Bei vollelektrischen Fahrzeugen:

Bedroht der BEV-Boom die 48 V?

22. September 2021, 9:15 Uhr | Iris Stroh
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Vorteile der 48-V-Technologie

Hrobarsch_Raphael
© Componeers GmbH

Raphael Hrobarsch, European Regional & Automotive Sales Manager bei Diodes:
Im letzten Jahrhundert stand die Mechanik im Automobilbau im Vordergrund und es wurde nur wenig Strom im Auto benötigt, insofern war die 12-V-Technik ausreichend. Die in der heutigen Zeit angebotenen Komfort- und Assistenzsysteme, die mittlerweile mit bis zu 30 Motoren unterstützt werden, sei es für den Außenspiegel, die Sitzsteuerung, die Sitzheizung und das Infotainmentsystem, brauchen hingegen deutlich mehr Strom. Nur ein Beispiel: das Tesla-MCU-Infotainment-System weist einen Energiebedarf von zirka 350 W auf. Das sind bei einer 12-V-Technik ungefähr 30 A, die durch die Kabel übertragen werden müssen. Bei einer 48-V-Technik sind das nur noch 7,5 A, sprich: ein Viertel des Stroms. Daraus resultiert ein erhebliches Einsparpotenzial bei der Auslegung der elektrischen Leiterquerschnitte, was zu einem leichteren Kabelbaum führt und weniger Gesamtgewicht. Die 48-V-Technologie zeichnet sich durch folgende Vorteile aus:

  • Ein grundlegender Vorteil der 48-V-Technik ist der geringere Verlust gegenüber der 12-V-Technik bei der Energieübertragung aufgrund kleinerer Ströme bei identischer Leistung.
  • 48-V-Technik fällt unter die sogenannte SELV-Spannung (Safety Extra Low Voltage), sprich: es lassen sich viele Kabel- und Steckkomponenten aus bestehenden Systemen unter Berücksichtigung der Luft- und Kriechstrecken übernehmen.
  • PoE nutzt typischerweise auch 48 V. Ethernet-basierte Verbindungen im Automobil werden wachsen, was wiederum den Gedanken zulässt, PoE auch im Auto zu nutzen, um die Kabel weiter zu reduzieren. Wenn 48 V zur Verfügung stehen, ist es trivial, auf PoE basierende Standards und ICs zu implementieren – und das mit Automotive-Qualifizierung.
  • 48-V-Technik reduziert die Designkomplexität für High-Power-LED-Treiber für Frontscheinwerfer, Matrix etc.

Ein Trend, der sich abzeichnet, besteht darin, dass die Antriebsbatteriespannung zwischen 300 und 950 V liegen wird. Darüber hinaus werden parallel dazu die 48-V-Technik und bis auf Weiteres auch die 12-V-Technik genutzt werden. Ein Beispiel dafür ist der Porsche Taycan mit 800-, 48- und 12-V-Systemen oder der Audi SQ7. Allerdings bieten Systeme über 400 V zum heutigen Zeitpunkt nicht sehr viel mehr Vorteile. Das wird sich vielleicht ändern, wenn die Kosten für SiC-Komponenten preisgünstiger werden.

Die 48-V-Technik wird als Zusatzspannung innerhalb der SELV-Spannung weiterhin genutzt werden, um den weiter steigenden Leistungsbedarf im Auto, insbesondere im Bereich ADAS & In-Car-Systeme, zu bedienen. Es ist aber wahrscheinlich, dass für die Versorgung von kleineren, separaten Modulen wie z.B. Kamera PoE oder Ähnliches verwendet wird.

Adlkofer_Hans Infineon
© Componeers GmbH

Hans Adlkofer, Senior Vice President Automotive Division von Infineon Technologies:
Das 48-V-Bordnetz ist für Mildhybrid-Fahrzeuge etabliert, ausentwickelt, überwiegend in Europa von Relevanz und mit endlicher Lebensdauer. Aufgrund der in den letzten Jahren stärker in den Fokus gerückten HV-Technologie (PHEV und BEV) hat sich dieses nicht so weiterentwickelt wie noch zu Anfang gedacht – es wurden deutlich weniger Lasten auf 48 V umgesetzt. Auch in Zukunft sehen wir das 48-V-Bordnetz ausschließlich als eine Add-on-Spannung zu HV und 12 V, für einzelne Lasten in einzelnen Fahrzeugen. Eine 48-V-Spannung als 12-V-Ersatz beziehungsweise als dritte Bordnetzspannung sehen wir derzeit nicht als Trend.


  1. Bedroht der BEV-Boom die 48 V?
  2. Vorteile der 48-V-Technologie
  3. ..."die Lebensdauer von Hybridtechnologien wird sich verkürzen"

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