Start-up des Monats »FeelTect«

Sensor checkt Druck auf die Wunde

13. Juni 2024, 14:56 Uhr | Ute Häußler
Für eine Überprüfung des Drucks auf die Wunde wird ein kabelloser Bluetooth-Empfänger für Messung und Übertragung der Datn an das Sensrband geklickt.
© Feeltect

Junge Gründer, große Ideen – Start-ups trauen sich das, wovor große Unternehmen oft Angst haben. FeelTect aus Irland überwacht mit Sensoren und Connected-Health-Anbindung die Kompressionstherapie bei schlecht heilenden, chronischen Wunden.

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Wie lautet euer Elevator Pitch?

11,5 Millionen Menschen weltweit leiden an venösen Beingeschwüren. Die Heilung der schmerzhaften, chronischen Wunden dauert in mehr als der Hälfte der Fälle über 12 Wochen, in 30 Prozent der Fälle heilt die Wunde nicht innerhalb eines Jahres. Die Behandlung verschlingt ein Prozent aller Kosten im Gesundheitswesen und 80 Prozent davon entfallen allein auf die Verbandskontrolle. Der Grund ist einfach: In 90 Prozent wird der notwendige Druck für die Kompressionstherapie nicht erreicht, aber bisher gibt es keine Möglichkeit der Kontrolle außerhalb von Kliniken oder Praxen. Unser Produkt »Tight Alright« ist die erste vernetzte Connected-Health-Plattform zur Überwachung der Kompressionstherapie. Die Sensorüberwachung des Verbanddrucks verbessert nicht nur die Heilung, sie spart jede Menge Arztbesuche und Kosten sowie erleichtert den Patienten eine selbstbestimmte Behandlung.

Wie seid ihr auf die Idee gekommen?

FeelTect ist aus dem Förderprogramm BioInnovate Ireland entstanden; die dort entstehenden Medizinprodukte sollen im irischen Gesundheitssystem in Anwendung kommen. Unsere Gründer haben bei Ihrer Arbeit in der Mayo Klinik den dringenden Bedarf gesehen, die Heilungszeit bei chronischen Wunden und den Behandlungsaufwand für Mediziner inklusive der Kosten erheblich zu reduzieren. Nach zweijähriger Forschung und Entwicklung an der Universität Galway wurde das Produkt »Tight Alright« und FeelTec als Unternehmen im Jahr 2020 von Dr. Andrew Cameron (CEO), Dr. Darren Burke (CTO) und Prof. Garry Duffy (NED) ausgegründet.

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Startup Medizintechnik Portrait Feeltect Wundmanagement
Das Team des irischen Start-Ups Feeltect hat u.a. 50.000 Euro als EIT Health Headstart bekommen, später konnten die Gründer 1,5 Millionen Euro über Investoren für ihre Idee einsammeln.
© Feeltect

Wie funktioniert die Wundüberwachung?

Das von uns entwickelte Sensorband misst und überwacht den Druck während der Kompressionstherapie an drei physiologisch relevanten Punkten am Bein. Dafür bringt der Arzt beim Verbandlegen den Multisensor-Messarm unter die Bandage, er verbleibt dort während der gesamten Behandlung. Über einen abnehmbaren, wiederaufladbaren Clip kann der Patient den Druck unter dem Verband selbstständig daheim messen. Der Clip ist via Bluetooth mit einer Smartphone-App verbunden. Über das Internet und eine sichere Cloud-Datenbank werden die Druckdaten übertragen, gespeichert und dann per Remote-Web-App-Dashboard vom Arzt abgerufen. Der Patient muss nur in die Praxis, falls der Druckverband erneuert werden muss.

Was ist bisher Feeltects größter Erfolg?

Aktuelle Studien aus Großbritannien zeigen deutlich, wie Tight Alright die Wundheilung bei venösen Beingeschwüren beschleunigt. Bei einem Patienten, bei dem 40 Monate lang keine Heilung eingetreten war, wurde in nur drei Wochen eine Heilung von 28,5 % erreicht. Bei einem Patienten, bei dem 12 Monate lang keine Heilung eingetreten war, konnte in nur drei Wochen eine Heilung von 38,5 % erreicht werden. Folgestudien werden diese vielversprechenden Ergebnisse validieren. Für die Tight-Alright-Technologie wurde FeelTect zudem mit dem ersten Preis des Innovationsforums der »European Wound Management Association« 2023 ausgezeichnet, das macht uns sehr stolz.

Startup Medizintechnik Portrait Feeltect Wundmanagement
Das Gesamtpaket für einfaches Wundmanagement: Ein Sensorband mit abnehmbarem Bluetooth-Sender und ein smartes, mobiles Gerät für die App zur einfachen Analyse.
© Feeltect

Und der größte Rückschlag?

Eigentlich wollten wir einen Kompressionsverband mit eingebetteter Drucküberwachung entwickeln. Die stetige Kalibrierung wäre aber schwierig gewesen, der Sensortausch kostspielig. Außerdem gibt es bereits viele Kompressionsprodukte – sie müssten nur richtig angewendet werden. Deshalb schwenkten wir auf ein Wearable um, welches mit jedem existierenden Verband funktioniert.

Wo seht ihr euch in fünf Jahren?

In fünf Jahren wollen wir mit FeelTect in Europa und den USA am Markt etabliert und mithilfe von Vertriebspartnern schnell gewachsen sein. Unsere Technologie wird für weitere Indikationen wie Lymphödeme und die Nachbehandlung von Ablationseingriffen, zur Vorbeugung von venösen Beingeschwüren und auch zur Überwachung von Kompressionsstrümpfen eingesetzt. Tight Alright wird seine Funktionalität mit weiteren Sensoren deutlich erweitern können.

Wie sieht die Medizin der Zukunft aus?

Connected Health wird eine personalisierte Behandlung von Patienten ermöglichen, auch in der Wundversorgung. Die Fernüberwachung des Gesundheitszustands außerhalb traditioneller klinischer Umgebungen minimiert zudem unnötige Krankenhausaufenthalte. Vernetzte Technologien für die Remote-Medizin werden die Heilung verbessern, den klinischen Aufwand und die Kosten reduzieren und die Patientenzufriedenheit erhöhen.

Fakten zum Start-up
Gründung: 2019
Mitarbeiter: 7
Förderung: 2,9 Millionen Euro
Webseite: www.feeltect.com

 


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