Steuerbare Gelkapsel bei Schlaganfall

Mikroroboter transportiert Medikamente durch Blut und Gehirn

18. November 2025, 11:05 Uhr | Elektronik Medical (uh)
Um den Mikroroboter in die Nähe ihres Ziels zu bringen, verwenden die Forschenden zuerst einen Einführkatheter. Der Katheter hat einen inneren Führungsdraht, der mit einem flexiblen Polymergreifer verbunden ist. Wenn dieser über die äussere Führung hinausgeschoben wird, öffnet sich der Polymergreifer und gibt den Mikroroboter frei.
© ETH Zürich / Luca Donati

Ein neuer Mikroroboter transportiert Medikamente gezielt durch Blutgefäße - und soll bei Schlaganfällen helfen. Die winzige Kapsel wird per Katheter eingeführt und mit Magnetfeldern zum Zielort gesteuert. Drei Navigations- und Steuerungsmethoden ermöglichen die Navigation auch gegen den Blutstrom.

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Wissenschaftler der ETH Zürich haben einen Mikroroboter für den gezielten Medikamententransport im Körper, der Wirkstoffe präzise durch verzweigte Gefäßsysteme transportieren kann. Das Team um Bradley Nelson hat ein System entwickelt, bei dem eine bioabbaubare Gelkapsel über einen Katheter ins Blutgefäß eingebracht wird.

Die Kapsel enthält spezielle Eisenoxid-Partikel, die auf externe Magnetfelder reagieren, sowie Tantal-Partikel für die Sichtbarkeit im Röntgenbild. Drei Steuerungsmethoden ermöglichen die Navigation:

  • Abrollen an der Gefäßwand mit 4 mm/s,
  • Fortbewegung durch Magnetkräfte gegen Strömungen bis 20 cm/s und
  • gezielte Richtungswechsel an Gefäßverzweigungen.
Indem die Forschenden die drei Navigationsvarianten kombinieren, ist eine robuste Steuerung der Mikroroboter unter einer Vielzahl von Strömungsbedingungen und anatomischen Szenarien möglich.
Indem die Forschenden die drei Navigationsvarianten kombinieren, ist eine robuste Steuerung der Mikroroboter unter einer Vielzahl von Strömungsbedingungen und anatomischen Szenarien möglich.
© ETH Zürich

Magnetische Navigation gegen Strömung

Das primäre Anwendungsgebiet ist die Schlaganfall-Behandlung. Bei heutigen Therapien werden gerinnselauflösende Medikamente in den gesamten Blutkreislauf gegeben, was wiederum zu gefährlichen Blutungen führen kann. Der Mikroroboter transportiert das Medikament direkt zum verstopften Gefäß im Gehirn und setzt es dort frei. Dadurch sind niedrigere Gesamtdosen bei höherer Wirkung am Zielort möglich. Die Kapsel wird durch ein hochfrequentes Magnetfeld aufgelöst und gibt den Wirkstoff frei. Getestet wurden auch Antibiotika für örtlich begrenzte Infektionen und Krebsmedikamente.

Erfolgreiche Tests in Modellen und Tierversuchen

In nachgebauten Patientengefäßen mit realistischem Blutfluss erreichte das System in über 95 Prozent der Versuche den vorgesehenen Zielort . Die Größe der Kapsel wurde für enge Hirngefäße optimiert. Versuche an Schweinen bestätigten alle drei Navigationsmethoden im lebenden Organismus, Tests an Schafen zeigten die Steuerbarkeit auch durch Hirnflüssigkeit .

Damit können erstmals Mikroroboter präzise gegen die Strömungskräfte in verzweigten Gefäßen navigiert werden. Die verwendeten Gefäßmodelle vertreibt das ETH-Ausgründungsunternehmen Swiss Vascular bereits für die Ausbildung von Ärzten. (uh)


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