Die Herstellung von Batterien für E-Fahrzeuge und die Gewinnung der hierfür benötigten Rohstoffe ist ressourcenintensiv. Im Fall des Rohstoffes Graphit existieren umweltfreundliche Alternativen: die synthetische Herstellung mittels gasförmigen CO2 sogt für mehr Nachhaltigkeit.
Ab 90.000 Kilometern Laufleistung sind Elektrofahrzeuge klimafreundlicher als Verbrenner, wie eine aktuelle Studie des VDI herausgefunden hat. Das sind viele Kilometer, die E-Autobesitzer zurücklegen müssen, bis das Fahrzeug als nachhaltig gilt.
Grund dafür ist die besonders ressourcenintensive Herstellung der Lithium-Ionen-Batterien. Ein wichtiger, in den Batterien enthaltener Rohstoff ist Graphit. Er spielt eine größere Rolle beim Thema Zukunftsmobilität als allgemein bekannt: So enthält eine durchschnittliche EV-Batterie zwischen 50 und 100 kg Graphit. Ohne Graphit würde es also praktisch keine E-Mobilität geben.
Bei Graphit handelt es sich um eine allotrope Form des Kohlenstoffs. Das bedeutet, dass das Element im gleichen Aggregatzustand in mehreren Strukturformen vorliegen kann. Außerdem unterscheidet man zwischen natürlichem und synthetischem Graphit. Je nach Anwendungsbereich wird Graphit nach der Gewinnung weiterverarbeitet.
Natürliches Graphit wird durch Bergbau gewonnen und bei der Herstellung von synthetischem Graphit werden wiederum natürliche Bedingungen künstlich nachgestellt. Seine einzigartigen elektrischen und thermischen Eigenschaften machen Graphit zu einem unschätzbaren Bestandteil der Elektromobilität.
Am häufigsten wird Graphit in der Mobilitätsbranche in Lithium-Ionen-Batterien als Anodenmaterial eingesetzt. Auch für Verbundmaterialien werden Graphitfasern verwendet, um Komponenten leichter sowie robuster zu gestalten und damit gleichzeitig die Reichweite von Elektroautos zu erhöhen.
Die hohe Wärmeleitfähigkeit des Kohlenstoffs ist außerdem für das thermische Management von elektronischen Geräten und Elektrofahrzeugen von Bedeutung, da sie für eine gute Wärmeverteilung und Ableitung sorgt und auf diese Weise sicherstellt, dass die entsprechenden Produkte oder Geräte innerhalb der vorgesehenen Temperaturbereiche arbeiten. Zudem findet sich Graphit auch in Bipolarplatten. Dort hilft Graphit bei der nötigen Verteilung von Brennstoff, Elektrizität und Wärmeabfuhr.
Derzeit ist China der weltweit größte Graphitproduzent und -exporteur und kontrolliert damit über 75 Prozent des heutigen Marktes. Zusätzlich verarbeitet China mehr als 90 Prozent des Graphits, das in fast allen Elektroautobatterien verwendet wird. Der Einfluss Chinas führt zu erheblichen Versorgungsrisiken und Preisschwankungen.
Vor allem der neueste Beschluss Chinas zur Einführung von Ausfuhrlizenzen auf bestimmte Graphitprodukte erschwert die Situation für andere Märkte. Daher investieren US-amerikanische sowie europäische Unternehmen in die Entwicklung von synthetischem Graphit. Dabei könnte nach Schätzungen der Beratungsfirma Benchmark Mineral Intelligence synthetisches Graphit fast zwei Drittel des Marktes für EV-Batterieanoden ausmachen.
Die synthetische Herstellung von Graphit verspricht mehr Unabhängigkeit in der Lieferkette. Allerdings wird synthetisches Graphit aktuell überwiegend mit fossiler Energie veredelt, wodurch erhebliche Mengen an Treibhausgasemissionen entstehen. Die synthetische Variante des Rohstoffs bietet damit zwar eine Alternative zum Naturprodukt, aber noch keine wirklich nachhaltige Lösung.
Da die Emissionen von E-Fahrzeugen über den gesamten Produktlebenszyklus entscheidend durch die Herstellung ihre Batterien bestimmt werden und sogar der jeweilige Produktionsort eine zentrale Rolle hierbei spielt, ist der Einsatz von regenerativer Energie Grundbedingung für eine nachhaltige Batterieproduktion, bei der Treibhausgasemissionen gering gehalten werden.
Eine Möglichkeit, nachhaltigeres Graphit zu produzieren, nennt sich Carbon Capture und Utilization (Kohlenstoff-Abscheidung und -Nutzung, CCU). Unter CCU versteht man die Abscheidung, den Transport sowie die anschließende Nutzung von Kohlenstoffverbindungen – meist in Form von Kohlendioxid oder Kohlenmonoxid – die dann wiederum einem weiteren Nutzungszyklus zugeführt werden.
Je nachdem, woher der Kohlenstoff bezogen und wofür er eingesetzt wird, erfordert diese Technik eine Kombination vieler verschiedener Schritte und Vorgänge. Häufig wird in CCU-Techniken gasförmiges CO2 verwendet, das einen fossilen Ursprung hat – der Kohlenstoff kann nach der Verarbeitung direkt für kohlenstoffhaltige Produkte eingesetzt werden.
Die umweltschädlichere Alternative besteht darin, Graphit aus fossilen Brennstoffen zu gewinnen. Allein bei der Herstellung von einer Tonne natürlichem oder synthetischem Graphits werden um die fünf bis zehn Tonnen CO2 freigesetzt – und bei Kohlenstoffnanoröhren sind es sogar 224 Tonnen CO2. Diese Zahlen zeigen, dass es immer wichtiger wird, in die Forschung nach alternativen Gewinn- und Umwandlungsprozessen zu investieren.
Der Preis für synthetisches Graphit aus CO2-Emissionen ist derzeit allerdings noch deutlich höher als der für herkömmlich gewonnenes Graphit. Auch dank Prämien für »grüne« Materialien und Produkte könnte synthetisches Graphit in Zukunft deutlich günstiger werden. Denn um die Ziele des europäischen Green Deals zu erreichen, stellt die EU insgesamt mehr als 1,8 Billionen Euro für Nachhaltigkeitsmaßnahmen bereit.
Das Zeitfenster für die Förderung grüner Produkte wird sich schnell wieder schließen. Dabei ist vor allem das (Un-)Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage entscheidend. Je mehr Unternehmen auf nachhaltige Produkte setzen, desto geringer werden die Chancen, dafür Prämien zu erhalten. Batteriehersteller und -nutzer sollten sich daher so bald wie möglich für das nachhaltigere Material entscheiden. Je schneller der Übergang, desto besser.
Dr. Einar Karu
ist CTO von UP Catalyst. Nach seiner erfolgreich abgeschlossenen Promotion in Luftchemie am Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz folgte eine Tätigkeit als Wissenschaftler am Institut. Beim Start-up UP Catalyst will Dr. Karu nun innovative Technologien aus der Wissenschaft in der Praxis einsetzen. Mit seiner Leidenschaft für nachhaltige Innovationen leistet er einen wertvollen Beitrag zur Mission von UP Catalyst, die Zukunft der Kohlenstoffmaterialien mitzugestalten.
einar@upcatalyst.com