»Wie verändert sich die medizinische Versorgung durch digitale Hilfsmittel in den nächsten fünf Jahren konkret?« Der Panel-Talk des »Health Electronics Summit« schwankt zwischen Zuversicht, KI und Transformation im Schneckentempo. Und offenbart die dunkle Seite der Digitalisierung: Cybersecurity.
Beim ersten »Health Electronics Summit« von Componeers wurde schnell klar: Elektronik spielt DIE wesentliche Rolle in der Digitalisierung und damit der Transformation der Medizintechnik. Dank Sensoren, Elektroden, vernetzten Medizingeräten, Apps und KI-Systemen kann jeder einzelne Schritt der Patientenreise digital oder digital unterstützt laufen. Die komplette Life-Sciences-Wertschöpfungskette kann neu gedacht werden.
KI, Virtual Reality, Quantensensorik, Diagnostik am Handy und »Algorithmen auf Rezept«: Während die Referenten richtungsweisenden Technologien und Anwendungen für die klinische Praxis vorstellten – mehr dazu lesen Sie in unserem ausführlichen Rückblick – zeigte die Podiumsdiskussion den Hinkefuß der Digitalisierung: Die Transformation im Schneckentempo.
Dr. Alexander Brost (Leiter klinische Innovation, Siemens Healthineers), Dr. Michael Stoebe (Geschäftsfeldleiter Quantensensorik, Fraunhofer IAF), Dr. Agnes Musiol (Mitgründerin Pheal) und Julian Müller (Produkt-Owner Klinische Entscheidungsunterstützung, Roche Diagnostics) besprachen gemeinsam die aktuellen Herausforderungen für die Digitalisierung des Gesundheitswesens in Deutschland, von KI-und Technologie-Hürden über Bürokratie, Regulatorik und Zertifizierung bis hin zu Erstattungsproblemen technischer Systeme und KI sowie skizzierten mögliche Lösungsansätze.
»Aktuell finanzieren wir unsere KI-Dienste über die Reagenzien quer. Wichtig ist, dass wir den Algorithmus [für die künftige Vergütung] fair pro Befund bepreisen.« |
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Julian Müller, Roche Diagnostics auf die Frage der Algorithmen-Erstattung |
Auf die Frage an die Runde, wie sich die medizinische Versorgung durch digitale Hilfsmittel in den nächsten fünf Jahren konkret verändern wird, zeigte sich ein geteiltes Bild. »Wir werden deutlich mehr KI sehen, als wir es uns heute vorstellen können,« meint Dr. Brost von Siemens Healthineers. Mit einem Mehr an Sensoren und Daten gäbe es automatisch mehr Analysen, die Ärzten einfach Trends aus Daten ableiten und damit sowohl Radiologen wie auch Hausärzten ein wichtiges Werkzeug sein können, prognostizierte Brost.
Julian Müller und Dr. Agnes Musiol zeigten sich nicht ganz so zuversichtlich:
»Wir haben noch zu viele verkrustete Strukturen. Der Wandel müsste deutlich schneller gehen, wir hängen leider hinterher« |
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resümierte Müller aus seiner Erfahrung mit den digitalen Biomarkern. Moderne Technik und KI sieht er in naher Zukunft nur punktuell, Masse werde sich seiner Ansicht nach erst mit der Konsolidierung der Krankenhäuser erreichen lassen. »Wenig optimistisch« betitelt Start-Up-Gründerin Musiol die Lage auf die nächsten fünf Jahre. Aktuell würden »hauptsächlich bestehende Prozesse digitalisiert«, es bräuchte laut der Medizinbiotechnologin wohl »eine wirkliche Krise oder einen Knall, um grundlegend etwas zu verändern.« Dies werde ihrer Meinung nach wohl eher zehn Jahre dauern.
Für Dr. Michael Stoebe ist der bereits jetzt im medizinischen Alltag sichtbare Mehrwert von KI so drastisch, dass sich seiner Meinung nach innerhalb der nächsten fünf Jahre auf jeden Fall größere Veränderungen ergeben. Derzeit sei auch für kleine Budgets »extrem viel möglich« mit Künstlicher Intelligenz, für Stoebe ist aktuell »der perfekte Zeitpunkt«. Er hoffe, dass auch die Medizintechnik dieses Momentum nutze - und zeigt sich mit Verweis auf Dr. Brost vorsichtig optimistisch.
Doch neben Chancen und Hürden gibt es auch reale Gefahren: Digital Health sei »der Traum eines Hackers«, Gesundheitsdaten »wertvoller als Kreditkarten« (weil kein Ablaufdatum) und der Mensch schließlich das »schwächste Glied« erläuterte Schlussredner Prof. Dr. Matthias mit Blick auf die dunkle Seite der medizinischen Digitalisierung. Die abschließende Keynote hat einen Nerv getroffen: Cybersecurity, also sichere Medizinelektronik, ist die essenzielle und nicht verhandelbare Voraussetzung für Digital Health und jegliche Digitalisierung der Patientenreise, klinischer Workflows und der medizinischen Wertschöpfungskette - und wird folgerichtig 2026 eines der Kernthemen des zweiten »Health Electronics Summit«. (uh)
Save the Date // »Health Electronics Summit« am 22. September 2026 Stuttgart, Mövenpick Airport |
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