KI in der Medizintechnik unterstützt Ärzte für genauere Diagnosen. Da KI-Algorithmen große Datenmengen in Echtzeit verarbeiten, sind rechenstarke Medical Computer am Edge nötig. Neue Computer-on-Modules (COMs) nutzen Intel Core Ultra Prozessoren, die CPU, GPU und NPU auf einem Chip integrieren.
Viele Medizingerätehersteller haben sich als Early Adopter lange vor »der breiten Masse« dem Thema künstliche Intelligenz (KI) angenommen und setzen Machine Learning und KI-Systeme schon seit vielen Jahren oder gar Jahrzehnten ein.
Mit der Verfügbarkeit von Hardwarekomponenten mit ständig höheren Rechenleistungen und der Entwicklung performanter Algorithmen konnten die Hersteller von Medtech-Geräten erstmals in den 1990er-Jahren bildgebende Verfahren für die medizinische Diagnostik und die Analyse medizinischer Daten mit Methoden der KI deutlich verbessern.
In den 2000er-Jahren ermöglichte das Aufkommen von Machine Learning zum Trainieren von KI-Algorithmen komplexere Bildanalysen und es konnten beispielsweise rechenstarke Systeme für die Radiologie entwickelt werden. Weitere Fortschritte in der Bildverarbeitung sowie bei der Analyse großer Datenmengen erzielen die Gerätehersteller seit den 2010er-Jahren.
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KI ist aus der Radiologie kommend mittlerweile in ein breites Spektrum an Medizingeräte eingezogen und etabliert sich weiter als zukünftiger Basisbaustein; insbesondere in Equipment für die bildgebende Diagnostik (Medical Imaging) mit hochperformanten Geräten wie MRT und CT (Bild 1) sowie kleineren performanten Systemen wie
Ultraschall-, Röntgen- und Endoskopieapparaten, aber auch Mammografie-Screening-Geräten. Für eine zügige Embedded-Entwicklung, Skalierung und Upgrade-Fähigkeit bieten sich modulare Konzepte an, wie das Referenzbeispiel von Congatec.
Besonders stark mit KI-fähigen Computer-on-Modules vertreten ist Congatec in mobilen Ultraschall- und Röntgengeräten (Bild 2) sowie in Patienten-Monitoring-Systemen und OP-Robotern. Darüber hinaus befinden sich die Computer-on-Modules (COMs) aus Deggendorf auch im Laborbereich in unterschiedlichen Blutanalysegeräten und Genomsequenzern im Einsatz.
Computer-on-Modules werden aber nicht nur in Geräten der medizinischen Diagnostik genutzt. Auch in Beatmungsgeräten finden sie Einsatz (Bild 3, unten). Hier verhelfen sie den Systemen zu intelligenten Algorithmen, die automatisch die optimalen Beatmungseinstellungen für den Patienten herstellen. Darüber hinaus analysieren sie kontinuierlich die wichtigen Patientendaten und passen Parameter wie Atemfrequenz, Tidalvolumen und Sauerstoffzufuhr an.
Die Entwicklung, Anwendung und Bedeutung der KI in der Medizintechnik hat
erst in den vergangenen zehn Jahren deutlich an Fahrt gewonnen und wird durch kontinuierliche Fortschritte in der Computertechnik, aber auch durch Optimierungen bei KI-Algorithmen vorangetrieben.
MRT-Scans in unter einer Minute
So ermöglicht ein neuer KI-Algorithmus für die Magnetresonanztomographie (MRT) Scans in unter einer Minute. Dies verkürzt die Zeit, in der sich Patienten im MRT aufhalten müssen. Das als Super bzw. Upscaling bekannte Scan-Verfahren kommt mit weniger Bildern als bisher aus, da die zuvor trainierte KI wenige Einzelbilder zu einem hochauflösenden Gesamtbild interpoliert. Ebenfalls kann die KI verschwommene Bildbereiche selbstständig schärfen und dabei eine hohe Genauigkeit erzielen.
KI-basierte Endoskopiegeräte
Auch Endoskopiegeräte arbeiten bereits mit KI, federführend ist hier Medtronic mit Zulassung für den europäischen Markt. Systeme wie das GI Genius können den Arzt während der Untersuchung darauf hinweisen, dass er z. B. eine Läsion übersehen hat und seine Aufmerksamkeit gezielt an diese Stelle im Darm lenken. Damit dies in Echtzeit erfolgen kann und trainierte Modelle schnell ausgeführt werden können, ist eine hohe Inferenzleistung erforderlich. Ärzte erhalten mit KI-basierten Endoskopiegeräten ein Werkzeug, mit dessen Hilfe sie bessere und genauere klinische Ergebnisse erzielen und Patienten besser versorgen können.
Damit medizinische Geräte die von ihnen geforderte KI-Performance erreichen können, waren bisher dedizierte GPGPU-Rechenbeschleuniger nötig, die häufig über den klassischen PCIe-Slot eingebunden wurden und verhältnismäßig groß und leistungshungrig sind. Oder es sind kleinere KI-Beschleunigerkarten, die in einen M.2-Steckplatz eindesignt sind, erforderlich.
Da immer mehr Prozessorhersteller ihr Chip-Portfolio an die Anforderungen der künstlichen Intelligenz anpassen und KI-Funktionen in ihre Produkte integrieren, lassen sich jetzt viele medizinische Anwendungen ohne zusätzliche Beschleunigerkarten einfacher und schneller als bisher und mit niedrigeren Gesamtkosten (TCO) realisieren.
CPU, GPU und NPU erstmals auf einem Chip
Ein gutes Beispiel dafür ist die erste Generation der Intel Core Ultra Prozessoren (Bild 4). Diese integrieren neben der eigentlichen CPU sowie der besonders rechenstarken GPU (Graphic Processing Unit) erstmals auch eine NPU (Neural Processing Unit). Bei KI-Anwendungen mit hohen Anforderungen an die Rechenleistung lassen sich CPU, GPU und NPU gemeinsam nutzen. Bei KI-Modellen, die beispielsweise sehr stromsparend und mit hoher Performance pro Watt arbeiten müssen, lässt sich ein KI-System optimieren, sodass es nur auf der NPU läuft.
Die neue NPU in den Meteor Lake Prozessoren führt Machine-Learning-Algorithmen und KI-Inferenz etwa 20-mal energieeffizienter aus als Standard-x86-Befehlssätze. Für die Bildklassifizierung können Applikationen aber auch die Grafikeinheit als General-Purpose-GPU (GPGPU) nutzen. Sie erreicht ein Performanceniveau, wie man es von diskreten Grafikeinheiten gewohnt ist und erreicht eine 1,9-mal schnellere Grafik- bzw. GPGPU-Verarbeitung für ein detaillierteres, aussagekräftigeres und intensiveres Anwendererlebnis.
Mit standardisierten Computer-on-Modules, insbesondere COM Express, lassen sich die neuen KI-Funktionen auf einfache Weise implementieren, ohne dass Medtech-Entwickler bestehende Designs ändern müssen.
Da sich der Trend hin zu KI und deren Anwendungsfälle weiterentwickeln, gibt
die Flexibilität einer COM- und Carrierboard-Lösung den Entwicklern die Freiheit, ihre Medizinprodukte in zwei einfachen Schritten mit minimalem Integrationsaufwand und eventuellen Modifikationen der Software an neue Rechenanforderungen anzupassen. Sprich, das alte Modul ausstecken, das neue einstecken und fertig.
Ein Computer-on-Module, welches über die genannten Eigenschaften verfügt und sich für anspruchsvolle KI-Workloads am Edge eignet, ist das conga-TC700. Das COM-Express-Typ-6-Compact-Modul mit Intel Core Ultra Prozessoren (Codename Meteor Lake) integriert alle KI-Funktionen für die genannten Applikationen.
Befunde automatisiert generieren
Aufgrund der langen Verfügbarkeit von zehn Jahren und der Tatsache, dass sich Applikationen auf Basis des offenen Standards COM Express auf einfache Weise aufrüsten lassen, eignet es sich speziell für vertikale Medizinmärkte und deren Anwendungen. So ermöglicht das conga-TC700 beispielsweise leistungsfähiges Echtzeit-Computing und bietet leistungsstarke KI-Funktionen für Anwendungen wie OP-Roboter, Diagnosesysteme und hochauflösende Diagnose-Workstations für Radiologen. Letztere identifizieren kritische Befunde automatisiert und können somit medizinisches Fachpersonal unterstützen.
Ergänzend zu den neuen Edge-KI-Möglichkeiten der Intel-Core-Ultra-Plattform bietet Intel darüber hinaus mit dem Software-Framework Intel Geti eine umfassende Plattform für die Erstellung leistungsfähiger Computer-Vision-Modelle. Entwickler profitieren von einem einheitlichen Ökosystem, das sich vom Machine Learning in der Cloud bis zu den KI-beschleunigten Edge Devices spannt.
Mit dem Open Source Software Toolkit Intel Openvino lassen sich bereits entwickelte und in der Regel hardwarespezifische KI-Modelle unabhängig von deren Erstellungsort optimieren sowie auf die Plattform des Kunden übertragen und höchst effizient anwendbar machen. Openvino kümmert sich optional auch um die Arbeitsverteilung und entscheidet, welche Aufgaben von CPU, GPU und NPU übernommen werden sollen.
Unterstützung für Medizingeräteentwickler
Ein umfangreiches Ecosystem und Design-in-Services vereinfachen und beschleunigen die Applikationsentwicklung. Bei Congatec zählen dazu unter anderem Evaluierungs- sowie serientaugliche und applikationsfertige Carrierboards und maßgeschneiderte aktive und passive Kühllösungen. Zu den Services der bayerischen Embedded-Spezialisten gehören umfangreiche Dokumentationen, Schulungen und Signalintegritätsmessungen für die Applikationsentwicklung. Darüber werden auch Stoß- und Vibrationstests für kundenspezifische Systemdesigns, Temperatur-Screening und Highspeed-Signalkonformitätstests durchgeführt.
In der Medizintechnik ist die KI schon deutlich länger ein Thema als in anderen Industrien. KI wird sogar als das neue Betriebssystem für Medizingeräte gehandelt. Jüngste Fortschritte in der Halbleitertechnologie haben Mikroprozessoren mit besonders hohen Rechen- und Grafikleistungen hervorgebracht, mit eigener integrierter NPU-Einheit, die Diagnosen schneller, genauer und energiesparender als bisherige Produkte erstellen können. Werden sie über Computer-on-Modules eindesignt, werden die heute KI-gestützten Medizingeräte höchst zukunftsfähig, denn durch einen einfachen Modultausch lassen sich kommende Technologien einfach einbinden. (uh)