Frank Berkner, Director Automotive Field Applications Europe, und Duccio Valboni, Senior Member of Technical Staff, Automotive Field Applications Europe bei Maxim Integrated Products (jetzt Teil von Analog Devices):
Die Automobilhersteller nutzen bereits 48-V-Systeme, die in den heutigen Fahrzeugen verkauft werden. Unserer Meinung nach besteht kein großes Interesse an der Entwicklung neuer 48-V-Systeme, da alle Entwicklungsressourcen unserer Kunden auf vollelektrische Fahrzeuge (BEV) ausgerichtet sind. Es scheint, dass der 48-V-Hybrid eine Brückentechnologie ist, die immer unattraktiver wird, da vollelektrische Fahrzeuge in Zukunft mehr Marktanteile gewinnen werden.
Andrew Birnie, Systems Engineering Manager for Automotive Microcontrollers and Processors bei NXP Semiconductors:
Die 48-V-Technologie bietet signifikante Vorteile für das Fahrzeug - sie kann weitgehend ohne eine völlige Neukonstruktion des Fahrzeugs übernommen werden und bietet gleichzeitig erhebliche Vorteile für das Emissionsverhalten. Damit bietet diese Technologie den Fahrzeugherstellern die Möglichkeit, die Lebensdauer der aktuellen Fahrzeugplattformen mit überschaubarem Aufwand und Kosten zu verlängern. Sie ist zwar langfristige keine Lösung, wird aber kurz- bis mittelfristig einen wichtigen Beitrag zur Senkung der Flottenemissionswerte leisten. Wir sehen in der 48-V-Technologie einen interessanten und wertvollen Beitrag zur Verkleinerung von Verbrennungsmotoren für umweltbewusste Autofahrer.«
Abdullah Cam, Senior Manager, Automotive Solution Business Unit Analog & Power Segment Solution Department bei Renesas Electronics Europe:
Mehrere OEMs haben bereits ein beschleunigtes Auslaufen des Verbrennungsmotors angekündigt. Infolgedessen wird sich die Lebensdauer von Hybridtechnologien verkürzen, es ist ein Trend von xHEV zu BEV zu erkennen. Diese Marktveränderung hat Renesas erkannt, sodass wir unsere Aktivitäten im Bereich der Hochvolt-BEV verstärken. Dennoch, es gibt eine ganze Reihe von Problemen bei BEVs, z.B. Batteriekapazitäten, Reichweiten, die Schwierigkeit einer begrenzten Anzahl von öffentlichen Ladestationen, die durch eine geringe Anzahl von Schnellladestationen noch verstärkt wird, etc. Es wird Zeit brauchen, diese Probleme zu lösen. Aus diesem Grund könnte es sein, dass sich der Trend zu BEV verlangsamt und die 48-V-Technologie bald wieder in den Fokus rückt. Darüber hinaus gibt es einen stark wachsenden Markt für 48 V in 2/3-rädrigen Fahrzeugen und Kleinwagen, insbesondere in Asien.
Kevin Lenz, Application Marketing Manager, e-Powertrain, Rohm Semiconductor Europe:
Die 48-V-Technik ist eine gute Technologie, um den Verbrauch der brennstoffgetriebenen Fahrzeuge zu reduzieren. Wir sehen einen großen Bedarf an der 48-V-Mildhybrid-Technologie bis etwa 2030. Die 48-V-Technologie funktioniert allerdings nur in Verbindung mit Verbrennern, wird also in rein elektrischen Fahrzeugen nicht benutzt.
Die Mehrheit der europäischen Städte will nach 2030 Benzin- und Diesel-getriebene Autos aus den Städten verbannen, dies würde auch das Aus für den Mildybriden in diesen Städten bedeuten. Viele europäische Regierungen fördern mit ihren Subventionsprogrammen keine Mildhybriden (MHEV), sondern nur reine Elektroautos (BEV) oder Plug-in-Hybride (PHEV), diese nutzen aber 400- oder 800-V-Technologien und verzichten auf 48-V-Spannungen.
Speziell in Europa gibt es starke politische Anreize und Ziele, die die Zukunft der 48-V-Technologie über das Jahr 2030 hinaus infrage stellen.
Punya Prakash, Brushless DC Motor Drivers Product Line Manager bei Texas Instruments:
Die Vorteile von 48-V-Batterien beschränken sich nicht auf den Hybrid-Markt. Die 12-V-Versorgung in reinen Elektro- und Hybridfahrzeugen hat mit dem Problem zu kämpfen, dass insbesondere Anwendungen wie Lüfter für Heizungs-, Lüftungs- und Klimaanlage (HLK) einen höheren Strom benötigen. Deshalb besteht selbst in EV-Architekturen ein zunehmender Trend zur 48-V-Technik. Darüber hinaus bietet die 48-V-Technik zusätzlich einen Vorteil, der nicht unbedingt allen bewusst ist: Die Verkabelung im Fahrzeug wird leichter, da über eine Leitung bei 48 V viermal mehr Leistung übertragen werden kann als bei 12 V.
Abgesehen von Antriebsstrang- und Karosserie-Anwendungen in Vierrad-Fahrzeugen (z.B. HLK-Systeme und Pumpen) bietet sich die 48-V-Technik auch für weitere Einsatzgebiete wie etwa E-Bikes an.«