Standards für den AI Act

Per DIN-Norm zur Medizin-KI?

18. Juni 2024, 8:02 Uhr | Ute Häußler
© WFM (uh)

Ohne DIN-Norm kein einheitliches Blatt Papier, keine festgelegten Schriften auf Verkehrsschildern, keine deutsche Tastaturbelegung für Computer. Doch wie verträgt sich eine DIN-Norm als Mutter der Standardisierung mit dem Wunderkind der Digitalisierung auf Speed, der künstlichen Intelligenz?

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Die DIN-Standards und seine internationalen Verwandten geben Regeln für Produkte und Verfahren vor. Und auch wenn sie oft als starr und verstaubt gelten – die »anerkannten Regeln der Technik« sichern Qualität und Einheitlichkeit sowie Klarheit und Sicherheit in Alltag und Wirtschaft. So arbeiten die Gremien des Deutschen Instituts für Normung immer an einem Schulterschluss:

»Was tut sich auf internationalem und europäischem Niveau bei den Normen«, »Wo bedarf es noch nationaler Spezifika?« sind die bestimmenden Fragen, wie Ulrike Schröder, Senior-Projektmanagerin Gesundheit beim DIN e.V. in Berlin beschreibt. Die Hauptaufgabe bestehe darin, internationale Standards sowie die Regularien des Europäischen Komitees für Normung zu »spiegeln« und aus deutscher Sicht zu begleiten sowie in technischen Komitees mitzugestalten.

DIN und KI - ein Widerspruch in sich?

Doch wie verträgt sich eine DIN-Norm als Mutter der Standardisierung mit dem Wunderkind der Digitalisierung auf Speed, der künstlichen Intelligenz? Was zunächst wie ein Widerspruch klingt, lohnt der näheren Betrachtung – zumal es seit 2023 auch den DIN-Ausschuss »KI in der Medizin« gibt.

In medizinischen und gesundheitsorientierten Forschungsprojekten erarbeitet der DIN e.V. laut Schröder etwa Labor-Normen für den Weg zur digitalen Pathologie oder einen Leitfaden »Machine Learning und Artificial Intelligence« für das Risikomanagement von Medizinprodukten. Als erste Hilfe zu KI-Umsetzung für Medizintechniker ist der technische Report »Applications of AI Technologies in Health Informatics« entstanden. Für 2025 ist eine ISO-Veröffentlichung als Handlungsanweisung geplant.

»Normung ist mühsam und dauert«

, sagt Ulrike Schröder über ihre Arbeit. Für eine breite Akzeptanz und Anwendung der entstehenden Standards müssten alle »Stakeholder« an einen Tisch, es entstehen zunächst erste Dokumente und Vorstufen, öffentliche Umfragen finden statt. Auch wenn es in der Praxis eher Experten sind, prinzipiell könnte jede technisch interessierte Person geplante Normen zum Einsatz von KI aus Patientensicht kommentieren und darauf Einfluss nehmen. Der Grundsatz lautet: Normen entstehen im Konsens.

Medizintechnik-Hersteller müssen zu MDR und AI Act also keine neue DIN-Vorschrift fürchten. Ganz im Gegenteil: Der DIN-Ausschuss »KI in der Medizin« will Medtech-OEMs konkrete Hilfe bei der Umsetzung der bestehenden, verpflichtenden Regeln geben. Die 21 Mitarbeitenden aus Wirtschaft und Forschung arbeiten daran, die Standardisierungsanforderungen des AI Act und der ISO- sowie IEC-Standards als deutsche Stimme technisch auszugestalten und umzusetzen. Denn: Wer die Normen zu Medizin-KI einhält, hält automatisch auch den AI Act ein.

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