Digitale Gesundheitsversorgung

Welche Technologien braucht die personalisierte Medizin?

20. Oktober 2023, 9:00 Uhr | Von Janet Ooi, Keysight Technologies
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Die Digitalisierung der Gesundheitsbranche soll den aktuellen Kostendruck, Fachkräftemangel und die Covid-Nachwirkungen handhabbar machen. Großes Ziel ist die personalisierte Gesundheitsversorgung. Für die 3 grundlegenden Hürden braucht es technologische Antworten - ein Überblick.

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Die digitale Gesundheitsversorgung nimmt weiter an Fahrt auf - und ist unter dem aktuellen Kostendruck auch dringend benötigt. Das Ziel muss sein, die Effizienz in der medizinischen Versorgung zu verbessern und den Schwerpunkt von der Krankenhausversorgung auf eine stärker personalisierte und präzisere Medizin zu verlagern.

Innovationen wie künstliche Intelligenz, digitale Therapien und kontinuierlich messende Sensoren haben das Potenzial, die Vorhersage, Diagnostik und Behandlung von Krankheiten zu revolutionieren und so zu einer besseren Gesundheitsversorgung beizutragen. Von Umgebungssignaturen bis hin zu Implantaten und Consumer Wearables gibt es eine Vielzahl von Daten, die es zu nutzen gilt. Der Austausch dieser Informationen ist von entscheidender Bedeutung. Dadurch wird ein technologisches Wettrüsten angeheizt, denn die Branche strebt danach, eine neue Ära der Gesundheitsvorsorge einzuläuten.

Dank dieser Innovationen wird der globale Markt für digitale Gesundheit bis 2032 voraussichtlich 939 Milliarden Dollar umfassen. Allerdings müssen noch einige grundlegende Fragen geklärt werden, um eine personalisierte Gesundheitsversorgung in großem Maßstab zu realisieren.

Interoperabilität

Wearables und andere vernetzte Medizingeräte erzeugen eine riesige Menge gesundheitsbezogener Daten, doch der Erfolg der personalisierten Versorgung und Pflege hängt von Ökosystemen und deren Interoperabilität ab. Das Aufbrechen von Silos zwischen Arzt, Patient, Kassen; Wissenschaftlern und Gerätherstellern sowie die Gewährleistung einer nahtlosen Integration werden die Diagnostik verbessern und die Kosten senken, und offene Standards sind der Schlüssel zu einer besseren Gesundheitsversorgung für alle.

Um diese Probleme zu lösen, muss eine vereinfachte und standardisierte Infrastruktur für Anbieter, Forschende, Versicherungen, Patienten und öffentliche Gesundheitsbehörden geschaffen werden. Die Möglichkeit, Daten in Echtzeit auszutauschen, ist unerlässlich und führt zu besseren Behandlungen und Therapieergebnissen. Die analytische Interoperabilität über Datenstandards hinweg ist von grundlegender Bedeutung für die Bereitstellung einer stärker personalisierten und prädiktiven Gesundheitsversorgung. Sie ist auch entscheidend für die Senkung der Kosten. Um sicherzustellen, dass Gesundheitsdaten auf strukturierte und standardisierte Weise ausgetauscht werden, trat im Juni 2023 ISiK (Informationstechnische Systeme in Krankenhäusern) in Kraft, das vorschreibt, dass Krankenhäuser über konforme FHIR-Schnittstellen (Fast Healthcare Interoperability Resources) verfügen müssen.

Rechtliche Rahmenbedingungen

Deutschland hat zahlreiche Vorschriften erlassen, um die Digitalisierung zu beschleunigen und den Rückstand gegenüber dem Rest Europas aufzuholen. Durch die Übernahme des FHIR-Datenstandards wird der Austausch von Gesundheitsinformationen effizienter und sicherer. Daraus ergeben sich zahlreiche Vorteile, darunter eine verbesserte Interoperabilität, Flexibilität und Skalierbarkeit.

Mit der zunehmenden Verbreitung von Wearables und implantierbaren Geräten im Gesundheitswesen wachsen jedoch auch die Bedenken in Bezug auf die Cybersecurity. Wenn das Gerät beispielsweise Daten an das Smartphone einer Person überträgt und es zu einer Sicherheitsverletzung kommt, könnte das Folgen haben:

  • Das Gerät könnte eine unnötige Behandlung oder eine Handlung auslösen, die der Person möglicherweise schadet.
  • Ein Zugangspunkt zum Netzwerk des Krankenhauses könnte ausgenutzt werden.
  • Die Bedrohung durch Ransomware, die die Gesundheitsbranche mit potenziell lebensbedrohlichen Folgen belastet, nimmt weiter zu.

Daher ist es wichtig, dass Leitlinien vorhanden sind, um diese und andere Sicherheitsschwachstellen zu verhindern. Staatliche Aufsicht und mehr Regulierung in Deutschland und ganz Europa sind unerlässlich, um sicherzustellen, dass Daten geschützt und sicher ausgetauscht werden, um die Einführung der digitalen Gesundheitsversorgung zu beschleunigen.

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Die digitalisierte Patientenversorgung wird viele neue Möglichkeiten und effizientere Behandlungsmethoden mit sich bringen.
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Datenschutz und Vertrauen

Die explosionsartige Zunahme von vernetzten Geräten wie Herzfrequenzmessern, Pulsoximetern, Elektrokardiografen und Blutzuckermessgeräten erzeugt neue Datenströme. Diese Informationen liefern Erkenntnisse, die eine bessere personalisierte therapeutische Versorgung unterstützen. Allerdings ist es von entscheidender Bedeutung, Vertrauen in die Daten aufzubauen und Datenschutz- und Sicherheitsstandards zu gewährleisten.

Um den wachsenden Bedenken im Zusammenhang mit Medizinprodukten Rechnung zu tragen, hat die Europäische Kommission die Medical Device Regulation erweitert, in der die erforderliche Sicherheit und Leistung von Hard- und Software beschrieben wird. Dadurch sollen einige der Herausforderungen für die Hersteller besser bewältigt werden. Auf diese Weise wird das Vertrauen gestärkt, was ein wesentlicher Bestandteil des Fortschritts im Bereich der digitalen Gesundheit ist.

Die zunehmende Verbreitung digitaler Therapien, etwa über DiGAs, hat das Potenzial, den Verlauf von Krankheiten zu verändern und den Wiederaufbau neuronaler Verbindungen im Gehirn zu unterstützen. Ärztliches Personal wird über Daten verfügen, die sie genau über die Tätigkeiten der Behandelten informieren, anstatt sich auf deren Aussagen verlassen zu müssen. Das wird die Effizienz und Effektivität erhöhen. Allerdings werden diese Lösungen die Bedenken hinsichtlich des Vertrauens und des Datenschutzes verstärken, da sie die Grenzen zwischen Consumer- und Gesundheitsprodukten verwischen.

Mehr Engagement im digitalen Bereich

Für eine bessere und effizientere ganzheitliche Gesundheitsversorgung werden intelligente Technologien benötigt, um die oben genannten Probleme zu lösen. Die Verschmelzung von KI und ML mit digitalen Zwillingen wird eine Möglichkeit bieten, Modelle zu erstellen, Szenarien zu planen und Ergebnisse vorherzusagen. Für eine personalisierte Versorgung benötigen intelligente digitale Zwillinge jedoch interoperable Echtzeitdaten, um zu modellieren, zu bewerten, Erkenntnisse zu gewinnen und wirksame Maßnahmen zu ergreifen. Die Zukunft des Gesundheitswesens wird darin bestehen, verschiedene Informationsströme und Biomarker anzuzapfen und schließlich digitale Individuen zu schaffen, die Behandlungspläne testen und bewerten.

Unternehmen setzen bereits virtuelle Kranke ein, um die Wirksamkeit von Arzneimitteln zu beurteilen, bevor sie zu Studien am Menschen übergehen. Digitale Simulationen helfen, Probleme frühzeitig im Entwicklungszyklus zu erkennen, was viel Zeit und Geld spart. Die Technologie kann medizinische Geräte und Menschen modellieren und vorhersagen, wie die Behandlungen wirken würden. Auch wenn es futuristisch anmuten mag, sind diese Initiativen mit Innovationen wie der Simulation eines menschlichen Herzens bereits weit fortgeschritten.

Der digitale Imperativ

Das Bestreben, von einer pauschalen zu einer personalisierten und präventiven Gesundheitsversorgung überzugehen, ist ein globaler Imperativ. Die digitale Gesundheitsfürsorge kann unser Leben in vielerlei Hinsicht verändern, von einer verbesserten Erkennung und Diagnose bis hin zu maßgeschneiderten Behandlungen und Präventionsmaßnahmen. Darüber hinaus wird sie zu einer Effizienzsteigerung führen. Doch bis es so weit ist, sind noch einige Hürden zu überwinden. Wenn wir jedoch die Lebensqualität und -zeit verbessern wollen, besteht der dringende moralische Bedarf, auf prädiktive und therapeutische Gesundheit zu setzen. (uh)


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