Die Welle an Unternehmenspleiten ebbt nicht ab. Laut der aktuellen globalen Insolvenzstudie von Allianz Trade steuern die weltweiten Unternehmensinsolvenzen in diesem Jahr auf einen neuen Höchststand zu. 2025 dürfte die Zahl der Pleiten um 6 Prozent steigen.
Und die Lage bleibt angespannt: Für 2026 erwarten die Kreditversicherungsexperten einen weiteren Zuwachs um 5 Prozent. Erst 2027 könnte sich die Entwicklung mit einem minimalen Rückgang um 1 Prozent etwas entspannen.
Die Gründe für den anhaltenden Druck auf Unternehmen sind vielfältig. Eine schwächelnde globale Wirtschaft, verschärfte Finanzierungsbedingungen und strukturelle Veränderungen in Schlüsselbranchen setzen Firmen weiterhin unter Druck. Zusätzlich werfen protektionistische Handelsmaßnahmen immer größere Schatten auf die Stabilität der Weltwirtschaft.
Deutschland erlebt 2025 einen kräftigen Anstieg der Insolvenzen um 11 Prozent auf rund 24.320 Fälle. Damit liegt die Entwicklung weit über dem globalen Durchschnitt. Gleichzeitig sieht Allianz Trade hierzulande etwas früher Entlastung als international.
„Nach einem sehr turbulenten Jahr 2025 zeigt sich für Deutschland langsam Licht am Ende des Insolvenz-Tunnels“, betont Milo Bogaerts, CEO von Allianz Trade in Deutschland, Österreich und der Schweiz. 2026 soll das Insolvenzgeschehen nahezu stagnieren (+1 Prozent), bevor 2027 ein Rückgang um 4 Prozent erwartet wird. Diese Entwicklung ginge jedoch von einem sehr hohen Niveau aus. 2026 läge die Zahl der Pleiten immer noch 23 Prozent über dem Vorkrisendurchschnitt.
Insbesondere die handelspolitischen Maßnahmen der USA könnten die Insolvenzdynamik verschärfen. Die Einfuhrzölle dürften bis Ende 2025 einen effektiven Satz von 14 Prozent erreichen. Noch profitieren US-Unternehmen von Preisanpassungen ausländischer Anbieter sowie von Umgehungswegen über Drittländer wie Indien oder Vietnam.
„In der ersten Hälfte 2025 sind Insolvenzen in den USA sogar um vier Prozentpunkte gefallen“, erklärt Maxime Lemerle, Leiter der Insolvenzforschung bei Allianz Trade. „Die volle, negative Wucht der Zölle schlägt jedoch erst 2026 durch.“
Für exportorientierte Länder sei das Risiko hoch. Im Extremfall drohen in Kanada bis zu 1.900 zusätzliche Insolvenzen, in Frankreich bis zu 6.000 und in Spanien knapp 2.900. Deutschland, Großbritannien, Italien und Belgien könnten dank widerstandsfähigerer Strukturen glimpflicher davonkommen.
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### Neue Boombranchen bergen neue Risiken
Während klassische Industrien wie die Automobil- oder Baubranche besonders unter dem Strukturwandel, hohen Kreditzinsen und geringen Margen leiden, entsteht in Technologie und Künstlicher Intelligenz derzeit eine ganz eigene Gefahrenzone.
Nach einem Gründungsboom durch Digitalisierungsschub und „Gig Economy“ sind junge Start-ups überproportional gefährdet. Die Wahrscheinlichkeit einer Insolvenz ist in den ersten fünf Jahren besonders hoch.
„Ein Ende des KI-getriebenen Booms könnte ähnlich wirken wie die Dotcom-Blase“, warnt Ano Kuhanathan, Leiter Unternehmensforschung bei Allianz Trade. Die Folge könnten tausende zusätzliche Insolvenzen sein. Schätzungen zufolge wären in den USA rund 4.500 Firmen betroffen, in Deutschland etwa 4.000.
Die Prognose bleibt düster. Mit dem erwarteten Plus von 6 Prozent dieses Jahr und weiteren 5 Prozent 2026 könnte das weltweite Insolvenzaufkommen 24 Prozent über dem Schnitt der Vor-Pandemie-Jahre liegen. Besonders stark treffen die Einschränkungen des Welthandels die Volkswirtschaften Asiens und Westeuropas. Italien (+38 Prozent) und die Schweiz (+26 Prozent) sind 2025 die Negativspitzenreiter.
Aylin Somersan Coqui, CEO von Allianz Trade, fasst zusammen: „Die Abmilderungsstrategien im Handelskrieg verlieren an Wirkung. Die Widerstandsfähigkeit der Unternehmen wird auf die Probe gestellt. Auch Dominoeffekte durch große Insolvenzen nehmen zu.“
Die kommenden Jahre bleiben für Unternehmen herausfordernd. Zwar erwartet Allianz Trade für 2027 erste Anzeichen einer Normalisierung, doch kurzfristig ist keine Entlastung in Sicht. Firmen weltweit müssen weiter wachsam bleiben. Besonders kapitalintensive Branchen und junge Technologieunternehmen gelten als potenzielle Problemherde.
Deutschland könnte im internationalen Vergleich etwas früher aus dem Tal der Tränen herausfinden, bleibt aber ebenfalls auf erhöhtem Risikoniveau.