Als die ODCA gegründet wurde, bestand ein wesentliches Ziel darin, die Gleichstromtechnik für Niederspannungsnetze in reale Anwendungen zu bringen, in die Produktionen und in die Büros. Die Technik ist zwar da, aber die Standardsierungen stehen aus, weshalb es mit einem viel zu hohen Aufwand verbunden ist, ein Gleichstromnetz einfach mal in einem Werk aufzubauen. Was tut sich auf dieser Ebene?
Die ODCA selbst legt keine Standards fest. Aber unsere Mitglieder sind in allen relevanten Standardisierungsgremien vertreten, angefangen bei der IEC. Dort beschreibt beispielsweise eine Gruppe, welche Spannungsbänder es gibt und welche Eigenschaften die Komponenten haben müssen. Es gibt einen »Wohlfühlbereich« in der Niederspannung zwischen 620 und 750 V, in dem die volle Funktionalität der Anwendung gewährleistet ist. Im IEC-Dokument wird beschrieben, welche Eigenschaften die Komponenten haben müssen, wenn das Band verlassen wird.
Außerdem wird derzeit ein internationaler Standard für die Leistungsschalter erstellt, die bisher elektromechanisch funktionierten, im Gleichstromnetz aber mit Leistungselektronik. Hier geht es etwa um Prüfstandards, um sicherzustellen, dass die Schalter zuverlässig arbeiten. So kann jedes Mitgliedsunternehmen sich in die jeweiligen Standardisierungsprozesse einbringen. Das geht bis zu den Vorschriften für die Energieversorger, wo wiederum viel auf der VDE-Ebene gemacht wird.
Wann sollen die übrigen Working-Groups ihre Arbeit aufnehmen und wofür werden sie zuständig sein?
Es wird eine Transfer-Working-Group geben, die sich mit weiteren Anwendungen beschäftigt, und die Liaison-Working-Group, die für die Kooperation mit anderen DC-Organisationen sowie für die Kontakte zu Regulierungsbehörden zuständig ist. Ziel ist es, dass bis in einem Jahr alle Working-Groups ihre Arbeit aufgenommen haben werden.
Was muss auf der Ebene der Regulierungen passieren?
Die vorhandenen Regulierungen sind entstanden, als Gleichstromanwendungen noch nicht weit verbreitet waren. Dass sie jetzt wirtschaftlich sinnvoll werden konnte, haben unter anderem die Fortschritte in der Leistungselektronik ermöglicht. Deshalb müssen die bestehenden Regulierungen darauf angepasst werden. Hier können wir dafür sorgen, dass Technologien optimiert, aber nicht zum zweiten Mal erfunden werden. Wir wirken darauf hin, dass die Regulierungen möglichst einfach werden – vor allem müssen wir sicherstellen, dass Gleichstrom als Energiequelle akzeptiert wird.
Wird sie das nicht?
Dazu nur zwei Beispiele: In den USA gibt es eine Vorschrift, nach der in Gebäuden alle zwei Meter eine AC-Steckdose angebracht sein muss. Das ist vernünftig, um den Einsatz von Verlängerungskabeln zu begrenzen. Auch dass von AC-Steckdosen die Rede ist, war zu der Zeit vernünftig, als die Vorschrift entstand. Es gab ja nichts anderes. Aber nun steht der Begriff eben im Text, und wenn wir nun mit DC-Netzen arbeiten wollen, dann müssten zusätzlich DC/AC-Wandler verbaut werden, um die Regulierung zu erfüllen. Das muss angepasst werden. Hierzulande gibt es die Vorschrift, dass jede Sprinkleranlage zur Sicherzeit über einen Dieselgenerator verfügen muss – auch wenn Batterien als Backup vorhanden sind. Solche Dinge, die früher einmal sinnvoll waren, müssen der neuen Situation angepasst werden.
Welches Fazit können Sie nach den ersten neun Monaten ODCA ziehen?
Die Zusammenarbeit ist sehr fruchtbar und alle sind hoch motiviert, weil sie wissen, Teil von etwas ganz Neuem zu sein und ihre eigenen Ideen einbringen zu können. Vor allem ist es interessant, dass jedes Unternehmen erfährt, was gerade in den Bereichen im DC-Umfeld passiert, in denen sie keine Experten sind. Diese Informationen können dann entscheidende Anstöße geben, um die eigenen Entwicklungen voranzutreiben. Die ODCA bietet eine Plattform für alle Beteiligten, um sich auszutauschen und voneinander zu lernen. Auf den Gesamtzusammenhang kommt es schlussendlich an.