Die kontinuierliche Messung von Vitaldaten wie der Herzfrequenz bringt Vorteile im Krankenhaus, ihr größtes Potenzial aber liegt in der Remote-Medizin. Wir stellen ein Low-Power-IC-Design für die schnelle Entwicklung eines extrem stromsparenden Wearables zur Überwachung der Vitalfunktionen vor.
Lebenswichtige Vitalfunktionen des menschlichen Körpers, wie z. B. die Herzfrequenz, werden traditionell im Krankenhaus oder in der Arztpraxis gemessen. Die Mediziner und ausgebildeten Fachkräfte bringen Elektroden an und bedienen die Mess- und Analysegeräte. Dies bleibt bei kritischen Indikationen weiter notwendig, doch die Vitaldatenmessung ist mit tragbaren Medizingeräten und medizinischen Wearbales längst in den Home-Care-Sektor gewandert. Die Remote-Überwachung der Vitalfunktionen außerhalb einer Klinik oder eines Gesundheitszentrums hat viele Vorteile; neben einem kontinuierlichen medizinischen statt punktuellen Tracking zur besseren Diagnose und Behandlung von Krankheiten kann auch das sportliche Leistungsvermögen und die persönliche Achtsamkeit des Patienten mit tragbaren Geräten zur Messung der Vitalwerte im Auge behalten werden.
Dieser Beitrag beschäftigt sich mit den verschiedenen Methoden zur Erfassung der Herzfrequenz, untersucht die Herausforderungen beim Design einer Überwachung der Vitalfunktionen und stellt als Referenz den MAX86178 Vitalparameter Analog-Frontend(AFE)-IC von Analog Devices vor. Der hocheffiziente IC bietet eine Reihe von Verfahren zur Überwachung der Vitalfunktionen und wurde für die neuesten Applikationen im Klinik- und Consumer-Bereich entwickelt.
Es gibt drei Verfahren zur elektronischen Erfassung der Herzfrequenz eines Menschen: Die Photoplethysmographie (PPG), das Elektrokardiogramm (EKG) und die Bioimpedanz (BioZ). Jedes Verfahren hat seine spezifischen Vorzüge, und die Auswahl hängt typischerweise vom jeweiligen medizinischen Anwendungsfall ab.
Photoplethysmographie (PPG)
Die PPG-Methode misst das Herzvolumen und die Sauerstoffsättigung im Blut, optisch und nicht-invasiv. Dazu wird LED-Licht mit einer bestimmten Wellenlänge ins Unterhautgewebe eingestrahlt. Eine Fotodiode erfasst die Lichtreflexionen und wandelt sie in ein elektrisches Signal zur Analyse um. Wenn das Herz schlägt, erzeugt dieser Herzzyklus einen Impuls oder eine Druckwelle des Blutes durch die Venen, was zu einer Ausdehnung und Kontraktion der Blutgefäße führt. Durch diese Bewegungen ändert sich die Menge des reflektierten Lichts und damit auch der Ausgang der Fotodiode. Durch den Einsatz von LEDs mit unterschiedlichen Wellenlängen ist es zudem möglich, das vom arteriellen Blut (hellrot und sauerstoffreich) absorbierte Licht vom venösen Blut (dunkelrot und sauerstoffarm) zu isolieren, um den Sauerstoffgehalt im Blut der Person zu bestimmen. Da die PPG-Erkennung über einen einfachen optischen Weg und ohne elektrische Verbindung zum Träger erfolgt, ist sie eine beliebte Wahl für Smartwatches und tragbare Medizingeräte zur Gesundheitsüberwachung.
Elektrokardiogramm (EKG)
Ein EKG ist eine elektrische Messung des Herzmuskelgewebes und gehört zu einer Gruppe von Biopotenzial-Erkennungsverfahren, die am menschlichen Körper eingesetzt werden. Es hat eine unverwechselbare Wellenformsignatur (Bild 1), deren einzelne Artefakte als QRS-Komplex bezeichnet werden. Dadurch erhalten Klinikpersonal und Kardiologen spezifische Informationen über den allgemeinen Gesundheitszustand und die Funktion des Herzens des Patienten. Jeder Teil des EKG-Signals bezieht sich auf die Kontraktion einzelner Gruppen von Herzmuskeln, die in der richtigen Reihenfolge arbeiten müssen, um den Blutfluss zu gewährleisten. Damit das EKG funktionieren kann, müssen Elektroden am menschlichen Körper angebracht werden. Damit ist Das EKG ist zwar nicht invasiv, aber weniger praktisch und derzeit noch weniger geeignet für dem Einsatz außerhalb des klinischen Umfeldes, als das PPG.
Bioimpedanz (BioZ)
Die Bioimpedanz ist eine weitere Form der elektrischen Messung, bei der die Signale der Herzfrequenz mithilfe von am Körper angebrachten Elektroden erfasst werden. Dieser Ansatz ähnelt einem Biopotenzial-EKG, misst aber Veränderungen der Impedanz des Körpergewebes gegenüber elektrischen Signalen.
Durch die Kombination aller drei Erkennungsverfahren entsteht ein äußerst zuverlässiger Sensor für Vitalfunktionen, der weit mehr als nur Messungen der Herzfrequenz liefert.
Die Entwicklung von tragbaren, medizinisch genutzten Geräten zur Überwachung der Vitalfunktionen ist mit einigen Herausforderungen verbunden, die von den Umgebungsbedingungen bis zur Ablesbarkeit des Displays bei hellem Sonnenlicht reichen. Die genaue Messung der Vitalwerte, während sich eine Person bewegt, birgt die Gefahr von Rauschartefakten. Zudem verlangt der Betrieb des Geräts mit einer wiederaufladbaren Batterie ein sorgfältiges Leistungsmanagement mit einem geringen Stromverbrauch, damit Patienten und Träger dank einer langen Akkulaufzeit zuverlässig messen können – und das Gerät eine gute Usability und damit Akzeptanz erreicht. Die Verwendung von Elektroden liefert zwar ein genaueres Bild der Vitalfunktionen einer Person, aber die Verwendung eines meist engen Brustbandes für die Elektroden macht das Tragen über einen längeren Zeitraum unangenehm. Bei der Befestigung mit Klebepads dagegen braucht es deutlich mehr Zeit und Erfahrung, die Elektroden in der richtigen Position zu fixieren. Wie bei allen elektrischen Medizingeräten, die direkt am menschlichen Körper angebracht werden, gibt es strenge Sicherheitsvorschriften für Kriechverluste und potenziell tödliche Spannungen. Die Verwendung von LEDs und Fotodioden per PPG-Erkennung ist für die langfristige Überwachung praktischer. Sie verlangt jedoch komplexere Schaltungen, die Unterdrückung von Umgebungslicht für eine hohe Messgenauigkeit und optische Isolierungstechniken, um direkte LED-Kriechverluste an der Fotodiode zu vermeiden.
Ein Low-Power-IC für Vitalfunktionen
Der MAX86178 von Analog Devices ist ein IC für Vitalfunktionen mit extrem geringem Stromverbrauch, der ein synchronisiertes PPG, EKG und BioZ AFE für einen großen Bereich von Wearables und klinischen Diagnosegeräten bietet.
Er verfügt über ein hochintegriertes und umfassendes analoges Frontend. Die PPG-Signalkette unterstützt bis zu sechs LEDs, die von zwei Hochstrom-8-Bit-Treibern betrieben werden. Der Empfangspfad besteht aus vier Fotodioden und zwei rauscharmen Kanälen, die jeweils mit einem 20-Bit-Analog-Digital-Wandler (ADC) ausgestattet sind. Die Schaltung zur Unterdrückung des Umgebungslichts arbeitet auf beiden Empfangskanälen.
Die rauscharme EKG-Signalkette mit hoher Eingangsimpedanz umfasst EMI-Filter und ist mit einer Schaltung für die Kalibrierungsspannung zur Durchführung interner Selbsttests ausgestattet. Zu den weiteren Merkmalen zählen eine programmierbare Gain, ein Anti-Aliasing-Tiefpassfilter und ein hochauflösender ADC. Die EKG-Funktion entspricht dem international anerkannten Standard für die ambulante EKG-Überwachung IEC 60601-2-47. Weitere Merkmale des BioZ-Kanals sind eine hohe Eingangsimpedanz, Kalibrierungsmerkmale, ein programmierbarer Verstärker mit Gain und Filterung.
Der MAX86178 ist in einem 49-Bump-Wafer-Level-Gehäuse (WLP) mit Gehäuseabmessungen von 2,77 mm × 2,57 mm erhältlich und kann bei Temperaturen von -40 °C bis +85 °C betrieben werden.
Bild 2 zeigt die Architektur eines autarken, batteriebetriebenen Überwachungsgeräts für Vitalfunktionen, das in ein Patch-Gehäuse integriert ist. Das Überwachungsgerät beinhaltet den MAX86178, nutzt alle drei Sensorkanäle und bietet eine drahtlose Verbindungsfähigkeit über Bluetooth. Der MAX86178 ermöglicht die Erfassung von Herzdaten wie EKG-Wellenformen und Blutfluss mittels optischer PPG und der Atmungsrate über BioZ-Messungen. Ressourcen für die Medtech-Entwicklung
Der Hersteller Analog Devices bietet Referenzdesigns an, um Medical-Embedded-Entwicklerteams beim Prototyping eines Überwachungsgeräts für Vitalfunktionen zu unterstützen.
Das Referenzdesign MAXREFDES106 (Bild 3) ist eine umfassende Entwicklungsplattform für Brustgurtdesigns auf der Basis des IC MAX86178. Es enthält einen MAX32674, einen Algorithmus-Hub mit eingebetteten Algorithmen, die speziell für die Arbeit mit den in medizinischen Wearables verwendeten optischen Sensoren entwickelt wurden, einen MAX20356 Leistungsmanagement-IC und einen stromsparenden, rauscharmen 3-Achsen-Beschleunigungsmesser ADXL367. Ein MAX32666-Mikrocontroller mit Bluetooth-5-Verbindungsfähigkeit rundet die Merkmale der Hardware ab.
Das MAXREFDES106 ermöglicht die Messung der Sauerstoffsättigung des Blutes (SpO2), der Herzfrequenz (HR), der Atemfrequenz (RR), der Impedanzkardiographie (ICG), der Analyse der Impedanz des Körpers (BIA) sowie der Haut- und Umgebungstemperaturen über ein einziges am Körper getragenes Medizin-Wearbale. Bild 4 zeigt Beispielgrafiken, die von der Plattform und der mitgelieferten Software erstellt wurden.
Die Überwachung unserer Vitalfunktionen gibt dem medizinischen Personal einen genauen Einblick in unseren allgemeinen Gesundheitszustand. Das Prototyping einer Sensorschnittstelle, die mit optischen Sensoren und Elektroden arbeiten kann, erfordert umfassende Kenntnisse und Fähigkeiten. Ein hochintegrierter analoger Front-End-IC vereinfacht diese Aufgabe erheblich. In diesem Beitrag haben wir die verschiedenen Verfahren zur Erfassung unserer Vitalfunktionen vorgestellt und gezeigt, wie der analoge Frontend-IC MAX86178 und die dazugehörige Evaluierungsplattform die Entwicklung eines Wearables als Überwachungssystem deutlich vereinfachen und beschleunigen können. (uh)