Ausbau der AD-Fertigung in Limerick

»Es geht nicht um Volumina, sondern um maßgeschneiderte Prozesse«

8. Juli 2023, 8:30 Uhr | Iris Stroh
Der Standort von Analog Devices in Limerick
© Analog Devices

Analog Devices hat vor Kurzem angekündigt, 630 Mio. Euro in seinen Limerick-Standort investieren zu wollen. Im Gespräch mit Markt & Technik erklärt Martin Cotter, Senior Vice President, Industrial and Multi-Markets, and President ADI EMEA Region, welche Ziele das Unternehmen damit verfolgt.

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Markt & Technik: 630 Mio. Euro sind für eine neue hochmoderne CMOS-Fab viel zu wenig, was bezweckt Analog Devices mit dieser Investition?

Martin Cotter: Das stimmt natürlich, aber Ihre Frage spiegelt wider, dass ein Punkt oft übersehen wird. Wenn über den europäischen Chips-Act gesprochen wird, wird meistens über 2-nm-Prozesse gesprochen. Wenn man aber über die reale Welt und intelligente Verarbeitung im Edge nachdenkt, oder sich überlegt, wie man mit höheren Spannungen oder höheren Strömen umgehen kann, dann sind ganz andere Prozesse gefragt. Und diese Prozesse sind in jeder Anwendung notwendig, egal ob es sich um die Steuerung eines Computertomographen oder fortschrittliche automatische Testgeräte handelt. Daraus folgt, dass auch in diese Prozesse jedes Mal investiert werden muss, wenn man in die Weiterentwicklung der Datenverarbeitung mithilfe von sagen wir 2-nm-Prozessen investiert. Und genau das machen wir in Limerick, wir investieren in zukünftige Prozesse, die notwendig sind, um Halbleiter für die realen Systeme im Edge fertigen zu können.

Können Sie bitte etwas konkreter werden.

Ich spreche nicht über einen Prozess, sondern über viele verschiedene Prozesstypen mit unterschiedlichen Rezepten. Ein Computertomograph als Beispiel: In solch einem Endgerät sind zum Beispiel Bildsensoren, etwa Fotodioden-Arrays, notwendig. Diese Bildsensoren müssen in der Lage sein, selbst Photonen zu erfassen, das ist extrem fortschrittlich. Dazu kommt noch die Auswertungslogik, die natürlich auch auf modernste Prozesse setzt. Gleichzeitig sind aber auch Halbleiter entscheidend, die sehr präzise und sehr rauscharm die Mischsignale erfassen können, sowie Verstärker und A/D-Wandler. Und genau für die letztgenannten ICs haben wir bereits Prozesse in Limerick laufen, und mit unserer Investition werden wir diese Prozesse weiterentwickeln. Wir wollen in Limerick sicherstellen, dass wir die verschiedenen Funktionen und Produkte fertigen können, die in zukünftigen Endgeräten neben den 2-nm-Komponenten ebenfalls notwendig sind. In Limerick geht es also nicht um höchste Volumina, sondern um eine maßgeschneiderte Fab mit vielen verschiedenen Funktionalitäten und Prozessrezepten.

Cotter Martin
Martin Cotter, Analog Devices: »In Limerick treiben wir sowohl Schaltungsinnovationen als auch Prozessinnovationen voran, das ist das absolut Besondere und Tolle an diesem Standort.«
© Analog Devices

Warum Limerick?

Limerick ist besonders, denn an diesem Standort haben wir einerseits ein großes Entwicklerteam auf Seite des Designs, andererseits eine große Fab und das dazugehörige Forschungsteam für die Prozesse. Damit sind wir in der Lage, einerseits die Prozessentwicklung für unsere Produkte zu optimieren und andererseits aber auch Produkte an die Prozesse anzupassen, und in beiden Fällen außergewöhnliche Performance-Parameter zu erreichen.

Ein interessanter Ansatz, der auf alle Fälle dagegenspricht, dass diese Komponenten in einer Foundry gefertigt werden können, denn das Geschäftsmodell der Foundry beruht darauf, dass ein Prozess für möglichst viele verschiedene Produkte genutzt werden kann…

Stimmt, deshalb ist im Analog/Mixed-Signal-Bereich nicht dasselbe passiert, wie im Bulk-CMOS-Prozess, denn wir benötigen nicht die Volumina, die beispielsweise in der mobilen Kommunikation notwendig sind. Weltweit betrachtet ist die Anzahl von Computertomographen begrenzt, das sind keine riesigen Volumina an Halbleitern, die dafür produziert werden müssen, aber es ist dennoch ein Wachstumssegment. Hinzu kommt noch, dass in vielen Fällen auch noch besondere technologische Probleme gelöst werden müssen, die einzigartig sind. Wieder unser Beispiel Computertomograph. Die nächste Generation wird eine um den Faktor 10 höhere Auflösung haben, außerdem wird KI eingesetzt, um die Bildanalyse und damit die Diagnose zu verbessern.

Mit der höheren Auflösung sind aber auch Halbleiter notwendig, die sehr rauscharm sind, und eine hohe Empfindlichkeit sowie einen extrem hohen Dynamikbereich aufweisen. Aus unserer Sicht sind das sehr interessante Anwendungen, die besondere Anforderungen an die Halbleiter aufweisen. Und das entwickeln wir in Limerick, wobei auch andere Bereiche wie zum Beispiel Elektromobilität dort eine Rolle spielen, also alles Themen, die von gesellschaftlicher Relevanz sind und für die Lösungen gefunden werden müssen. Das sorgt auch für die Begeisterung der gesamten Mannschaft in Limerick.

Schließt das CMOS-Prozesse ein?

Ja, natürlich, aber auch CMOS-Prozesse brauchen ab und zu die Fähigkeit, höhere Spannungen zu erlauben, um beispielsweise einen größeren Dynamikbereich zu ermöglichen. Das heißt, wenn die Versorgungsspannung beispielsweise 1 V beträgt, ist in manchen Fällen immer noch ein dynamischer Bereich von 80 V notwendig. Dementsprechend setzen wir auf viele verschiedene Prozessarten. Wir haben etwa 70.000 verschiedene Produkte, das heißt auch, dass die produzierten Volumina der einzelnen Produkte nicht unbedingt hoch sind, dass sie aber dennoch eine sehr hohe Funktionalität aufweisen.

Denn unsere Kunden erwarten von uns, dass wir die Integration übernehmen. Denn analoge Skills sind nicht gerade weit verbreitet, also erwarten die Entwickler von uns, dass wir dieses Problem lösen und Halbleiter anbieten, die genau diese Problematik adressieren. Das kann auch heißen, dass Produkte notwendig sind, in denen mehrere Chips in einem Gehäuse integriert sind, wobei alle diese einzelnen Dies mit unterschiedlichen Prozessrezepten und in einigen Fällen sogar mithilfe unterschiedlicher Technologien gefertigt wurden.

Gibt es einen Zeitplan, wann der Bau des Gebäudes beginnen soll?

In Anbetracht dessen, dass unsere Kunden mit Lieferengpässen aufseiten der Halbleiterindustrie kämpfen mussten, war es unbedingt erforderlich, unsere Kapazitäten zu erweitern. Die Hauptinvestitionen werden in den nächsten fünf Jahren fließen, dabei wird auch die Reinraumfläche vergrößert, sodass wir in der Summe unsere Kapazitäten verdreifachen können.


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