M&T-Forum »Obsolescence Management«

Strategien zur Risiko-Minimierung

7. November 2016, 14:20 Uhr | Erich Schenk
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Software-Obsolescence

Infineon, Konrad Bechler
Konrad Bechler, Infineon Technologies: »Bei mir sind aktuell Produktfälschungen das große Thema, das mit Obsolescence einhergeht: Sind Produkte nicht mehr verfügbar, wo holt man sie dann her?«
© Markt & Technik
DigiKey, Hermann Reiter
Hermann Reiter, DigiKey Electronics Germany: »Angesagt ist das Umdenken in andere Technologien, mehr Modulbauweise, mehr Black Boxen, die sich miteinander verheiraten.«
© Markt & Technik

Obsolescence ist nicht nur auf Bauelemente beschränkt, »auch bei Software ist das ein Thema«, sagt Heinbach. Als Beispiel führt er die Steuerung einer Lokomotive an: »Wenn man die Lizenz für ein kleines Betriebssystem nicht mehr bekommt, muss die Hardware ausgetauscht werden, dann ist man voll in der Obsolescence.« Vor allem die Verschränkung von klassischer Hardware und Software, die ganz stark im Consumersegment, aber auch in der Industrie vorhanden ist, bereite Probleme: »Wenn ein Baustein wegfällt - aus welchen Gründen auch immer -, dann funktioniert es nicht mehr.« Ein großer Kunde von Software könne unter Umständen den nötigen Druck aufbauen, um doch noch eine Lizenz zu bekommen, »was aber macht das KMU, das leidet massiv darunter«, pflichtet Wagner bei.

Proaktiv statt reaktiv

Um sich nun aber nicht immer nur reaktiv bei Produktänderungen und Abkündigungen zu verhalten, sondern proaktiv, ist Reiter zufolge »das Umdenken in andere Technologien angesagt, also mehr Modulbauweise, mehr Black Boxen, die sich miteinander verheiraten«. In diesem modularen Ansatz statt der bislang entwickelten Platine als Funktionsblock sieht auch Ulrich Ermel, Director New Business Development bei Puls GmbH, einen Weg für die nachhaltige Produktentwicklung: »Dieses Prinzip, abstrahiert auf einen höheren Modularitätsgrad mit besserer Schnittstellenbeschreibung und gut durchzertifizierten, vorgefertigten und vorgeprüften einzelnen Modulen, die man dann nur noch zusammensetzt, das könnte funktionieren.«

Bedenken hat allerdings Dr. Jörg Berkemeyer, Electronic Parts Solution der IHS Global GmbH: »Für Hersteller ist die Modulnutzung recht gefährlich, denn sie können für das Modul keine vernünftige Deklarationen abgeben.« Im übrigen gebe es viele, die wissen wollten, was in dieser Black Box drin sei. In puncto Halbleiter-Chips führt Konrad Bechler, Security Consultant Infineon Technologies AG, an: »Mit der Abkündigung fallen unsere Rechte ja nicht weg, aber Firmen können sie kaufen und nachproduzieren – das ist ein gegenseitiges proaktives Vorgehen.« Damit schaffe man eine Möglichkeit, das eine oder andere Produkt längerlebig verfügbar zu machen.

Wann Redesign?

Damit ein Hersteller nicht erneut in die teure, zeitintensive Nachzertifizierung gehen muss, schlägt Ermel als Obsolescence-Strategie vor, »gleich mehrere Bauteile qualifizieren und zertifizieren zu lassen«. Auch Kälber haut in dieselbe Kerbe, bei Unternehmen, deren Produkte nicht in großer Serie laufen, »verursachen die Qualifikationen und die Zulassung den großen Aufwand, nicht das reine Reegineering«. Angenehme Folgen des Redesigns seien, dass man am Ende sogar Geld sparen könne und den Lebenszyklus der Key-Komponenten verlängert. Problematisch werde es beim Controller wegen der Software, weil hier der Engineering-Aufwand hoch sei: »So etwas muss relativ früh in der Entwicklung berücksichtigt werden.«

Zweischneidig beurteilt hingegen Bartel das Thema: »Redesign ja, wenn’s die Kosten senken kann, aber wer sagt mir, dass der neue Controller die nächsten 5 Jahre geliefert wird?« Bei einem Mittelständler wie bebro ist das laut Sommer »nicht in den Köpfen drin, es gibt keine Geldtöpfe dafür«. Hellsehen könne keiner, wann der richtige Zeitpunkt fürs Redesign sei: »Früher hat man gesagt: Wenn ein Produkt anfängt, Geld zu verdienen, muss man anfangen, den Nachfolger zu machen, jetzt habe ich Kohle dafür.«

IHS, Dr. Berkemeyer
Dr. Jörg Berkemeyer, IHS Global: »Wir sind ein großer Informationsanbieter, mit dessen elektronischer Bauteiledatenbank unsere Kunden ihr Obsolescence Management organisieren.«
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  1. Strategien zur Risiko-Minimierung
  2. Software-Obsolescence
  3. Fehlendes Bewusstsein
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