Robotik in der Medizintechnik

Ein Roboter will die Medizin verändern

12. Dezember 2023, 8:30 Uhr | Von Jonas Micheler, Kuka
Arthur ist ein Ultraschallroboter für rheumatoide Arthritis, der selbstständig Ultraschalluntersuchungen der Hände durchführt.
© Kuka / Ropca

Der Arthritis-Scan-Roboter Arthur kann Ultraschall-Scans der Hände durchführen. Das auf dem Leichtbauroboter LBR Med von Kuka basierende Medizinprodukt unterstützt die frühzeitige Diagnose von rheumatoider Arthritis. Die Behandlung kann frühzeitiger starten – und automatisiert erfolgen.

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Der Cobot LBR Med ist der einzige als Medizinprodukt zugelassene Roboterarm und diente dem dänischen MedTech-Hersteller Ropca als Basis für den neuartigen medizinisch-technischen Assistenten (MTA). Von Thiu­sius Rajeeth Savarimuthu, Professor für medizinische Robotik an der University of Southern Denmark (SDU), und Søren Andreas Just als Spin-off der SDU in Odense gegründet, startete den Evaluierungsprozess für seine Produktentwicklung zunächst mit lokalen Robotikunternehmen. Schnell erkannten die Gründer jedoch, dass sie einen medizinisch zertifizierten Roboter benötigten. Aufgrund der Zertifizierung des Kuka-Bauteils nach medizintechnischen Standards konnten sich die Entwickler auf die Regularien rund um ihre Applikation konzentrieren. Dadurch wurde der bürokratische Aufwand drastisch reduziert und der Markteintritt beschleunigt.

Vorteile des LBR Med als Robotikkomponente

Für Savarimuthu lagen die Vorteile bei der Nutzung des LBR Med auf der Hand: Der Cobot LBR Med kann eine weiche Landung direkt auf der Haut des Patienten durchführen, und zwar sofort nach dem Auspacken mit den bereits verfügbaren Funktionen des Controllers und seinem CB-Scheme-zertifizierten Betriebssystem.
Der LBR Med ist ein Roboterarm mit sieben Freiheitsgraden, der einen zusätzlichen Freiheitsgrad bietet. Dieser ermöglicht es ihm, Singularitäten und Kollisionen zu vermeiden oder um etwas herumzugreifen. Dies reduziert unnötige Übergangsbewegungen bei der engen Interaktion mit Patienten. Dass Roboter und Mensch ihren gemeinsamen Arbeitsbereich teilen, ermöglicht der sensitive Sieben-Achs-Leichtbauroboter mit seiner Fähigkeit zur Mensch-Roboter-Kollaboration.

Medizinroboter Arthur in der Praxis

Das Svendborg-Krankenhaus führte eine Testphase mit Arthur durch, um herauszufinden, wie Patienten auf den Scan durch einen Ultraschallroboter reagieren. Schnell wurde klar, dass vor allem die hohe Benutzerfreundlichkeit des integrierten LBR Med ausschlaggebend ist: Jeder wollte das Ultraschallsystem ausprobieren und jeder fühlte sich wohl damit. Die Testphase ergab, dass die Interaktion zwischen dem Cobot-basierten System und dem Patienten als sehr intuitiv wahrgenommen wurde. Klare Vorteile wie kürzere Wartezeiten, eine KI-gestützte, höchst zuverlässige Diagnose und der damit einhergehende schnellere Beginn einer angemessenen Behandlung überzeugten sowohl Ärzte als auch Patienten.

 

Frühe Diagnose mit KI-Unterstützung

Bill Frederiksen, leitender Arzt in der Rheumatologie und Notfallmedizin am Svendborg-Krankenhaus, sieht großes Potenzial in der Implementierung von Arthur in Kliniken und den daraus resultierenden optimierten Arbeitsabläufen. Vor allem, weil die Zahl der Ultraschallpatienten steigt, während die Zahl der auf die Behandlung spezialisierten Ärzte gleichbleibt oder sogar abnimmt. Fachärzte werden in Zukunft Hilfe benötigen, wenn sie einen optimierten Arbeitsablauf etablieren und aufrechterhalten möchten. Diese Hilfe bekommen sie zum Beispiel, indem Patienten den Ultraschall bereits vor ihrem Termin mit dem Facharzt machen.

Das robotergestützte Scan-System liefert hochauflösende Bilder aller Gelenke der Hand. Dieser repetitive Ultraschall-Workflow lässt sich ideal mit dem integrierten LBR Med automatisieren. Künstliche Intelligenz unterstützt bei der Diagnose und sorgt für eine stabile Qualität der vom Medizinroboter aufgenommenen Ultraschallbilder. Darüber hinaus erlaubt es die Automatisierung der Untersuchung, dass die Veränderung des Gesundheitsszustands von Patienten engmaschiger überwacht werden kann. Wenn jeder potenzielle Patient initial und noch vor Beginn der Behandlung mit einem Scan beginnt, können diejenigen herausgefiltert werden, die akut Hilfe benötigen. Die frühe Erfassung von Daten gewährleistet somit eine bessere Priorisierung und eine raschere Behandlung. Außerdem ist Arthur in der Lage, die Scans schneller durchzuführen als ein Arzt, was den Prozess beschleunigt. Oder wie Frederiksen es ausdrückt: »Arthur wird nie müde und kann rund um die Uhr scannen.«

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Patienten bestätigen: Der Robo-Scanner ist einfach zu bedienen, fühlt sich vertrauenswürdig an und gewährleistet eine schnellere Diagnose.
© Kuka / Ropca

Automatisierte Ultraschall-Scans statt Röntgen

Der Patient Flemming Poulsens erinnert sich noch gut an den früheren rheumatologischen Alltag, ohne die Unterstützung durch Arthur. Vor der Entwicklung des Robotersystems für rheumatoide Arthritis wurden Röntgenaufnahmen und gewöhnliche Scans durchgeführt, auf deren Basis die Diagnose deutlich länger auf sich warten ließ. Mit dem Einsatz der roboterbasierten Lösung können Diagnosen frühzeitiger gestellt werden, wodurch wiederum die Therapie früher starten kann. Für Poulsen persönlich hätte der Einsatz des damals noch nicht erhält­lichen Robo-Scanners zu Beginn seiner Behandlung einen großen Unterschied gemacht: »Je früher man behandelt wird, desto weniger körperliche Schäden entstehen und desto länger kann man arbeiten.«

Klinikerfahrungen mit Arthur

Laut Poulsen ist der Scan-Prozess des Robotersystems einfach zu bedienen. Außerdem fühlt es sich sehr vertrauenswürdig an, wenn der integrierte Cobot LBR Med sich seiner Hand zum Scannen nähert. »Er tut niemandem weh«, sagt er mit einem Lächeln. Betritt der Patient den Raum, wird er von dem Arthritis-Roboter aufgefordert, als
Erstes seine Krankenkassenkarte zu scannen, Gel auf die Hand zu geben und den Anweisungen des Systems zu folgen. Wenn der Pateint als nächstes die Hand auf den Scanner legt, gibt Arthur weitere Anweisungen. Ist der Ultraschall abgeschlossen, werden die Bilder direkt an den zuständigen Arzt weitergeleitet. Der Patient Poulsen sieht keinen Grund, sich bei dem Prozess unwohl zu fühlen: Er beschreibt die Berührung durch das System als stets sanft und angenehm. Möglich machen das die feinfühligen und präzisen Bewegungen des LBR Med.

Weitere Medizintechnik mit Robotik

Nach dem erfolgreichen Start des Roboters Arthur verfolgt das junge Medtech-Unternehmen Ropca weitere Zukunftspläne. Mitgründer Savarimuthu sagt, dass Ropca zum einen sein Angebot ausweiten möchte. Die Dänen wollen medizinische Geräte bauen, die auch bei der Diagnose für andere Gelenke eingesetzt werden können. Zum anderen plant das Unternehmen, weltweit zu expandieren. Arzt Bill Frederiksen sieht großes Potenzial für die helfende Hand eines Roboters auch in anderen Bereichen der Medizin. Ropca ist stolz auf seine ersten Erfolge auf Basis des Kuka LBR Med und möchte weiterhin hilfreiche Produkte in der Welt der Medizin schaffen. Savarimuthu betont: »Es ist sehr inspirierend, Lösungen zu schaffen, die den Menschen helfen. Deshalb sind wir besonders stolz auf Arthur – er sogar schon im Einsatz, das ist eine große Belohung. Während wir hier sprechen, scannt er Patienten.« (uh)


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