ChatGPT statt Krankenkassen-App

Selbstdiagnose: Dr. KI ist auf dem Vormarsch

11. September 2025, 17:21 Uhr | mit Material der dpa (uh)
KI ist nicht nur unter Patienten beliebt: Eine Radiologin im Unfallkrankenhaus Berlin betrachtet in einer KI-basierten App auf einem Tablet Gehirnbilder eines Patienten. Um Schlaganfallpatienten in Akutsituationen künftig noch schneller zu versorgen, möchte das Unfallkrankenhaus Berlin den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) ausbauen.
© dpa Bildfunk

Wer krank wird, hat nicht nur mit den Symptomen selbst zu tun - auch Ängste vor möglichen Diagnosen spuken vielfach im Kopf herum: Ist es schlimm? Sorgen sind menschlich und jeder vierte Deutsche sucht zunehmend Rat bei KI. Auch Ärzte und Krankenhäuser setzen verstärkt auf Künstliche Intelligenz.

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25 Prozent der deutschen Bevölkerung nutzt KI-gestützte Anwendungen zur Selbstdiagnose oder zur Klärung medizinischer Fragen. Das zeigt eine aktuelle Studie der Unternehmensberatung Deliotte zur Digitalisierung im Gesundheitswesen. Während der Wert im Vorjahr noch bei 9 Prozent lag, wenden sich ein Jahr später fast dreimal soviele Menschen bei Gesundheitsfragen an eine Künstliche Intelligenz. An der repräsentativen Umfrage nahmen 1.120 Erwachsene teil.

Obwohl Datenschutz in Deutschland eigentlich ein wichtiges Thema für Nutzer und Nutzerinnen ist, bevorzugen die meisten befragten Personen nicht die Symptom-Checker ihrer Krankenkasse oder vertrauenswürdiger medizinischer Einrichtungen: Am häufigsten wurden demzufolge allgemeine KI-Programme wie ChatGPT zu Gesundheitsfragen herangezogen. Deloitte führt dies darauf zurück, dass diese Chatbots besonders leicht zugänglich und für vielfältige Fragestellungen einsetzbar sind.

Gespaltene Ansichten zu Gesundheits-KI

Die Studie zeigt aber auch die kontroverse Sicht auf KI in der Medizin. Etwa die Hälfte der Befragten (49%) sieht in KI eher eine Chance für die Verbesserung der Medizin, während 30 Prozent eher Risiken befürchten und 21 Prozent unentschlossen bleiben. Dem Einsatz von KI in der klinischen Praxis begegnet ein erheblicher Teil der Bevölkerung mit Skepsis. So äußern 41 Prozent Vorbehalte, wenn Mediziner KI bei der Diagnosestellung heranziehen, und 46 Prozent sehen die KI-gestützte Therapieplanung kritisch.

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Dagegen akzeptiert eine breite Mehrheit von über zwei Dritteln den Einsatz von KI-gestützten Apps für administrative Aufgaben wie Abrechnung und Terminmanagement, da solche Anwendungen den Gesundheitsalltag effizienter gestalten können.

Steigende Akzeptanz für Datenfreigabe

Parallel zur stärkeren Verbreitung von KI steigt auch die Bereitschaft, persönliche Gesundheitsdaten zu teilen – etwa für medizinische Forschung, Auswertungen oder digitale Dienstleistungen. Aktuell ist etwa die Hälfte der Befragten dazu bereit, was einem Zuwachs von 12 Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahr entspricht. Ein Boost für diese Entwicklung und die gesamte Transformation des Gesundheitswesens war die Corona-Pandemie. Die Deloitte-Studie beschreibt einen Wechsel hin zur sogenannten »P4-Medizin« – also vorausschauend (predictive), präventiv, personalisiert und partizipativ. Dazu gehören digitale Therapien, KI-gestützte Diagnostik, Remote Patient Monitoring (RPM) und eine stärkere Vernetzung der Gesundheitsdaten. Laut der Befragung steigt infolge dieser Entwicklung oder zumindest als Wechselwirkung auch die Akzeptanz der elektronischen Patientenakte (ePA) und anderer digitaler Gesundheitsanwendungen. Dennoch gibt es weiterhin Aufholbedarf im Vergleich zu internationalen Vorreitern wie Dänemark oder Israel.

Der deutsche Markt für medizinische KI wird derzeit auf über 300 Millionen US-Dollar geschätzt und soll bis 2030 auf mehr als sechs Milliarden US-Dollar anwachsen (jährliches Wachstum von über 30 Prozent). Die hohe Akzeptanz spiegelt sich auch in den medizinischen Einrichtung langsam wider: Studien von Bitkom und weiteren Branchendiensten zeigen, dass 15 Prozent der ambulanten Praxen und 18 Prozent der Krankenhäuser bereits KI einsetzen – etwa für Diagnoseunterstützung, Bildauswertung und Praxisverwaltung. Besonders Krankenhäuser setzen auf den erhofften Effizienzboost: seit 2022 hat sich der KI-Einsatz in Kliniken verdoppelt.

Mensch muss Entscheider und entscheidend bleiben

Dass KI in den kommenden Jahren eine zunehmend unterstützende Rolle bei medizinischen Entscheidungen spielen wird, ist unter den meisten Experten unbestritten. Rund 78 Prozent der Ärzte beurteilen KI als große Chance, und 70 Prozent befürworten KI zur Unterstützung von Diagnosen und Therapieentscheidungen. Wichtig dabei: Der Arzt muss als Mensch und Entscheider im Mittelpunkt bleiben. KI wird vor allem als hilfreich angesehen, um die Arbeitsbelastung zu reduzieren und Prozesse effizienter zugestalten. (uh)

 

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