Ein weiteres Beispiel aus dem Mittelstand bringen itac Software und Limtronik in die Landkarte mit ein: Beide Firmen sind Gründungsmitglieder der Smart Electronic Factory. Um die Industrie 4.0-Anwendungsszenarien in eine realen Fabrik zu integrieren und auf ihre praktische Umsetzbarkeit hin zu überprüfen, vereint die Smart Electronic Factory Software-, Antriebs-, Steuerungstechnik- und Anlagenhersteller. Der Verein hat sich zum Ziel gesetzt, die Anforderungen von Industrie 4.0 im Branchensegment Elektronik zu untersuchen, Lösungen zu entwickeln und diese auch für weitere Branchen nutzbar zu machen.
So sollen unter anderem Maschinenprozesse optimiert und Aussagen über prozessspezifische Problemstellungen getroffen werden. Dafür haben die Partner eine einzigartige Industrie 4.0-Evaluierungsumgebung in der Fabrik von Limtronik in Limburg geschaffen. »Das System soll zukünftig nicht nur Fehler erfassen und mithilfe von Qualitätsberichten dokumentieren, sondern auch über selbstlernende Systeme vollautomatisch die Ursachen ermitteln, um vorbeugend in den Fertigungsprozess einzugreifen zu können«, erklärt Dieter Meuser, CTO von itac Software. Die Chancen der Smart Electronic Factory sieht Limtronik-Geschäftsführer Gerd Ohl darin, dass mithilfe leistungsfähiger Korrelationsanalysen ein automatischer Rückschluss auf die prozessbezogene Fehlerursache erfolgen kann.
»Dadurch können zum einen unnötige Kosten in der Produktion – so genannte Fehlleistungskosten – gesenkt werden, zum anderen profitieren die Unternehmen davon, dass sie mehr Output erzielen.« »Der Mittelstand soll vom Mittelstand lernen«, fasst Bundesministerin Johanna Wanka auf dem IT-Gipfel das Prinzip der Industrie 4.0 Landkarte zusammen.
Labs Network Industrie 4.0 unterstützt den Mittelstand
Gleichzeitig soll es – besonders für Mittelständler – die Möglichkeit geben, Szenarien mithilfe von bestehenden Testinstallationen auszuprobieren und den Kundennutzen zu erproben. »Wir brauchen den Bezug zum Shop Floor«, unterstreicht Wanka. Zu diesem Zweck hat sich ebenfalls zum IT-Gipfel das Labs Network Industrie 4.0 gegründet. Das Netzwerk besteht aus den Unternehmen Siemens, SAP, Hewlett Packard Enterprise, Giesecke & Devrient, Deutsche Telekom und Festo und den Verbänden Bitkom, VDMA und ZVEI. Es soll als Erstanlaufstelle den deutschen Mittelstand bei Fragen zur Entwicklung von Industrie-4.0-Projekten beraten sowie den internationalen Austausch darüber fördern.
Dafür will der Verein ein Netzwerk an Testinstallationen schaffen, Darüber hinaus hilft der Verein mittelständischen Unternehmen, Testszenarien zu spezifizieren und die passende Testumgebung für ihre jeweiligen Anforderungen zu finden. Ein erstes Projekt, das die Synergien zwischen den Testfeldern nutzt, ist die Kooperation der SmartFactory KL in Kaiserlautern und dem Smart Data Innovation Lab in Karlsruhe. Im Rahmen dieser Zusammenarbeit wird dort ein neuer Ansatz zur proaktiven Wartung von Produktionsanlagen erprobt. Das Labs Network Industrie 4.0 dokumentiert diese Aktivitäten und unterstützt bei Bedarf die Veröffentlichung von erzielten Ergebnissen. Ein besonderes Augenmerk solldabei auf Beiträgen zur Standardisierung liegen, die in die entsprechenden Normungsgremien einfließen können.
Planlos bei IT-Security
Noch relativ planlos scheint die Bundesregierung hingegen in punkto IT-Sicherheit zu sein und die Podiumsdiskussion auf dem IT-Gipfel zum Thema »IT-Sicherheit« bleibt bei Allgemeinplätzen: »Bei Industrie 4.0 muss Sicherheit und Safety von Anfang an mitgeplant werden, so dass ein Standortvorteil für Deutschland entsteht«, sagt Innenminister Lothar de Maizière. Eine Antwort, wie er das umsetzen bzw. in die Wege leiten will, bleibt er schuldig.
Dafür ist das Thema wohl auch zu vielschichtig. »Selbst wenn eine Industrieanlage sicher ist, was passiert wenn ein Servicetechniker mit dem Tablet im Feld unterwegs ist und das Tablet wird gehackt?«, bringt es Dr. Walter Schlebusch, Vorsitzender der Geschäftsführung von Giesecke & Devrient auf den Punkt. Mobile Geräte sind nach Ansicht von Frank Rieger, Chaos Computer Club, beim aktuellen Stand der IT-Sicherheit jedenfalls für sicherheitskritische Anwendungen nicht das Mittel der Wahl. »Ich halte es aktuell beispielsweise für unverantwortlich einen Roboter über ein Tablet zu steuern«, betont der Experte und fordert vom Staat ein langfristiges Programm zur IT-Security. Gabriels Aussage, »Wir müssen an Tempo zulegen«, darf sich getrost auch sein Kollege de Maizière auf die Fahnen schreiben.