Mit dem Ansatz »Buildings as a Grid« will das Unternehmen Eaton Gebäude fit für die Zukunft machen. Dieser Ansatz sieht Gebäude nicht mehr als reine Energieverbraucher, sondern ordnet ihnen auch die Funktionen der Energiespeicherung und -verteilung zu. Damit werden sie zu echten Energiezentren.
Um die Energiewende zu bewältigen, müssen sich auch unsere Gebäude verändern. Dabei geht es nicht nur um die Abkehr von fossilen Brennstoffen in der Heizungstechnik, auch der Umgang mit elektrischem Strom in Wohn- und Gewerbeimmobilien muss sich verändern. Investitionen in Photovoltaik in der Fläche sind dabei ein wichtiger Baustein. Doch diese können ihr volles Potenzial nur ausspielen, wenn gleichzeitig die Fragen von Energiespeicherung und -verteilung auf lokaler Ebene angegangen werden. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, hat Eaton den Buildings-as-a-Grid-Ansatz entwickelt.
Das bisherige Stromnetz lässt sich vereinfacht wie ein Baum vorstellen: Wenige, aber leistungsstarke Kraftwerke bilden den Stamm, von dem aus Energie über Äste zu Millionen von Verbrauchern in den einzelnen Blättern transportiert wird. Diese Struktur eignet sich in gewissem Rahmen auch gut für bestimmte erneuerbare Energien, wie große Wasserkraftwerke oder Offshore-Windparks. Vor allem bei der Photovoltaik (auch bei kleineren Wind- und Wasserkraftinstallationen) sehen wir eine deutlich dezentralere Erzeugung.
Sinkende Preise machen Solarmodule für viele Privathaushalte attraktiv, wodurch die traditionelle Trennung zwischen Erzeuger und Verbraucher zumindest in Teilen aufgehoben wird. Haushalte sind somit nicht mehr nur Energieverbraucher, sondern auch Produzenten beziehungsweise sogenannte Prosumenten. Die alte Netzstruktur ist für diese Situation jedoch nicht mehr vollumfänglich geeignet.
Anstelle der Baumstruktur ist vielmehr ein Netzwerk mit vielfältigen Verflechtungen und Wegen nötig, die bidirektional gestaltet sind, sodass Haushalte und Unternehmen sowohl Strom abnehmen als auch einspeisen können.
Als weitere Herausforderung kommt die volatile, von Umweltauswirkungen abhängige Erzeugung aus erneuerbaren Energien hinzu. Thermische Kraftwerke und Wasserkraftwerke haben in der Regel einen gut planbaren Output, der sich bis zu einem gewissen Grad an den Bedarf anpassen lässt. Bei Wind- und Solarenergie ist das anders. Das Wetter führt zu unvorhersehbaren Perioden mit hoher, niedriger oder gar keiner Erzeugung. Hier muss ein Ausgleich stattfinden, was bedeutet, dass elektrische Energie gespeichert werden muss.
Die bisherigen Verbundnetze sind nicht ideal für die Anforderungen der Energiewende aufgestellt. Eine stärker verteilte Stromerzeugung sollte sich auch in der Netzstruktur widerspiegeln. Idealerweise wird Strom aus lokaler Erzeugung zum großen Teil vor Ort verbraucht, was Übertragungsverluste minimiert und den Bedarf an Fernleitungen reduziert. Die großen Stromtrassen in Deutschland stehen beispielsweise immer wieder in der Kritik, und ihr Ausbau verzögert sich.
Ganz vermeiden lassen wird sich die Elektrizitätsübertragung über lange Strecken nicht. Dennoch sollte sich die dezentrale Stromerzeugung im Netz widerspiegeln, sodass Strom möglichst dort verbraucht wird, wo er erzeugt wird. Es braucht eine zellulare Struktur, in der das Erzeugen, Speichern und Verteilen von Energie zusammengefasst sind.
Eine wichtige Rolle in diesem Konstrukt nimmt zudem die Elektromobilität ein. Unerlässlich für die Energiewende, führt die Zunahme von Elektrofahrzeugen auch zu neuen Herausforderungen für traditionelle Netze. Viele gleichzeitig ladende Autos, etwa nach Feierabend, können zu Nachfragespitzen führen, die schwierig abzufedern sind. Andererseits können die Batterien der Fahrzeuge jedoch eine Ausgleichfunktion wahrnehmen, wenn sie geschickt in die Netztopologie eingebunden sind und intelligent geladen werden – idealerweise mit lokal erzeugtem grünem Strom.
Das Speichern von elektrischem Strom war schon immer eine Herausforderung und rückt nun mit der volatilen Erzeugung durch erneuerbare Energien verstärkt in den Fokus. Hier stehen verschiedene Konzepte zur Verfügung, von traditionellen Pump-Speicher-Kraftwerken bis hin zur elektrolytischen Wasserstofferzeugung (Power-to-Gas). Doch dabei handelt es sich um große, zentralistische Ressourcen mit langen Reaktionszeiten. Daneben sind auch hochflexible Speicher in der Fläche nötig, wofür sich Batterien ideal eignen. Sie haben eine sehr kurze Reaktionszeit und lassen sich leicht in lokale, zellulare Netze integrieren.
Das Konzept der zellularen Energieerzeugung und -nutzung kann bis auf die Ebene einzelner Gebäude herunter umgesetzt werden. Dies beschreibt Eaton mit dem Buildings-as-a-Grid-Ansatz. Dabei wird jedes Gebäude – egal ob Ein- oder Mehrfamilienhaus, Wohn- oder Gewerbeimmobilie – als ein eigenes kleines Netz gedacht. Diese Netze umfassen jeweils idealtypisch die Funktionen Erzeugen, Verteilen, Speichern und Abgeben von Energie. Je nach individueller Situation können oder müssen allerdings nicht alle Funktionen realisiert werden. Außerdem interagieren die Gebäude, die nun als Energiezentren fungieren, bidirektional mit dem öffentlichen Netz. Sie können entweder Leistung entnehmen oder eigene Überschüsse einspeisen.
Eaton hat das Konzept auch in eigenen Gebäuden installiert und das folgende Beispiel kann zur Veranschaulichung dienen: Das Büro in Le Mont-sur-Lausanne mit einer Fläche von 1650 m2 ist Teil eines gemischt genutzten Gebäudes, in dem sich auch ein Kindergarten, ein Geschäft und eine Tiefgarage befinden (Bild 1). Installiert wurden dort eine 100-kWp-Solaranlage auf dem Dach, ein xStorage-Batteriespeicher-system von Eaton (20 kW Leistung und 21 kWh Kapazität), 16 Ladestationen für Elektroautos in der Tiefgarage und ein Gleichstrom-Schnellladegerät, das neben den Parkbuchten außerhalb des Gebäudes für die Öffentlichkeit zugänglich ist (Bild 2).
Eatons firmeneigene BEMS-Software (Buildings Energy Management System) wird eingesetzt, um die Nutzung der gesamten von der Dachanlage erzeugten Solarenergie zu optimieren. Leistungsstarke Algorithmen innerhalb der Software leiten den Strom automatisch dorthin, wo er für das Aufladen von E-Fahrzeugen und andere elektrische Anforderungen im Gebäude am meisten benötigt wird (Bild 3). Dabei wird überschüssiger Strom in der Batterie des xStorage-Systems gespeichert, um Strom aus dem Netz zu ersetzen, wenn die Preise zu Zeiten der größten Nachfrage am höchsten sind. Überschüssiger Strom lässt sich bei Bedarf auch an Netzbetreiber verkaufen, wobei die daraus resultierenden Einnahmen zum Ausgleich von Energierechnungen verwendet werden. Durch den Umbau des Eaton-Gebäudes zu einem Energiezentrum konnte das Unternehmen etwa 60 Prozent Kosten bei den monat- lichen Energierechnungen einsparen.
Speicher bilden ein zentrales Element im Buildings-as-a-Grid-Ansatz. Eaton hat erst kürzlich bei der Intersolar den xStorage Hybrid, ein Batteriespeichersystem für Wohn- und kleinere Gewerbeimmobilien, vorgestellt. Das System verfügt über einen Hybridwechselrichter und ist mit Invertern der Leistungsstufen 8 kW, 10 kW und 12 kW verfügbar, welche mit Batteriesätzen von 10,24 kWh, 20,48 kWh 30,78 kWh sowie 40,96 kWh kombiniert werden können. Der xStorage Hybrid ist einfach und schnell zu installieren, dafür sind keine 30 Minuten nötig. Selbst inklusive Verkabelung mit einer Photovoltaikanlange beläuft sich die Installationszeit auf weniger als eine Stunde.
Installateure profitieren außerdem davon, dass das System mit Eatons vorverdrahteten Verteilern und Photovoltaik-DC-Strangkästen, wie dem Eaton IKA Solar, kompatibel ist. Durch den skalierbaren, modularen Aufbau können sie individuelle Installation an die Bedürfnisse des Kunden anpassen. Die Hybridtechnologie des xStorage Hybrid erlaubt es zudem, den Speicher gleichzeitig mit Systemen zugehöriger Solarwechselrichter und beispielsweise dem Inverter einer bereits bestehenden Altanlage zu betreiben. Somit eignet sich der xStorage Hybrid sowohl für Neubauten als auch insbesondere für Nachrüstungsprojekte und unterstützt die Einhaltung von Vorschriften zu CO2-Reduktion und Energieverbrauch. In der Europäischen Union gehören dazu auch die bevorstehenden Vorschriften auf der Grundlage der kürzlich verabschiedeten Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (Energy Performance of Buildings Directive, EPBD).
Batteriespeicher wie der xStorage Hybrid eignen sich somit nicht nur zum Speichern von selbst erzeugtem Solarstrom, sondern können noch weitere wichtige Funktionen wahrnehmen, beispielsweise als eigene Notstromversorgung oder als Puffer für das Netz. Nutzer, die Strom während Niedrigpreisphasen aus dem Netz beziehen, diesen speichern und dann zu Hauptlastzeiten verbrauchen, können dadurch Kosten optimieren. Gleichzeitig unterstützen sie damit die Netzbetreiber bei der Ausbalancierung von Input und Output.
Dynamische Stromtarife sind in Deutschland bisher noch wenig verbreitet, doch das wird sich nächstes Jahr ändern. Ab 2025 sind alle Energieversorger verpflichtet, ihren Kunden einen dynamischen Tarif anzubieten. Um diesen nutzen zu können, sind allerdings auch Smart Meter notwendig – eine weitere Baustelle in Deutschland. Bis zum Jahr 2030 soll allerdings auch hierzulande der Rollout weitgehend abgeschlossen sein. Dynamische Tarife, Smart Meter und ein bidirektionales Netz bieten schließlich die Voraussetzungen, um Stromspeicher optimal zu nutzen.
Der Autor
Sebastian Oberwelland
ist Segment Leader C&I Buildings EMEA bei Eaton.