Nicht jede Wunde lässt sich mit Nadel und Faden verschliessen. Schweizer Forschende haben nun ein Lötverfahren mit Nanopartikeln entwickelt, bei dem Gewebe sanft verschmolzen wird. Die Löttechnik soll Wundheilungsstörungen und lebensbedrohliche Komplikationen bei undichten Nähten verhindern.
Vor über 5000 Jahren kam der Mensch auf die Idee, Wunden mit Nadel und Faden zu vernähen. Seitdem hat sich an diesem chirurgischen Prinzip wenig verändert: Je nach Geschicklichkeit des Chirurgen und der verwendeten Ausrüstung können Schnitte oder Risse im Gewebe mehr oder weniger perfekt zusammengefügt werden. Sobald beide Seiten der Wunde sauber fixiert sind, kann der Körper beginnen, die Gewebelücke auf natürliche Weise dauerhaft zu schließen.
Allerdings erfüllt die Naht nicht immer ihren Zweck: Bei sehr weichem Gewebe kann der Faden das Gewebe durchschneiden und zusätzliche Verletzungen verursachen. Und wenn der Wundverschluss an inneren Organen nicht dicht hält, können durchlässige Nähte ein lebensbedrohliches Problem darstellen. Forscher der Empa und der ETH Zürich haben nun eine Methode entwickelt, um Wunden mithilfe von Lasern zu veröden.
Im Löten werden normalerweise Materialien durch Hitze und ein schmelzendes
Verbindungsmittel miteinander verbunden. In der medizinischen Anwendung von Lötverfahren stellte die Begrenzung der thermischen Reaktion bei biologischen Materialien und die nicht-invasive Messung der Temperatur bisher eine Herausforderung dar. Das Team um Oscar Cipolato und Inge Herrmann vom »Particles Biology Interactions«-Labor der Empa in St. Gallen und dem »Nanoparticle Systems Engineering Laboratory« der ETH Zürich hat daher an einem intelligenten Wundverschluss-System gearbeitet, bei dem das Laser-Löten schonend und effizient gesteuert werden kann. Hierzu haben sie ein Verbindungsmittel mit Metall- und Keramik-Nanopartikeln entwickelt und ein Nanothermometrie-Verfahren zur Temperaturkontrolle eingesetzt.
Die Eleganz des neuen Lötverfahrens beruht auf dem Zusammenspiel zweier Arten von Nanopartikeln in der verbindenden Eiweiß-Gelatine-Paste. Während die Paste mit einem Laser bestrahlt wird, wandeln Titannitrid-Nanopartikel das Licht in Wärme um. Die eigens synthetisierten Bismutvanadat-Partikel in der Paste fungieren hingegen als winzige fluoreszierende Nanothermometer: Sie strahlen temperaturabhängig Licht einer spezifischen Wellenlänge ab und ermöglichen so eine äußerst präzise Echtzeit-Temperaturregulierung. Diese Methode eignet sich besonders für die Anwendung in der minimalinvasiven Chirurgie, da sie berührungslos ist und Temperaturunterschiede mit hoher räumlicher Auflösung in oberflächlichen und tiefen Wunden ermitteln kann.
Nachdem das Team die Bedingungen für das »iSoldering« (intelligentes Löten) durch mathematische Modellierung optimiert hatte, konnten die Forscher die Leistungsfähigkeit des Kompositmaterials untersuchen. Gemeinsam mit Chirurgen des Universitätsspitals Zürich, der amerikanischen Cleveland Clinic und der Karls-Universität in Tschechien erzielte das Team in Labortests mit verschiedenen Gewebeproben eine schnelle, stabile und biokompatible Verbindung von Wunden, beispielsweise an Organen wie der Bauchspeicheldrüse oder der Leber. Auch das Versiegeln von anspruchsvollen Gewebestücken wie der Harnröhre, dem Eileiter oder dem Darm mittels iSoldering verlief erfolgreich und schonend. Das Nanopartikel-Kompositmaterial ist mittlerweile zum Patent angemeldet.
Das Team hat es jedoch nicht dabei belassen: Es ist ihnen gelungen, die Laser-Lichtquelle durch schonenderes Infrarotlicht zu ersetzen. Dadurch rückt die Löttechnologie einen weiteren Schritt näher an die Anwendung im Krankenhaus heran. »Wenn bereits medizinisch zugelassene Infrarotlampen verwendet werden könnten, könnte die innovative Löttechnik ohne zusätzliche Laser-Schutzmaßnahmen in herkömmlichen Operationssälen eingesetzt werden«, erklärt Empa-Forscherin Inge Herrmann. (uh)