitlichen medizinischen Versorgung. Dieser Paradigmenwechsel wird den aktuellen Innovations- und Investitionsstaus auflösen und der Gesundheitsindustrie ganz neue Impulse geben. Davon werden neben den Patientinnen und Patienten, den Gesundheitsdienstleistern und Kostenträgern, insbesondere auch die In-vitro-Diagnostik und die Medizintechnik profitieren.

Genau hier liegt jetzt die einmalige Chance …

… für unsere MedTech-Industrie, verloren gegangene Marktanteile und Margen-Prozentpunkte zurückzugewinnen: Um uns gegen aggressive Wettbewerber durchzusetzen, müssen wir uns auf die Tugend der deutschen Ingenieurskunst besinnen – und mit nachweisbaren (medizinischen) Kundennutzen punkten. Die schnelle Markeinführung darf dabei nicht an regulatorischen Hürden scheitern. Egal ob KMU oder agiles Team im Großkonzern: Innovations- und Marktführer wollen und können sich keine vermeidbaren Korrekturschleifen, Wiederholungsprüfungen, Mehraufwände und Mehrkosten leisten.

Auf dem Weg eines neuen (digitalen) Diagnostik- oder Medizinproduktes zum globalen Marktzugang lauern nicht nur reichlich Stolpersteine. Es gibt Umleitungen, Abkürzungen, Beschleunigungsstreifen und auch Sackgassen. Es braucht viel Erfahrung, um drohende Umwege aber auch mögliche Abkürzungen rechtzeitig zu erkennen. Best Practices können wichtige Navigationshilfen zum kurzen Time-to-Market liefern – erfordern aber auch die Bereitschaft zum Erfahrungsaustausch, um auch andere (Unternehmen) aus den eigenen Fehlern lernen zu lassen.

Denn: Die bedrohlichen Wettbewerber sitzen schon lange nicht mehr im nächsten Dorf. Ein offener Erfahrungsaustausch mit anderen Herstellern, der Zulieferindustrie und unseren Universitäten kann im weltweiten Wettbewerb zum entscheidenden Pluspunkt werden.

Mit dieser kleinen Kolumne möchte ich Best Practices für Innovationsführer vorschlagen. Und vielleicht auch die Empfehlungen aussprechen, die Ihnen eine Benannte Stelle nicht geben darf. 

Verfolgen Sie unseren »Notified Buddy Blog«!

Ihr

Bernd Schleimer


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