Entscheidungshilfe für Entwickler

RP2040 und Raspberry Pi 5 – die Unterschiede

9. Januar 2024, 10:30 Uhr | Von Giampiero Baggiani, Leiter Softwareentwicklung, Sfera Labs
Der Raspberry Pi Pico mit dem RP2040 Microcontroller sowie der neue Raspberry Pi 5.
© SferaLabs

Der eigens von Raspberry Pi entwickelte Mikrocontroller RP2040 verbindet die Werte des Raspberry Pi – hohe Leistung, niedrige Kosten und Benutzerfreundlichkeit – mit einer MCU. Seit Kurzem ist zudem der neue SBC Raspberry Pi 5 auf dem Markt. Doch welches Produkt eignet sich für welche Applikation?

Diesen Artikel anhören

Ein Mikrocontroller ist – vereinfacht ausgedrückt – ein kleiner Computer auf einem einzigen integrierten Schaltkreis (IC), der einen Mikroprozessor, Speicher sowie Ein-/Ausgabe-Peripheriegeräte umfasst. Er wurde entwickelt, um bestimmte Aufgaben zu steuern und Funktionen und Rechenoperationen in einem kompakten Formfaktor auszuführen. Die Hauptaufgabe des Mikrocontrollers (MCU) besteht darin, andere Geräte zu steuern und mit der Umgebung zu interagieren, indem er Sensordaten erfasst, sie verarbeitet und entsprechende Ausgangssignale auslöst.

Bei Mikrocontrollern sind im Vergleich zu einem Computer sowohl die Verarbeitungsleistung als auch die Speicherkapazität begrenzt, aber gerade hierdurch eignen sie sich ideal für kleine, energiesparende und kostengünstige Embedded-Systeme. Im Gegensatz zu Computern sind Mikrocontroller für das Ausführen einer einzigen Anwendung optimiert und benötigen weder ein Betriebssystem noch eine grafische Benutzeroberfläche (GUI).

passend zum Thema

Blockschaltbild des RP2040
Bild 1: Das Blockschaltbild des RP2040 in der Übersicht.
© SferaLabs

RP2040 als Raspberry-Pi-Alternative – klein und effizient

Der in einem 40-nm-Prozessknoten gefertigte RP2040 kombiniert eine hohe Leistung mit einer niedrigen dynamischen Leistungsaufnahme und verfügt über eine Reihe von Energiesparmodi. Sie ermöglichen einen längeren Einsatz im Batteriebetrieb. Mit einem großen On-Chip-Speicher, einem Dual-Core-Prozessor und einem umfassenden Peripheriesatz – ergänzt durch ein programmierbares I/O-(PIO)-Subsystem – bietet er professionellen Anwendern ein hohes Maß an Leistung und Flexibilität. In Bild 1 sind die wichtigsten Funktionsblöcke des ICs dargestellt. Der Baustein verfügt unter anderem über:

  • Dual Arm-Cortex-M0+-Kern, der mit 133 MHz arbeitet
  • 264 kB On-Chip-SRAM
  • bis zu 16 MB Off-Chip-Flash-Speicher
  • UARTs
  • SPI-Controller
  • I2C-Controller
  • 16 PWM-Kanäle
  • USB 1.1-Controller und PHY mit Host- und Geräteunterstützung
  • vier der 30 GPIO-Pins als Analogeingänge verwendbar

Dank seines kleinen Formfaktors, der geringen Leistungsaufnahme sowie der hohen Leistung eignet sich der RP2040 für viele IoT- und Embedded-Applikationen, einschließlich offener Lösungen für die Automation und Steuerung. Er ermöglicht das Programmieren in C/C++ sowie MicroPython und gewährleistet die Kompatibilität mit verschiedenen Entwicklungsumgebungen (IDEs), einschließlich Visual Studio Code und Arduino IDE. Die Softwareentwicklung wird mithilfe einer Drag-and-Drop-Programmierung mit Massenspeicher über USB und On-Chip-Bootloader vereinfacht. Alle für den RP2040 verfügbaren Programmierressourcen, Tools, Beispiele sowie der umfangreiche Community-Support lassen sich für das Entwickeln professioneller Applikationen nutzen. Hierzu zählen unter anderem Open-Source-Bibliotheken und -Anwendungen, die von Unternehmen wie Sfera Labs entwickelt wurden und auf GitHub verfügbar sind.

Tabelle. Technische Daten des Raspberry Pi 5 und des RP2040.

Raspberry Pi 5 RP2040
Arm-Cortex-A76-Quad-Core-CPU mit 2,4 GHz Dual-Core Arm-Cortex-M0+-Kern mit 133 MHz
VideoCore VII GPU 264 kB On-Chip-SRAM
4 GB oder 8 GB SDRAM Bis zu 16 MB Off-Chip-Flash-Speicher
2x USB 3.0, 2x USB 2.0 2x UARTs
2x MIPI 2x SPI-Controller
1x PCIe2.0 x1 2x I2C-Controller
Wi-Fi 802.11ac 16 PWM-Kanäle
Bluetooth 5.0, BLE 1x USB-1.1-Controller und PHY mit Host- und Geräteunterstützung
Micro-SD-Kartenleser

30 GPIO-Pins, 4 davon als Analogeingänge nutzbar

LAN 10/100/1000 Mbit/s mit PoE  
2x HDMI  
1x UART  
1x SPI  
1x I2C  

 

Tabelle. Technische Daten des Raspberry Pi 5 und des RP2040.


Neue Features mit Raspberry Pi 5

Im Gegensatz zum RP2040 ist der Raspberry Pi 5 ein Einplatinencomputer, auf dem das komplette Betriebssystem läuft, zum Beispiel Raspberry Pi OS oder andere Linux-basierte Distributionen. Das Maker Board bietet im Vergleich zu früheren Raspberry-Pi-Versionen eine deutliche Steigerung der Prozessorgeschwindigkeit, der Multimedia-Leistung, des Speichers und der Konnektivität, behält hierbei jedoch die Abwärtskompatibilität bei und arbeitet mit einer vergleichbaren Leistungsaufnahme.

Zu den wesentlichen Merkmalen des Produkts zählen ein 64-Bit-Quad-Core Arm-Cortex-A76-Prozessor mit einer Taktfrequenz von bis zu 2,4 GHz, bis zu 8 GB RAM und eine Reihe von I/O-Peripheriegeräten wie GPIO, USB, Ethernet und HDMI. Dank Dual-Display-Unterstützung für Auflösungen von bis zu 4K und integrierter Hardware-Videodekodierung sowie integriertem Dual-Band-WLAN und Bluetooth ist der Raspberry Pi 5 ein vielseitiger Computer mit einer Leistung, die mit der von x86-PC-Systemen der Einstiegsklasse vergleichbar ist. Hiermit kann er für eine Vielzahl von Anwendungen wie Programmierung, Web-Entwicklung, Media Center und Spiele verwendet werden.

Auch hier bedeutet ein umfangreiches Ökosystem an Tools und Support, dass Sensor- und Steuerungsapplikationen schnell und kostengünstig erstellbar sind, während es die modulare Konformitätszertifizierung für drahtlose und LAN-Kommunikation ermöglicht, das Board in Endprodukte mit deutlich reduzierten Konformitätstests einzubauen, was sowohl die Kosten als auch die Markteinführungszeit verbessert.

Produktlinie von Sfera Labs
Bild 2: Die Produktlinie von Sfera Labs: Industrieserver, I/O-Module (SPS) und integrierte Sensoren auf Basis von Raspberry-Pi-Mikrocontrollern und Single-Board-Computern.
© SferaLabs

Microcontroller, SBC oder beides?

Die Entscheidung zwischen einem Raspberry Pi und einem RP2040 hängt letztendlich von den spezifischen Anforderungen des jeweiligen Projektes ab. Hierbei sind viele Faktoren – von der Leistung bis zum Energieverbrauch, vom Formfaktor bis zum Funktionsumfang und von der Unterstützung von Protokollen bis hin zu den verfügbaren Schnittstellen – zu berücksichtigen.

Der RP2040 ist eine gute Wahl für Entwickler, die eine Echtzeitleistung und einen minimalen Energieverbrauch anstreben – ein Schlüsselfaktor für batteriebetriebene IoT-Applikationen – da seine Low-Level-Architektur und das Fehlen eines Betriebssystems vorhersehbare und deterministische Reaktionszeiten gewährleisten und gleichzeitig die Leistungsaufnahme auf ein Minimum reduzieren. Benötigt ein Entwickler jedoch ein vollständiges Betriebssystem sowie eine flexible, skalierbare und zukunftssichere Applikation, ist der Raspberry Pi die bessere Wahl.

Der Begriff »Echtzeit« wird in der eingebetteten Datenverarbeitung häufig verwendet, um Systeme zu beschreiben, die sofort auf Eingaben und Ereignisse reagieren. Echtzeit ist jedoch ein relativer Begriff; ein Echtzeitsystem tut das, was man von ihm innerhalb einer bestimmten Zeitspanne erwartet. Bei manchen Anwendungen wirkt sich eine Verzögerung von einigen Millisekunden oder sogar Sekunden nicht wesentlich auf die Gesamtleistung des Systems aus.

Schließlich lassen sich der RP2040 und der Raspberry Pi ebenfalls in verteilten Systemen kombinieren, um die Vorteile ihrer Fähigkeiten zu nutzen. Zum Beispiel könnte eine Anwendung zeit- oder sicherheitskritische Aufgaben auf dem RP2040 laufen lassen, und High-Level- oder ressourcenintensive Aufgaben auf dem Raspberry Pi.

Raspberry Pi in industriellen Applikationen

Ein Hauptziel der Raspberry Pi Foundation ist die Weiterbildung von Erwachsenen und Kindern, insbesondere im Bereich der Informatik und verwandter Themen. Wie bereits erwähnt, machen die Leistungsfähigkeit, Flexibilität und Erschwinglichkeit der Plattformen sowie die Tatsache, dass der Raspberry Pi die Möglichkeit der Open-Source-Entwicklung bietet, ihn ebenso für kommerzielle Anwendungen im Bereich der Automation und Steuerung zunehmend attraktiv.

Infolgedessen gibt es eine wachsende Zahl von Raspberry-Pi-basierten Alternativen – einschließlich der in Bild 2 gezeigten Applikationen von Sfera Labs. Da die Applikationen Teil eines erweiterten Ökosystems von Tools, Referenzdesigns und Community-Support sind und von einer großen Zahl von Entwicklern verstanden werden, können die Plattformen dazu beitragen, die Entwicklungszeit und -kosten zu reduzieren, ohne dass die Funktion oder Leistung darunter leidet.


Lesen Sie mehr zum Thema


Das könnte Sie auch interessieren

Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!