Neue Münchner Zentrale & Medica-Präsenz

Mehr Medizintechnik: Teoresi baut Deutschland-Geschäft aus

14. November 2024, 8:57 Uhr | Ute Häußler
Die neue Münchner Niederlassung am Leopold Campus ist der fünfte Standort der Italiener in Deutschland und soll künftig als zentraler Hub - auch für die Medizintechnik - dienen.
© Teoresi

Der italienische Entwicklungsdienstleister Teoresi stärkt seine Präsenz in Deutschland mit einer neuen Zentrale in München. Embedded Medizintechnik ist wichtiger Teil der Wachstumsstrategie, auf der Medica zeigen die Turiner anhand ihrer R&D-Aktivitäten zahlreiche Prototypen für Digital Health.

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Im Fokus der italienischen Entwicklungsingenieure steht das nachhaltige Wachstum in der Automobil- und Medizintechnik: Sowohl das neue Büro am Leopold Campus im Müchner Norden als auch der Messeauftritt in Düsseldorf verdeutlichen die strategische Bedeutung des deutschen Marktes für Teoresi, sagte Deutschland-CEO Francesco Cianelli, der die neuen Münchner Räumlichkeiten per Videokonferenz aus Italien eröffnete.

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COO Daniel Comarella zeichnet sich für die Entwicklung und Umsetzung der Deutschland-Strategie von Teoresi verantwortlich. Er freut sich auf den Ausbau des Münchner Büros und technologisch spannende Projekte in der Medizintechnik.
© Teoresi

»Deutschland ist nach Italien unser wichtigster Markt, und das neue Büro ist in diesem Kontext ein erneutes Bekenntnis zu unserer Wachstumsstrategie. Wir haben in den vergangenen Jahren sukzessive Büros in München, Stuttgart, Berlin und Ingolstadt eröffnet und mittlerweile rund 50 Mitarbeiter in Deutschland. In München laufen nun die Fäden unseres Geschäfts hierzulande zusammen, um mit Kunden vor Ort noch effizienter und persönlicher zusammenzuarbeiten.«

Für die Entwicklung und Umsetzung der Deutschland-Strategie zeichnet sich COO Daniel Comarella verantwortlich. In unserem vor Ort geführten Kurz-Interview konkretisiert er die Zielsetzung für die Medizintechnik.

Kurzinterview Daniel Comarella, COO Teoresi
  • Herzlichen Glückwunsch zum neuen Büro! Was sind die Ziele und Schwerpunkte für Teoresi hier in München und Deutschland?

Vielen Dank! Die neue, moderne Deutschlandzentrale soll als Hub dienen und neben einem Startup-Charakter mit viel Raum für Wachstum auch Wohlfühlatmosphäre bieten. Um unsere Kunden gut zu beraten und im Entwicklungsprozess bestmöglich zu unterstützen, brauchen wir motivierte und zufriedene Mitarbeiter. Wir möchten in den Bereichen Automobil, Bahntechnik und speziell Medizin weiter wachsen und stellen uns dazu breiter auf.

  • Welche Rolle spielt die Medizintechnik genau bei Ihnen?

Die Medizintechnik spielt für Teoresi eine zentrale strategische Rolle. Momentan macht der Automobilsektor etwa 60 Prozent unseres Geschäfts aus. Mit der Akquisition eines Medizintechnik-Entwicklers letztes Jahr und der Gründung des Bereichs Teoresi Medtech haben wir bereits begonnen, unseren Fokus verstärkt auf die Medizintechnik zu legen. Die aktuelle Dynamik der Branche Richtung Digital Health und der stabil wachsende Bedarf an Medtech-Technologien ist eine hervorragende Ergänzung zu unseren bestehenden automobilen Aktivitäten. Wir sehen eine Konvergenz der Technologien, die wir entwickeln, wie Computer Vision und Sensorik, die sowohl im Automobilbereich als auch in der Medizintechnik zum Einsatz kommen können. Stichwort personalisierte Medizin: Neben der rein klinischen Nutzung werden medizinische Systeme auch verstärkt im Auto zum Einsatz kommen, um die Gesundheit der Fahrer im Blick zu halten, und damit zum vernetzten 24/7-Monitoring von der persönlichen Vitaldaten beitragen.

  • Welche Zielkunden haben Sie im Medizintechnik-Bereich im Blick?
Wir richten uns auf Medizintechnik-OEMs und Zulieferer von medizinischen Embedded-Systemen aus. Hier um die Ecke sitzt gleich Livanova, mögliche Gesprächspartner wären auch Carl Zeiss, SMT Medical oder auch B.Braun. Wir arbeiten dazu eng mit unseren italienischen Kollegen zusammen, die den Markt schon gut kennen. Gerade planen wir das neue Jahr, ab 2025 werden wir den Medtech-Markt von München aus konsequent angehen und auch lokale Teams aus Medizintechnik-Experten aufbauen.
  • Welche Services bieten Sie Medizintechnik-Entwicklern in Deutschland?
Wir bieten End-to-End-Entwicklungsservices, also Unterstützung von Idee und Design über Validierung und Zertifizierung bis hin zur Fertigung. Wir können mit unserer Expertise hinsichtlich KI-Einbindung, Sensorik und Connectivity, HMI und Cybersecurity bis in die Cloud unterstützen. Das Medtech-Angebot ist dahingehend sogar umfangreicher als in der Automobilindustrie, da wir durch die angesprochenden Medtech-Akquise eigene Produktionskapazitäten für Kleinserien haben, was uns von anderen Ingenieurdienstleistern abhebt. Wir können Medizinprodukte also nicht nur prototypisch entwickeln, sondern auch bis zu einer gewissen Stückzahl fertigen. Das ist nicht nur speziell für KMU interessant, sondern auch für Firmen, die in die Medizintechnik expandieren.
  • Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg mit der neuen Niederlassung!

Wearables, KI und Tele-Reha: Digital Health von Teoresi

Auf der Medica stellte Teoresi seine Kompetenz als Entwicklungsdienstleister anhand vieler Protoypen und Digital Health-Projekte unter Beweis, die auf Home Care, eine verbesserte medizinische Diagnostik und Tele-Rehabilitation abzielen. Doch auch eine AR-Brille zum Training für Chirurgen wurde gezeigt. Alle gezeigten Medtech-Projekte nutzen entweder innovative Sensorik oder setzen auf medizinische Computer Vision.

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Für eine Messung des Venendrucks müssen Risikopatienten künftig nicht mehr unbedingt in eine Klinik oder Praxis fahren. Das Home Care-Gerät nutzt eine nicht-invasive neuartige Messmethode.
© WFM

Home Care-Gerät zur nicht-invasiven Messung des Venendrucks

Als »fertiges« Medizingerät stellte Teoresi an seinem Stand in Halle 12 der Medica »Vencom« vor, ein Akronym für »Venous Congestion Meter«. Patienten mit z.B. Herzinsuffizienz oder Hüftgelenksdysfunktion können ihren Venendruck und eventuelle Stauungen damit auch außerhalb von Kliniken und Arztpraxen überwachen und messen. Mit sehr einfacher Handhabung werden dazu zwei pneumatische Manschetten am Arm angelegt. Eine Verschlussmanschette befindet sich am Oberarm und ein empfindliches Element am Unterarm des Patienten. Diese Art der Messung des Venedrucks ist neuartig und verspricht eine kontinuierlichere Überwachung von Risikopatienten daheim und eine Zeitersparnis für Ärzte und das Gesundheitssystem. Denn der bisherige Goldstandard für diese Untersuchung basiert auf einem Katheter, der dem Patienten ambulant in eine große Vene eingeführt wird. Im Gegensatz dazu kann dieses Gerät die Messung des Venendrucks auf nicht-invasive Weise durchführen. Medizingeräte-Hersteller können dazu Alarm-Modi oder Connectivity-Funktionen zur telemedizinischen Behandlung eindesignen.

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Mit dem von Teoresi als Prototyp entwickelten Augmented Reality-System sollen Chirurgen Operationen im Vorfeld planen und üben.
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Tele-Rehabilitation: Training zuhause

Das ausgestellte Telerehabilitationssystem, welches künstliche Intelligenz über das MediaPipe Toolkit von Google nutzt, soll eine »Reha zu Hause« unterstützen. Der Patient muss lediglich ein kleines Kamerasystem einrichten. Das dort arbeitende Embedded Vision-System nutzt 33 Schlüsselpunkte am menschlichen Körper zur Erkennung und leitet körperliche und kognitive Übungen an bzw. gibt Feedback zur richtigen Ausführung der Therapie. Die Daten des Reha-Verlaufs können zur weiteren Analyse an Ärzte weitergeleitet werden.

AR-Brille: Virtuelles Training für Chirurgen

Für die chirurgische Ausbildung stellte Teoresi ein Augmented-Reality-Projekt (AR) vor. Mit Hilfe eines Mixed-Reality-Headsets ermöglicht das AR-System den Auszubildenden in der Medizin, chirurgische Eingriffe in einer virtuellen Umgebung zu üben. Diese immersive Trainingslösung ermöglicht es den Benutzern, mit virtuellen Objekten zu interagieren und ihre Fähigkeiten »ohne Risiko am Patienten« zu verbessern.

Individuell anpassbarer Prototyp für Wearables

Eine weitere Entwicklung ist das Wearable »Remedy«, das sich noch in der Prototypenphase befindet. Das am Körper zu tragende kleine Geräte ist für die kontinuierliche Überwachung von Vitaldaten wie EKG und Bioimpedanz konzipiert und kommuniziert über Bluetooth mit einer App. Sein modularer Aufbau ermöglicht die Einbindung diverser Sensorik und Messungen und damit für Medizintechnikfirmen Entwicklung verschiedener Medizinprodukt-Varianten und die Anpassung an die verschiedene Patientengruppen.

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Die individuell anpassbare Remedy-Plattform für Wearbles eignet sich für die Konzeption modularer Medizinprodukte.
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Unabhängig, welche Sensoren und Parameter gewählt werden, sammelt Remedy die klinische Informationen und speist diese in eine einzige IoMT-Plattform ein. Ein erstes konkretes Projekt ist die personalisierte Betreuung von Senioren bzw. Patienten, die an mehreren, oftmals chronischen Krankheiten leiden. Ein weiteres Gebiet, in dem Teoresi den Einsatz tragbarer Geräte testet, ist die Parkinson-Therapie: Die entsprechende Technologie erkennt die Bewegung des Arms und stimuliert die Muskeln, um den Tremor zu verhindern oder zu verringern.

Künstliche Intelligenz für bessere Diagnostik

Im Kontext des Innovation Hub Life Science hat Teoresi den Algorithmus für das Projekt »AI ECG« entwickelt. Das Projekt wird die Bildgebung bei der Analyse von Elektrokardiogrammen durch Verwendung künstlicher Intelligenz verbessern, um die Erkennung von Herzrhythmusstörungen zu automatisieren und so die Diagnose zu unterstützen.

KI kommt auch bei weiteren Projekten im Bereich der medizinischen Bildgebung zum Einsatz. So werden Bilder und Videos, die von einem Echokardiographen erzeugt werden, analysiert. Beide Forschungsbereiche fallen unter den Begriff DSS (Entscheidungsunterstützungssysteme) und dienen dazu, die Arbeit des medizinischen Personals zu verbessern, menschliche Fehler zu reduzieren und dem Arzt Hinweise auf Probleme zu geben, die genauer untersucht werden müssen.

Lab-on-Chip für Blutanalyse bei Hirnverletzungen

Teoresi arbeitet zudem mit dem Startup INTA und der Universität Pisa an einem tragbaren Gerät zur Diagnose von traumatischen Hirnverletzungen. Dieses Gerät verwendet Sensoren auf Nanotechnologiebasis zur Erkennung von Biomarkern und setzt maschinelles Lernen zur Datenanalyse ein, was im Gegensatz zu bisher eingesetzten CT-Scans eine schnellere und dennoch sehr genaue Diagnose in Notfallsituationen verspricht.

Entwicklung für Medizintechnik-OEMs und Digital Health

Mit diesen exemplarischen medizinischen Projekten und seiner gestärkten Deutschland-Präsenz will Teoresi Medtech-OEMs und dezidierten System-Zulieferen bei der Entwicklung und beschleunigten Time-to-Market von neuartigen und digitalen Medizingeräten zur Seite stehen und damit die menschen- und patientenzentrierte Gesundheitsversorgung über vernetzte Digital Health-Produkte vorantreiben. (uh)

www.teoresigroup.com


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