Die deutsche Medizintechnik ist mit wachsenden Herausforderungen konfrontiert, wie aktuelle Daten der Branchenverbände BVMed und Spectaris zeigen. Das Wachstum fällt bescheiden aus und trotz ihrer Bedeutung als Jobmotor und Innovationstreiber kämpft die Branche mit gegen Standortnachteile.
Die deutsche Medizintechnikbranche steht unter Druck: Laut der BVMed-Herbstumfrage 2024 erwarten die Mitgliedsunternehmen für das laufende Jahr nur noch einen Umsatzanstieg von 1,2 Prozent in Deutschland - ein deutlicher Rückgang gegenüber dem Vorjahreswert von 4,8 Prozent. Spectaris rechnet rechnet für 2024 mit einem Gesamtumsatz von rund 41 Milliarden Euro und einem Anstieg um 1,6 Prozent.
»Insbesondere im Inland gerät der Wachstumsmotor Medizintechnik ins Stocken.« |
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Marcus Kuhlmann, Leiter der Medizintechnik bei Spectaris |
Als Hauptgründe für die angespannte Situation nennen die Unternehmen steigende Kosten und zunehmende bürokratische Belastungen. 78 Prozent der vom BVMed befragten Unternehmen beklagen den wachsenden Verwaltungsaufwand, 72 Prozent die gestiegenen Personalkosten.
»Ein Grund für den Attraktivitätsverlust des Standorts sind die stark steigenden Kosten beispielsweise durch hohe Energiepreise, aber vor allem auch durch überbordende Bürokratie und Regulatorik«, fasst der BVMed zusammen.
Insbesondere auf dem deutschen Markt stelle die finanzielle Schieflage vieler deutscher Kliniken eine Herausforderung dar, wie Spectaris aufzeigt. Bei den Pflegeeinrichtungen sehe das Bild nicht anders aus. Investitionen in moderne Medizintechnik, die den Patientinnen und Patienten zugutekommen, würden aus diesen Gründen zurückgehalten. Sorgen bereite der Branche auch die geplante pauschale Beschränkung von Hochleistungswerkstoffen auf Basis von Per- und Polyfluoralkylsubstanzen (PFAS), wodurch die Gefahr besteht, dass zahlreiche Medizinprodukte vom Markt verschwinden.
Angesichts dieser Entwicklung fordern die Branchenverbände politische Unterstützung. BVMed-Vorstandsvorsitzender Mark Jalaß appelliert an die Bundesregierung:
»Wir brauchen ein klares Bekenntnis der Politik zum Medizintechnik-Standort Deutschland. MedTech muss in allen Versorgungsbereichen und Reformvorhaben berücksichtigt werden«.
Konkret fordert der BVMed eine eigenständige MedTech-Strategie mit ressortübergreifenden Maßnahmen, darunter eine (bereits angestoßene) Verbesserung der EU-Medizinprodukte-Verordnung und bessere Unterstützung für Innovation.
Trotz der Herausforderungen sehen die Verbände weiterhin Wachstumschancen, insbesondere auf internationalen Märkten. Im Ausland verzeichnete die deutsche Medizintechnik in den ersten acht Monaten 2024 ein Plus von rund 3,5 Prozent.
»Wachstumschancen sind also weiter vorhanden. Damit die Unternehmen wieder wettbewerbsfähiger werden und dieses Potenzial vollumfänglich erschließen können, sind jedoch bessere Rahmenbedingungen erforderlich«, betont Kuhlmann. Die deutsche Medizintechnikbranche bleibe trotz der aktuellen Schwierigkeiten ein wichtiger Wirtschaftsfaktor und Innovationstreiber. (uh)