Machine Vision als Medizintechnik

Sichere Inspektion von Impfstoff-Behältern

10. Oktober 2023, 8:58 Uhr | Peter Stiefenhöfer für Cognex
© Cognex

Impfstoffe werden meist in kleinen Fläschchen bereitgestellt. Diese Vials müssen zur Sicherheit der Patienten strengsten Qualitätsvorgaben entsprechen. Bei der Fertigung überprüfen Bildverarbeitungssysteme die Kriterien der Kunststoff-Vials.

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Medikamentencontainer für flüssige Impfstoffe sind aufgrund der Covid-Pandemie mehr als je zuvor auch in der nicht-medizinischen Bevölkerung präsent. Die Vials bestehen in der Regel aus Glas und werden nach der Abfüllung des Impfstoffs mit einem Stopfen aus einem thermoplastischen Elastomer (TPE) und einer Bördelkappe aus Aluminium verschlossen. Glas als Material für diese Impfstofffläschchen bringt jedoch einige Nachteile mit sich: Die Behälter müssen nach ihrer Produktion kostenintensiv gereinigt und sterilisiert werden, bevor sie befüllt werden können. Zudem bergen sie die Gefahr von Splittern bei Glasbruch.

Vials ohne Waschen, Trocknen, Sterilisieren

Der Verpackungs- und Kunstoffhersteller Zahoransky geht bei der Produktion solcher Medikamentencontainer einen anderen Weg. Berthold Schopferer, Head of Project Planning des in Freiburg ansässigen Unternehmens, sagt: »Unsere automatisierte Spritzgießanlage spritzt die Behälter im Reinraum aus Kunststoff und montiert den TPE-Verschluss aseptisch ohne jegliche Zwischenstation. Die dabei eingesetzten Roboter und die Spritzgießform erfüllen die Anforderungen des Reinraums Klasse 5. Zudem stellen wir mit besonderen konstruktiven Maßnahmen sicher, dass Verunreinigungen durch Partikel ausgeschlossen werden.« Der große Vorteil gegenüber gläsernen Impfstoffbehältern besteht laut Schopferer darin, dass auf diese Weise keine Sterilisierung mehr erforderlich ist. Die Arbeitsgänge Waschen, Trocknen, Prüfen und Sterilisieren entfallen somit, was zu erheblichen Kosteneinsparungen führt.

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Was ist der Unterschied zwischen Vials und Ampullen?
Vials ist der englische Begriff für Fläschchen. Die Behälter sind meist aus Glas oder manchmal auch aus Kunststoff gefertigt und dienen der sicheren Verwahrung von flüssigen Medikamenten und Impfstoffen. Im Unterschied zu Ampullen haben Vials keinen Abbruchhals oder einen Durchbruchgummi. Zur besseren Aufbewahrung und für einen einfachen Transport haben moderne Vials zudem einen flachen Boden.

Die Verwendung von Kunststoff als Basis für die Behälter führt jedoch zu anderen Herausforderungen. So weisen produzierte Fläschchen aus diesem Material eine deutlich höhere Variation auf als Glas-Container. Um ausnahmslos alle gefertigten Impfstoff-Behälter auf Einhaltung der Spezifikationen zu prüfen und sicherzustellen, dass nur fehlerfreie Vials mit Impfstoff befüllt werden, wandten sich die Zahoransky-Ingenieure an die Visuelle Technik GmbH, mit der sie zuvor bereits einige Anlagen zur Prüfung von Syringen mit Hilfe geeigneter Bildverarbeitungssysteme umgesetzt hatten.

»Neben unseren positiven Erfahrungen ist Visuelle Technik seit Jahren Teil des PSI-Netzwerks von Cognex und somit ein bevorzugter Partner für die Integration von Bildverarbeitungssystemen. Wir waren uns sicher, dass es im Cognex-Portfolio auch für unsere aktuelle Aufgabenstellung die richtige Lösung gibt,« sagt Andreas Kirstein, Application Engineer Vision System.

Visuelle Prüfung von vier Seiten

Ziel der Bildverarbeitungslösung war es, Spritzfehler und kosmetische Defekte zu erkennen. Hierzu zählen Lufteinschlüsse, Nebel im Material, Black Specs (kleinste Partikel), Einschlüsse im Kunststoff, Kratzer, Überspritzungen, Unterspritzungen, Ausbrüche, Deformationen, Fließlinien und andere. Diese Fehler werden ab wenigen Mikrometern Größe am gesamten Bauteil sicher erkannt und fehlerhafte Vials durch eine geeignete Kommunikation mit der Anlage aus dem Prozess genommen. Für diese Aufgabe entwickelte Visuelle Technik eine Vision-Prüfung über vier Stationen.

»An der ersten Station werden die Vials von oben geprüft. Entscheidend ist hierbei der oberste Rand der Fläschchen, auf dem später der Verschlussdeckel aufgesetzt wird und der fehlerfrei sein muss, um die Dichtheit der Behälter zu gewährleisten«, so Co-Geschäftsführer Sebastian Paschun. »Die zweite Station vermisst die komplette Seitenansicht der Vials und kontrolliert dabei die Höhe, die Breite und diverse andere Maße. Um die gesamte Mantelfläche in der Seitenansicht prüfen zu können, arbeitet die dritte Station mit einer Zeilenkamera, vor der die Vials gedreht werden. Hierbei kommt ein von uns entwickeltes und von Zahoransky konstruktiv umgesetztes Beleuchtungskonzept zum Einsatz. Der Boden der Behälter wird schließlich an der vierten Station inspiziert.«

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Vier intelligente Cognex In-Sight 9902 Zeilenkameras und sechs Cognex In-Sight 9912 Flächenkameras bilden die Basis für die Bildverarbeitungssysteme in den Zahoransky-Anlagen zur Vials-Prüfung.
© Cognex

Zehn Kameras pro Anlage

Für die Realisierung der gesamten Bildverarbeitungsinspektion stand Visuelle Technik unter großem Zeitdruck. Ein entscheidender Faktor für eine schnelle und funktionierende Installation waren laut Paschun die Cognex-Kameras und -Systeme: In jeder der mittlerweile realisierten zehn Produktionslinien sind vier intelligente Zeilenkameras vom Typ In-Sight 9902 und sechs Flächenkamerasysteme vom Typ In-Sight 9912 im Einsatz. Diese Modelle überzeugen unter anderem durch ihre einfache Anlagen-Integration, die problemlose Einbindung in das vorhandene Profinet-Netzwerk sowie ihre Benutzer- und Wartungsfreundlichkeit. »Zudem ermöglichen die In-Sight 9902 und 9912 mit Auflösungen von 2000 Pixeln pro Zeile bzw. 12 Megapixeln die optimalen Voraussetzungen für eine hochgenaue Inspektionsleistung und überzeugen durch konstante Auswertezeiten,« sagt Sebastian Paschun. Für den Endkunden bieten diese Smart-Kameras außerdem den Vorteil, dass sie einen modularen Aufbau des Gesamtsystems und dadurch bei Bedarf Erweiterungen oder eine Reduzierung der eingesetzten Kameras ermöglichen.

»Der Bezieher der Vials hatte zunächst keine konkreten Vorstellungen davon, wie gut die von uns vorgeschlagenen Kameras Defekte erkennen können. Nach der Inbetriebnahme der ersten Anlage mit dieser Bildverarbeitungs-Ausstattung bemerkte er damit Fehler, die er zuvor gar nicht kannte«, so Paschun. Dies führte dazu, dass die ursprünglichen Anforderungen an das System in Bezug auf die Fehlergröße während der Inbetriebnahme der Kameras von einer Fläche von 0,2 mm2 auf 0,02 mm2 geändert wurden. Die Entwickler von Visuelle Technik konnten diese angepassten, anspruchsvolleren Spezifikationen durch eine Optimierung der Algorithmik ohne Änderungen der Hardware in kürzester Zeit umsetzen.

Qualität rund um die Uhr

»Unser Kunde ist mit den Anlagen sowie der Fehlererkennung äußerst zufrieden«, freut sich Andreas Kirstein von Zahoransky. »Die Bildverarbeitungssysteme von Cognex und die perfekte Umsetzung durch Visuelle Technik haben wesentlichen Anteil an diesem Erfolg.« Die zehn vollautomatisierten Anlagen laufen beim Endkunden seit vielen Monaten mit einem Maschinentakt von ca. 30 Teilen pro Minute und können bei Bedarf Vials in vier unterschiedlichen Größen mit 2 ml, 6 ml, 10 ml und 20 ml an sieben Tagen die Woche rund um die Uhr produzieren - mit einer deutlich reduzierten Pseudoausschussrate. (uh)

Die In-Sight 9000-Serie von Cognex

In-Sight 9000 ist eine robuste Linie von Standalone-Bildverarbeitungssystemen mit extrem hoher Auflösung. Aufgrund der Fähigkeit, außergewöhnlich detaillierte Bilder zu erfassen und zu verarbeiten, bietet In-Sight 9000 eine extrem präzise Teilelokalisierung sowie die Messung und Prüfung auf großen Flächen - selbst bei einer Montage in größerer Entfernung. Zur Abbildung von sich ständig bewegenden oder stationären Objekten stehen Bildaufnahmeoptionen mit Zeilenscan und Flächenscan zur Verfügung. Eine umfassende Palette an Bildverarbeitungs-Tools, die über die In-Sight EasyBuilder-Schnittstelle konfiguriert werden können, bewältigt außerdem die unterschiedlichsten Anwendungen in vielen Branchen.

 


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