Chirurgie im Weltraum

Ärzte steuern erste Roboter-OP auf der ISS von der Erde

19. Februar 2024, 10:35 Uhr | Ute Häußler
Shane Farritor, Professor und CTO von Virtual Incision, beobachtet, wie Dr. Michael Jobst, Spezialist für Darmchirurgie, den ersten Roboterschnitt an Gummibändern auf der Internationalen Raumstation setzt.
© University of Nebraska

Ein Miniatur-Roboter hat erstmals auf der Internationalen Raumstation eine Remote-Operation durchgeführt - per Fernsteuerung von der Erde aus. Nicht nur Astronauten sollen von der Technik profitieren: Chirurgische Fern-OPs sollen die medizinisiche Versorgung in Regionen mit Ärztemangel verbessern.

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Ein Miniatur-Chirurgieroboter wurde gerade erfolgreich auf der Internationalen Raumstation (ISS) getestet. In einer zweistündigen OP mit künstlichem Gewebe haben sechs Ärzte den kleinen Roboter von der Erde aus gesteuert, die Latenz betrug noch 0,85 Sekunden.

Für den Weltraum-Einsatz wurde der Roboter »Space Mira« am 30. Januar mit einer SpaceX Falcon 9-Rakete von Cape Caneveral für erste fernchirurgische Tests ins All gebracht. Ziel der Mission ist es, Astronauten später auch auf längeren Weltraumreisen fachgerecht zu operieren und medizinisch zu versorgen.

Remote-Operationen auch auf der Erde

Doch auch die Gesundheitsversorgung auf der Erde soll von den Weltraum-Tests profitieren. Laut Erfinder Shane Farritor, Professor für Ingenieurwesen an der University of Nebraska-Lincoln und CTO des Roboterherstellers Virtual Incision, fehlt allein in jedem Dritten Landkreis der USA ein Chirurg, in den letzten 20 Jahren ist die Verfügbarkeit um 29 Prozent gesunken.

»Fernchirurgie hat das Potenzial, die Probleme strukturschwacher Regionen zu lösen - damit Patienten die nötige medizinische Versorgung erhalten.«
Shane Farritor, Erfinder des Mini-Roboters SpaceMira

Die Vision der roboterbasierten Fernoperationen bestehe darin, Eingriffe in abgelegenen Gebieten durchzuführen, sei es im Weltraum, auf militärischen Schlachtfeldern oder in ländlichen Gebieten, in denen kein Arzt zur Verfügung steht.

Farritor und sein Team haben seit 2022 an einer für den Weltraum geeigneten Version ihres Roboters namens MIRA (Miniaturized In vivo Robotic Assistant) gearbeitet - das Gerät ist momentan rund 1000 Mal leichter und viel kleiner als übliche Chirurgie-Roboter.  Transport, Lagerung und Implementierung des Mini-Roboters sind somit deutlich einfacher - Fern-OPs könnten so deulich öfter zum Einsatz kommen und einer breiteren Masse an Patienten helfen. Space Mira befindet sich aktuell bereits in der FDA-Zertifizierung.

Fern-Operation an künstlichem Gewebe

Während der chirurgischen Simulation im All nutzen die Ärzte künstliches Gewebe mit Spannung, um eine Dissektion durchzuführen. Sechs Chirurgen haben innerhalb von zwei Stunden erfolgreich mit dem Roboter gearbeitet. Space Mira besteht hauptsächlich aus einer Kamera und zwei OP-Armen, einem zum Schneiden und einem zum Greifen. »Der zweihändige Ansatz ist bei chirurgischen Eingriffen entscheidend, da lokale Spannung entscheidend ist, um zu resezieren und auf die gewünschte Weise zu schneiden«, sagt Shane Farritor.

Insgesamt ist der Transport-Schrank des Roboter-Chirurgs nicht viel größer als eine Mikrowelle.Neben den medizinischen sowie Anforderungen der Weltraumbehörde NASA musste das Space Mira-Team auch die Hardware- und Software des Roboter daraufhin testen, dass sie den Raketenstart überlebt und im Orbit funktioniert.

Autonomer Robo-Chirurg: OPs auch ohne Ärzte

Nachdem Space Mira im Frühjahr auf die Erde zurückgekehrt sein wird, folgen zunächst aber erstmal weitere Experimente auf der Erde. Finale Testergebnisse werden nicht vor 2025 erwartet. Noch sei die Technologie laut Farritor noch nicht soweit, um Remote-Operationen an echten Menschen durchzuführen. Der Forschende wertet die Weltraum-Mission aber schon jetzt als großen Erfolg: »Dies ist ein großer Schritt, um die Technologie zu demonstrieren.«

In Zukunft soll Space Mira so programmiert werden, dass der Remote-Roboter chirurgische Eingriffe und Operationen ohne auch menschliche Beteiligung meistert. (uh)


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