Die Grundvoraussetzung, um das Silodenken zu überwinden, ist die Kommunikation – und zwar die schnelle Kommunikation. Und hier gibt es in Deutschland noch einige Hürden zu überwinden: »Die flächendeckende Breitbandversorgung ist die Voraussetzung für die ITK-Systemintegration, ohne Breitbandversorgung wird keine Stadt smart«, so warnte Dr. Joachim Schneider, VDE-Präsident und Mitglied des Vorstandes von RWE. »Was die Breitbandversorgung angeht, haben uns einige südeuropäische Länder überholt«, sagt Prof. Ingo Wolff, wissenschaftlicher Tagungsleiter des VDE-Kongresses, VDE-Präsidiumsmitglied und Geschäftsführer der IMST GmbH. »Von Fiber to the Home gar nicht erst zu reden. Aber erst die Glasfaservernetzung zum Heim, zu den Gebäuden (Fiber to the Building) und den Betrieben (Fiber to the Business) schafft die vernetzte Stadt.« Genauso erforderlich sind LTE und die fünfte Generation des Mobilfunks. Denn wer Verkehrsströme lenken will oder alle paar Minuten die Daten von Hunderttausenden von kleinen Energieerzeugern und Verbrauchern erheben muss, um Angebot und Erzeugung ins Gleichgewicht zu bringen, der muss über breitbandige echtzeitfähige Internetverbindungen verfügen. »Reaktionszeiten von 300 ms reichen nicht, wir müssen auf 1 ms kommen«, so Wolff.
Doch es gibt für Deutschland auch Lichtblicke: Denn neben der schnellen Kommunikation sind Standards die unabdingbare Voraussetzung, um das Silo-Denken zu überwinden – und hier sieht sich der VDE in seinem Element: »Wir sind Vorreiter im Bereich Normung und Standards, darauf sind wir stolz«, sagt Joachim Schneider. Darüber hinaus sind einige der führenden Infrastrukturanbieter hier ansässig, deren Know-how weltweit gefragt ist. Und wenn die deutschen Unternehmen eines können, dann komplexe Systeme zu beherrschen. »Wir befinden uns also in einer sehr günstigen Ausgangssituation, Deutschland hat gute Voraussetzungen, um Leitanbieter in diesem Markt zu werden«, so Schneider.
Städte sind immer Teil der Region
Auch wenn das Thema der VDE-Konferenz in diesem Jahr »Smart Cities« lautete, so wäre es doch eine glatte Themaverfehlung gewesen, ausschließlich über Smart Cities zu sprechen. Das Drumherum, die Umgebung der Städte, die Regionen sind genau so wichtig – worauf alle Keynote-Speaker in Frankfurt hingewiesen haben. »Der Blick auf die Umgebung lohnt sich«, erklärte Dr. Peter Terwiesch, Vorstandsvorsitzender der ABB AG und Leiter der Region Zentraleuropa in seiner Keynote-Rede. »Im Zusammenspiel von Stadt und Land müssen wir unsere Zukunftsfähigkeit sicherstellen.« Ganz Deutschland sei ja im Zeichen der Energiewende zu einem Labor geworden. Einen großen Teil dieses Labors nehmen die Verteilnetze ein und hier wiederum sind die Städte wichtige Elemente für das Lastmanagement. Das E-Energy-Projekt MeRegio habe hier einige Erfahrungen gebracht, etwa mit regelbaren Ortsnetztrafos.
»Wir sollten nicht nur von Smart Cities sprechen, sondern gleich von smarten Regionen«, sagt auch Prof. Ingo Wolff. »Eine Verbindung zwischen Regionen und Städten und Regionen untereinander erfordert aber ein Glasfasernetz, es wäre schön, wenn wir das in Deutschland hätten.« Das sieht auch Prof. Jochen Kreusel so: eine gut ausgebaute Kommunikations-Infrastruktur kann zur Verkehrsvermeidung beitragen, nicht nur in den Städten, sondern auch n den Regionen. Vor allem ließe sich aber auch ein Teil des Zuzuges in die Städte vermeiden, wenn es auf dem Land eine entsprechende Infrastruktur gäbe. »Derzeit gibt es dort nicht einmal das Breitbandnetz von heute, geschweige das der nächsten Generation«, so Kreusel. Sie zu installieren, würd dann einen Teil der Probleme in den Städten erst gar nicht entstehen lassen, die sonst dort zu lösen wären. Dr. Roland Busch von Siemens zeigt es am Beispiel des Verkehrs auf, wie Städte und Regionen ineinander greifen können: Batteriebetriebene Elektrofahrzeuge für die Städte, Wasserstoffbetriebene Brennstoffzellen-Fahrzeuge für den Fernverkehr, für den Güterfernverkehr kämen auch mit Oberleitungen versehen Spuren auf Autobahnen für autonom fahrende Lastwagen in Frage.