Edge-Rack-Server

Optimiert für den rauen Industrieeinsatz

10. November 2023, 9:00 Uhr | Von Sebastian Drosdek und Wolfgang Lay, Siemens
Der erste Edge-Rack-Server von Siemens ist mit AMD-Epyc-Prozessoren bestückt.
© Siemens

Der Trend zu hyperkonvergenten Infrastrukturen macht auch vor der Fertigungs- und Automatisierungsindustrie nicht Halt. Aus dem Grund hat Siemens die Industrie-Racks »Simatic IPC RS-828A« entwickelt.

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Die Racks verbinden Zuverlässigkeit und Qualität robuster Industrie-PCs mit der Leistungsfähigkeit aktueller Rechenzentrums-Server auf Basis von AMDs Embedded-Epyc-Prozessoren.

Moderne Industrieanwendungen werden ständig anspruchsvoller und leistungshungriger. Mit Condition-Monitoring, Applikationen der künstlichen Intelligenz (KI) und hochauflösender Bildverarbeitung wachsen die Datenströme ständig an. Selbst wenn die Datenströme in die Cloud technisch noch beherrschbar wären, so sind es nicht nur Performance- oder Kostengründe, die für eine Cloud-ähnliche Datenverarbeitung und Infrastruktur bereits am Edge sprechen: Einerseits sind hiermit Zentralisierung und Virtualisierung leichter möglich, andererseits wollen viele Kunden aus Vertraulichkeits- und Security-Gründen nicht, dass ihre Daten den jeweiligen Campus verlassen.

Zusätzlich lassen sich leistungsfähige KI-Beschleuniger vor Ort effizienter einbinden, und die kürzeren Datenleitungen zu einer Verarbeitung vor Ort gewährleisten eine geringere Latenz. Eine leistungsfähige Cloud- beziehungsweise Edge-IT-Infrastruktur vor Ort ermöglicht zudem eine vollständige Integration der Operational Technology (OT) in die Information-Technology (IT) statt lediglich einer Kopplung an die IT. Es spricht also vieles dafür, eine leistungsfähige Cloud-Infrastruktur nicht in einem weit entlegenen Rechenzentrum, sondern direkt vor Ort am Edge zu betreiben. Hierzu muss die Infrastruktur jedoch robust genug sein, um im rauen Industrieumfeld mit seinen Temperaturschwankungen, Vibrationen und Luftverschmutzungen zuverlässig zu funktionieren.

Genau hierfür wurde das Hochleistungs-Edge-Serversystem »Simatic IPC RS-828A« entwickelt. Der universelle 2U-Formfaktor mit lediglich 585 mm Tiefe erlaubt den einfachen Einbau in standardisierte Industrie-Schaltschränke mit 800 mm Tiefe (Gesamtgröße: 585 mm × 88 mm × 449 mm). Das integrierte Hochleistungs-Kühlsystem mit Fronteinlass und leicht auswechselbaren Filtern ermöglicht den direkten Betrieb in Industriehallen bei Temperaturen von 5 bis 45 °C. Die Systeme sind auf Vibrations- und Stoßfestigkeit getestet und verfügen über ein EMV-festes Design, sodass sie auch in unmittelbarer Nähe von großen, elektrisch betriebenen Industrieanlagen einsetzbar sind. Die Systeme sind konsequent auf einen Dauerbetrieb rund um die Uhr ausgelegt und können mit 230 V AC betrieben werden. Das Netzteil erfüllt dabei die Energieeffizienzstufe »80 Plus Titanium«.

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Der Siemens-Industrie-Server mit AMD-Epyc-Embedded-Serverprozessoren wurde für hyperkonvergente Infrastrukturen entwickelt und bietet hier vielfältige Einsatzmöglichkeiten: als Basis für Telekommunikationsdienste, Datacenter und private IoT-Cloud.
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Warum Epyc-Prozessoren von AMD?

Bei der Auswahl der Prozessoren hat sich Siemens bewusst für AMDs »Epyc-9004«-Familie entschieden. Sie basiert auf AMDs »Zen4«-Technologie und ist für Server- und Storage-Anwendungen optimiert. Aufgrund der hohen Sicherheitsanforderungen beim Edge- und Servereinsatz verfügt sie über eigenständige Sicherheitsprozessoren und ein hardwarebasiertes Tamper-Proof Module (TPM) für eine sichere Root of Trust. Die Embedded-Prozessoren zeichnen sich zusätzlich durch Langzeit-Verfügbarkeit und erweiterte Temperaturbereiche aus.

Ein weiteres Merkmal der Epyc-Prozessoren ist die Realisierung in AMDs Chiplet-Technik. Sie bringt sowohl technisch wie auch kommerziell entscheidende Vorteile mit sich: Chiplets, also einzelne Chips beziehungsweise Dies innerhalb eines einzigen Gehäuses, bieten die Möglichkeit, sie auf engem Raum beliebig an- und übereinander zu stapeln. So werden – gegenüber einem Ansatz mit einem einzigen monolithischen Chip innerhalb eines Gehäuses mit seiner beschränkten Anzahl an externen Anschlüssen – deutlich höhere Packungs- und Verdrahtungsdichten erreicht. Zudem lassen sich je nach Bedarf auch Chips beziehungsweise Chiplets unterschiedlicher Technologien und Funktionen in einem Gehäuse kombinieren.

Dieses hybride Multichip-SoC-Konzept ermöglichte unter anderem die ersten x86-Serverprozessoren in 7-nm-Technologie mit deutlich höherer Energieeffizienz sowie effizienterem Speicherzugriff. Außerdem ermöglichen es derzeit lediglich Chiplets, komplette Systeme in ein einziges Gehäuse zu integrieren. Die Notwendigkeit für externe Chipsätze oder zusätzliche I/O-Chips (Bridges) entfällt völlig, was weitere Platz- und Kostenvorteile bringt.

Zusätzliche Leistungsvorteile bringt die interne Infinity-Fabric-Architektur: Sie ermöglicht hohe Speicherbandbreiten und beschleunigte I/O-Performance für hohe Anforderungen, also genau das, was für Server- und Storage-Anwendungen nötig ist. Entscheidend für Siemens bei der Prozessorwahl der Epyc-9004-Familie waren die höhere Leistungsdichte beziehungsweise maximale Anzahl an Rechenkernen von bis zu 96 Kernen und 192 Threads. Beigetragen zur Entscheidung hat außerdem die deutlich höhere Energieeffizienz der Zen4-Architektur in 5-nm-Prozesstechnologie gegenüber dem Mitbewerb. Die zwölf schnellen DDR5-Speicherkanäle, die RAM mit 4800 MHz unterstützen, sorgen für eine theoretische Speicherbandbreite von bis zu 480 GB/s.

Die prozessorseitig bis zu 160 unterstützten PCIe-Gen5-Lanes ermöglichen bei einer Zwei-Prozessoren-Konfiguration zusammen mit der internen Infinity-Fabric-Vernetzung zwischen den einzelnen Dies einen hohen I/O-Durchsatz, der doppelt so hoch ist wie der der Vorgängergeneration. Zur Senkung der Energiekosten, die inzwischen den größten Kostenfaktor beim Betrieb eines Rechenzentrums darstellen, setzen weltweit immer mehr Rechenzentren auf Systeme mit Prozessoren von AMD. Was Siemens hier jedoch von Mitbewerbern unterscheidet, ist die jahrzehntelange Erfahrung im Bereich des Baus und Einsatzes von robusten Industrie-PCs für den Einsatz im rauen Industrieumfeld.

Robuste Edge-Server mit vielfältigen Möglichkeiten

Der Server Simatic IPC RS-828A von Siemens kann mit zwei Prozessoren der AMD-Epyc-9004-Familie, maximal 6 TB RAM (24 DIMMs) und bis zu acht Laufwerken ausgerüstet werden. Die Prozessoren selbst sind in der Rechenleistung weit skalierbar. Die beiden 10G-Ethernet-Anschlüsse gewährleisten eine ebenso leistungsfähige wie redundante Einbindung in bestehende Netzwerke. Zudem sind eine Glasfaser-Anbindung und weitere Ethernet-Schnittstellen über PCIe-Erweiterungskarten möglich. Das System kann insgesamt bis zu sieben PCIe-Erweiterungskarten aufnehmen, davon zweimal je eine Doppel-Slot-Karte mit bis zu 350 W maximaler Verlustleistung, zum Beispiel für KI- oder Hardware-Simulationsbeschleunigerkarten.

Aufgrund der kompakten Bauweise und des integrierten Kühlsystems mit Luftfilter lassen sich mehrere Systeme zusammenfassen. Hiermit lassen sich konvergente Infrastrukturen beziehungsweise Rechenzentren direkt in Industrieumgebungen aufbauen. Als Betriebssysteme unterstützt Siemens Windows Server, RedHat Linux und VMware, als Management-Plattformen IPMI sowie Redfish. Zu einem späteren Zeitpunkt sollen zudem Applikationen für das Edge-Computing wie Industrial Edge von Siemens verfügbar sein. Hiermit können IT-Administratoren schnell und einfach Anforderungen aus der Produktion umsetzen sowie Updates und neue Apps zentral verwalten und ausrollen.

Zielgruppen sind primär OEMs und deren Zulieferer, die mit dem Rack-Datencenter vor Ort komplexe Produktionssysteme aufbauen können. Zudem lassen sich bestehende Altsysteme konsolidieren und virtualisieren. Weitere Einsatzmöglichkeiten sind Produktions- und Fertigungsumgebungen einschließlich fahrerloser Transport- und Logistiksysteme, die Prozessautomatisierung oder Simulations- und Testumgebungen sowie KI-Anwendungen. Aufgrund der hohen Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit eignen sich die Server auch als Infrastruktur für 5G-Anwendungen und Campusnetze. 


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