Sind Milliardenschwere Subventionen für Halbleiter-Giganten der richtige Weg zur Zukunftssicherung des Standortes Europa, oder gäbe es andere Möglichkeiten? Der Entwurf des Bundeshaushalt 2024 lässt diese Frage noch einmal in aller Schärfe hochkochen.
Kaum ist die Pandemie vorbei und die Haushaltsplanung verabschiedet sich von Maßnahmen wie dem »Doppel-Wumms«, treten Verteilungskämpfe wieder besonders scharf hervor. Extrem zugespitzt lauteten sie letzte Woche: 12 Milliarden Euro für die Kindergrundsicherung oder lieber eine staatlich subventionierte Chipfabrik?
Es gibt Ökonomen wie den Österreicher Gabriel Felbermayr, den ehemaligen Chef des Kieler Instituts für Weltwirtschaft und heutigen Leiter des Instituts für Wirtschaftsforschung (Wifo) in Wien, die sehen in staatlichen Subventionen einen ordnungspolitischen Sündenfall. Gut, wenn andere wie China oder die USA das tun, so Felbermayr, kann sich Europa dem nicht völlig verschließen. Aber große Konzerne einfach mit ein paar Milliarden zu korrumpieren, damit sie in Europa bleiben?
Zukunftsträchtiger wäre es, den Standort Europa zu verbessern. Durch Forschung und Entwicklung, schnelle Genehmigungsverfahren, gute Infrastruktur, Bildung – da spielt dann auch wieder die Kindergrundsicherung und der Aspekt der Chancengleichheit hinein –, Migrationspolitik und Steuerpolitik. Das wären wirklich zukunftsgerichtete Maßnahmen, so Felbermayr. Subventionen dagegen nur Zahlungen in die Bilanzen großer Konzerne.
Auch der amerikanische Wirtschaftshistoriker Adam Tooze von der Columbia-Universität in New York steht staatlichen Subventionen wie in Magdeburg skeptisch gegenüber. Intel stecke in einer schweren Krise und benötige die Subventionsgelder, die Intel-CEO Pat Gelsinger nicht nur in Deutschland, sondern zuletzt auch in Israel für den Neubau eines Werks eingesammelt habe. Natürlich sei eine Chipfabrik ein schönes Vorzeigeobjekt, so Tooze, aber es sei gleichzeitig aus technischer und wirtschaftlicher Perspektive das Schwierigste, was man sich hätte aussuchen können.
Was Intel in Magdeburg ab 2027 fertigen wird, ist inzwischen allgemein bekannt. Es sind Produkte, die kurz- und mittelfristig in Europa nicht gebraucht werden, außer die europäische Konsumgüter-, Computer- und Handy-Industrie erlebt in Rekordzeit ihre Wiederauferstehung. Dass man in Sachsen-Anhalt ungeachtet dessen weiter die Zukunft des Halbleiterstandortes Magdeburg, an dem sich neben Intel ja noch das branchenübliche Halbleiter- und softwaretechnische Biotop ansiedeln müsste, in den schönsten Farben malt, sei dem Lokalpatriotismus geschuldet.
Obwohl, irgendwann hat man im Silicon Valley ja auch bei Null angefangen. Vielleicht sind die 400 Hektar staubige Äcker im Süden Magdeburgs ja doch so etwas wie der Nukleus eines neuen europäischen Halbleiteraufschwungs?