»Eine gewaltige Bedarfsverschiebung«
Wurden die Hersteller passiver Bauelemente und auch die Distributoren nach den Lockdowns des ersten Corona-Jahres vom rapiden Bedarfsanstieg überrascht? Nein, so die einhellige Antwort, die Veränderung hat nur bedingt direkt etwas mit der Corona-Pandemie und ihren Auswirkungen auf den Produktionsprozess zu tun. Vielmehr habe die schnelle Veränderung des Konsumverhaltens zu einer Bedarfsverschiebung geführt, die es in dieser Schnelligkeit und Massivität bislang nicht gegeben hätte.
»Corona hat uns das weltweite Phänomen Homeoffice beschert«, so Quecke, »auf einmal brauchen Hunderte von Millionen von Menschen Laptops, Webcams, Computermäuse, Tastaturen, neue Kaffeemaschinen und Ähnliches«. Der Transfer des Arbeitsplatzes vom Büro in die heimische Wohnung habe in kürzester Zeit immense Zusatzbedarfe geweckt. »Durch Covid hat sich unser Verhalten verändert«, so Leicher, »und damit waren auch Fehlinterpretationen und Überreaktionen verbunden«.
Zudem, so Kokot, sei die Elektronifizierung unseres Lebens in den zwei Jahren der Corona-Pandemie noch weiter vorangetrieben worden. »Früher hatte ein Schreibtisch maximal ergonomisch zu sein, heute steckt da häufig ein gehöriges Maß Elektronik drin, und sei es nur, um die Tischhöhe bequem an die Bedürfnisse des Nutzers anzupassen.« Ikea sei früher ein Unternehmen gewesen, das Möbel verkauft habe, »heute verkaufen die Möbel mit Elektronik drin«.
Im Zuge der Corona-Pandemie haben sich zudem viele Menschen auf ihre Gesundheit fokussiert und nutzen Wearables, um diverse Vitalparameter zu überwachen. »Inzwischen haben sich weltweit Hunderte von Millionen Menschen daran gewöhnt, täglich mit diesen Dingern rumzulaufen«, stellt Quecke fest, »und nach zwölf Monaten werden die Geräte dann vielleicht für eine neuere Version entsorgt«. Das Geld, das etwa durch nicht stattgefundene Reisen eingespart wurde, habe sich seinen Weg in den Wirtschaftskreislauf gesucht, indem es unter anderem in Homing-Applikationen floss.
Die Bedarfsverschiebung lässt sich aber auch an anderen Stellen beobachten. E-Bikes habe es schon vor der Pandemie gegeben, aber heute beträgt die Wartezeit auf ein Markengerät zum Teil zwölf Monate. »Was da inzwischen neben den Speicherakkus an passiven Bauelementen, Steckverbindern, Halbleitern und sonstigen elektronischen Komponenten drinsteckt, ist enorm und ein weiterhin boomender Markt«, versichert Quecke.