Neue VDE SPEC

DC-Mikronetze werden Realität

18. Februar 2025, 6:00 Uhr | Heinz Arnold
Dr. Hartwig Stammberger, Manager Strategic Associations Direct Current von Eaton Industries und Sprecher des Vorstands der Open DC Alliance: »Die VDE SPEC 90037 ist eine Vor-Norm für industrielle DC-Microgrids, die auf den validierten Ergebnissen von DC-INDUSTRIE und der Open DC Alliance ODCA basiert. Sie gibt Planern und Betreibern einen Rahmen für die Auslegung ihrer Anlagen. DC-Microgrids werden in die industrielle Fertigung genauso Einzug halten, wie in Datenzentren, Beleuchtung, Logistik, Gebäudetechnik.«
© Eaton

DC-Netze in der industriellen Produktion bringen große Vorteile – das ist bekannt. Damit die neue Technik in die Fabrikhallen einziehen kann, hat die Open DC Alliance (ODCA) eine Vornorm erstellt, die die DKE jetzt geprüft und freigegeben hat.

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Damit hat die ODCA die bisher bestehende rechtliche Lücke geschlossen, die dem Einzug der DC-Mikronetze in reale Anwendungen schwer gemacht hatte.

Denn die VDE SPEC 90037 liefert den verbindlichen Bezugsrahmen, der es Planern, Gutachtern und Handwerksunternehmen ermöglicht, ab sofort die DC-Micro-Grids in reale industrielle Produktionsumgebungen bringen zu können – auch wenn noch keine internationalen Normen bestehen.  

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DC Konferenz – Call for Papers ist gestartet

Die Veröffentlichung der »Vor-Norm« VDE SPEC 90037 zeigt: Jetzt geht es darum, die Voraussetzungen zu schaffen, damit die potenziellen Anwender die DC-Infrastruktur aufbauen können.

Wie das funktioniert, erklären die Experten auf der zweiten »DC Konferenz – Gleichstromnetze starten durch«, die Markt&Technik mit Unterstützung der Open Direct Current Alliance (ODCA) am 23. Oktober 2025 in Ludwigsburg im Forum am Schlosspark durchführen wird.

Wenn Sie als Referent den Teilnehmern auf der Markt&Technik DC Konferenz darlegen wollen, welche technischen Komponenten es gibt und wie sie zusammenarbeiten müssen, um DC-Netze aufzubauen, dann haben Sie bis zum 30 April 2025 die Gelegenheit, Ihre Abstracts einzureichen

Interessant für das Auditorium wäre es auch, mehr darüber zu lernen, welche Erfahrungen Unternehmen gemacht haben, die bereits mit DC-Netzen arbeiten und was Neueinsteiger daraus lernen können. Auch Planer, Regulierer und Installateure sind dazu aufgerufen, in Vorträgen darüber zu berichten, wie sich die Situation derzeit darstellt und wie DC-Microgrids in die verschiedenen Anwendungsbereiche Einzug halten können.

Nutzen Sie die Gelegenheit, ihre Abstracts bis zum 30. April 2025 einzusenden. Weitere Einzelheiten zum Call for Papers für die Markt&Technik »DC Konferenz – Gleichstromnetze starten durch« finden Sie hier

Die Themen der DC Konferenz auf einen Blick

  • Welche Produkte gibt es bereits, die sich für den Aufbau eines Gleichstromnetzes nutzen lassen?
  • Welche DC-Anwendungen gibt es bereits und welche Erfahrungen haben die Unternehmen gemacht, die Gleichstromnetze in der Produktion aufgebaut haben?
  • Inwieweit können Planer und Errichter mit der neuen Technik bereits umgehen?
  • Was ist der aktuelle Stand der Standardisierung?
  • Inwieweit sind die Regulierungen auf die neuen Anforderungen der Gleichstromanwendungen angepasst?
  • Auf der Konferenz erfahren Entscheider und Praktiker, die Gleichstromnetze planen, alles, was sie wissen müssen, um sie in ihren Produktionsumgebungen realisieren zu können.

Weitere Themen

  • Leistungselektronik und -schalter
  • DC/DC-Wandler
  • Elektromechanische Komponenten (Steckverbinder, Kabel, etc.)
  • Lichtbogenerkennung und Fehlerstromschutzeinrichtungen
  • Einbindung von Beleuchtung, Erneuerbaren Energien, Ladestationen, Drehstrommotoren etc.
  • Standardisierung
  • Regulierung

 

Das ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg, Energie und Ressourcen einzusparen. Denn auf lokaler Ebene, beispielsweise innerhalb einer Fabrikhalle, spricht heute alles für den Einsatz von DC-Microgrids (Gleichstrom-Mikronetze).

Die Betreiber profitieren dadurch gleich mehrfach:

  • Geringere Investitionskosten: Verglichen mit einem AC-Netz benötigt eine Gleichstrominstallation weniger Komponenten wie Umrichter und kleinere Transformatoren. Außerdem wird weniger Kupfer in den Leitungen für die gleiche Leistung benötigt.
  • Geringere Betriebskosten: Verlustleistung durch Gleich- und Wechselrichter kann zu einem erheblichen Maße entfallen. Außerdem kann die vom Netzbetreiber bezogene Spitzenleistung deutlich reduziert werden: So lässt sich die Spitzenleistung in Hochregallagern um bis zu 85 Prozent senken.
  • Integration von Photovoltaik und Batteriespeichern: Immer mehr Unternehmen interessieren sich für eigene Stromerzeugung auf dem Betriebsgelände. Das Mittel der Wahl ist dabei fast immer Photovoltaik, die Gleichstrom liefert. In einem DC-Netz kann diese Energie effizienter ohne verlustbehaftete Umwandlung durch einen Wechselrichter genutzt werden. Überschüsse können in Batterien gespeichert werden.
  • Unterstützung moderner Ladetechnologie: Hochleistungsladestationen für Elektrofahrzeuge arbeiten heute ebenfalls mit Gleichstrom und lassen sich daher gut in ein DC-Netz integrieren.
  • Nutzung von Rekuperationseffekten: Die kinetische Energie von Maschinen und Antrieben, die abgebremst werden, kann in elektrische Energie umgewandelt und wieder ins DC-Netz eingespeist werden. Anstatt dass sie, wie bei AC, mit Bremswiderständen als Wärme verloren geht.

Neue Spezifikation schafft Sicherheit

Seitens der Industrie besteht bereits seit einiger Zeit großes Interesse und auch Planer, Gutachter und Handwerksunternehmen machen sich zunehmend mit der Technologie vertraut.

Was bislang allerdings fehlte, war ein verbindlicher Bezugsrahmen. Diese Lücke konnte die Open DC Alliance (ODCA) nun schließen. Mit der Ende letzten Jahres veröffentlichten »Vor-Norm« VDE SPEC 90037 schließt sich nun diese Lücke.

Diese Spezifikation, die aus den DC-INDUSTRIE-Projekten hervorgegangen ist, wurde im Rahmen der ODCA weiterentwickelt. Mehr als 100 Experten aus 45 Unternehmen (darunter im zweiten Projektteil DC-INDUSTRIE2 Eaton als Konsortialleiter) und Forschungseinrichtungen arbeiteten an diesem Projekt mit und entwickelten und validierten die umfassende Beschreibung von DC-Microgrids anhand von zehn Modellanwendungen. Das Dokument wurde von einer Arbeitsgruppe der DKE (Deutsche Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik) – dem deutschen Kompetenzzentrums für elektrotechnische Normung – geprüft und zur Veröffentlichung freigegeben.

Die Spezifikation zu DC-Microgrids   

»VDE SPECs« dienen generell als Referenzdokumente für Planer, Installateure und Endanwender, insbesondere in Bereichen, in denen noch keine internationalen Normen existieren.

Die Spezifikation zu DC-Microgrids umfasst die Definition sowie die umfangreiche Beschreibung von Gleichstromnetzen. Sie geht detailliert auf einzelne Komponenten und verschiedene Spannungsbereiche innerhalb des Netzes ein. Zudem werden Schutzmechanismen und die Absicherung von Gleichstrom-Mikronetzen umfassend erläutert. Das Dokument ist in englischer Sprache kostenlos auf der Webseite des VDE verfügbar. Eine deutsche Version folgt. Weitere Informationen zur ODCA hier sowie auf LinkedIn.

Ein Wendepunkt in der Geschichte industrieller Stromnetze

»Wir befinden uns aktuell an einem Wendepunkt in der Geschichte industrieller Stromnetze«, sagt Hartwig Stammberger, Manager Strategic Associations Direct Current von Eaton Industries und Sprecher des Vorstands der Open DC Alliance. In dieser Funktion war er maßgeblich an der Ausgestaltung und Veröffentlichung der Spezifikation beteiligt. »Fast 150 Jahre lang, praktisch seit Beginn der Elektrifizierung, dominierte der Wechselstrom.«

Für die damalige Zeit sei das sinnvoll gewesen. Denn erzeugt wurde die Elektrizität zum großen Teil mit Drehstromsynchrongeneratoren. Wechselstrom wurde für die Übertragung der Energie verwendet, weil mit Transformatoren die Spannung einfach geändert werden konnte – hohe Spannung für die Übertragung und niedrigere Spannung in der Anwendung.

Heute sehe die Situation nach seinen Worten ganz anders aus: »Von Mikroelektronik über LED-Technologie, Elektrofahrzeuge und Batteriespeicher bis hin zu modernen DC-Antrieben leben wir – zumindest auf der Nachfrageseite – in einer Gleichstromwelt.«

Doch auch auf der Angebotsseite ändere sich durch den Siegeszug der Photovoltaik die Lage – es finde immer mehr direkte Gleichstromerzeugung statt. Moderne Technologien wie DC/DC-Wandler sorgen zudem dafür, dass ein früherer Vorteil des Wechselstroms – die vergleichsweise einfache Spannungsumwandlung – nicht mehr zum Tragen kommt.

Zwar sei es richtig, dass Wechselstrom auf der Makro-Netzebene noch immer einige Vorteile bietet, so dass es keinen vollständigen Technologieaustausch geben werde. »Doch spricht heute alles dafür, auf der Ebene der Microgrids jetzt auf Gleichstrom umzustellen«, Stammberger. »Die VDE SPEC 90037 ist eine Vor-Norm für industrielle DC-Microgrids, die auf den validierten Ergebnissen von DC-INDUSTRIE und der Open DC Alliance ODCA basiert. Sie gibt Planern und Betreibern einen Rahmen für die Auslegung ihrer Anlagen. Gleichstrom ist schon fast überall, ob Photovoltaik, Batteriespeicher, Beleuchtung, IT oder frequenzgeregelte Antriebe. DC Microgrids vermeiden häufige Wandlung von Wechselstrom auf Gleichstrom und zurück durch direkte Verbindung auf der Gleichspannungsebene. Weniger Aufwand, höhere Energieeffizienz, niedrigere Anschlussleistung ans Verteilnetz und bessere Verfügbarkeit sind die wesentlichen Vorteile.«


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