6G-Projekt für die vernetzte Mobilität

Kommunikation trifft sensorbasierte Umfelderkennung

23. März 2023, 14:30 Uhr | Nicole Wörner
Eine engere Integration von Kommunikation und sensorbasierter Umfeld-Erkennung im 6G-Netz soll künftig die Verkehrssicherheit erhöhen und die Effizienz der vernetzten Mobilität erhöhen.
© Bosch

Eine höhere Integration der bislang voneinander getrennten Systeme für Kommunikation und sensorbasierte Umfelderkennung – das ist das Ziel des Forschungsprojektes »6G-ICAS4Mobility«, in dem Experten aus Wirtschaft und Wissenschaft aktuell Grundlagen für die nächste Mobilfunkgeneration 6G entwickeln.

Vernetzte Fahrzeuge sollen die Mobilität in Zukunft effizienter, sicherer, komfortabler und intelligenter machen. Hierfür müssen die Fahrzeuge – ob auf der Straße, in der Luft oder in einer Fabrikhalle – untereinander und mit ihrer Umgebung schnell und zuverlässig Daten austauschen können. Dabei spielen verschiedene Sensoren wie Radare eine entscheidende Rolle. Mit Sensoren können Fahrzeuge »sehen« und ihr Umfeld erkennen; sie helfen, um beispielsweise Kollisionen zu vermeiden.

Insbesondere für den autonomen Betrieb von Fahrzeugen sind Sensoren unerlässlich. Bislang laufen Kommunikations- und Sensorsysteme in Fahrzeugen in der Regel unabhängig voneinander. Und das, obwohl sie beispielsweise bei der Signalverarbeitung oder der Systemarchitektur viele Gemeinsamkeiten aufweisen.

Hier setzt das Projekt »6G-ICAS4Mobility« unter der Leitung von Bosch an. Ziel des Konsortiums aus Hochschulen, Automobilzulieferern, Kommunikations- und Radarspezialisten sowie Drohnenanbietern ist es, die bislang getrennt betriebenen Kommunikations- und Radarsysteme enger miteinander zu koppeln und in ein gemeinsames 6G-System zu integrieren. Das Projekt soll in den kommenden drei Jahren Grundlagen für den zukünftigen 6G-Standard entwickeln und damit einen wichtigen Beitrag zur Sicherung der technologischen Souveränität Deutschlands und Europas leisten.

Zukünftig sollen die in Echtzeit fließenden Sensordaten verschiedener mobiler Endgeräte (etwa Fahrzeuge) über den 6G-Mobilfunk koordiniert und kombiniert werden, um ein genaueres Abbild der Umgebung zu erstellen. Damit soll sich die Verkehrssicherheit erhöhen und die Effizienz der Straßennutzung steigern lassen. Gleichzeitig sollen Radarfunktionen auch direkt in zukünftige Kommunikationsmodule integriert werden, was zu Kosteneinsparungen und einer effizienteren Nutzung der knappen Funkressourcen führt.

Neben der Betrachtung relevanter Szenarien für den Straßenverkehr sollen Erkenntnisse aus der Projektarbeit insbesondere auch als technische Grundlage für Anwendungen im Bereich vernetzter Drohnen sowie im Bereich Industrie 4.0 (zum Beispiel für fahrerlose Transportsysteme) dienen.

Direkter Datenaustausch

Die engere Kopplung und die Integration von Kommunikations- und Radarfunktionen (engl. Integrated Communication and Sensing, ICAS) wird bereits seit einigen Jahren vor allem im akademischen Bereich diskutiert. Im Projekt soll nun die praktische Leistungsfähigkeit der Technologie nachgewiesen werden, um sie dann in den zukünftigen Mobilfunkstandard einbringen zu können.

»ICAS gilt als eine Schlüsseltechnologie für künftige 6G-Systeme und wird ganz neue Möglichkeiten eröffnen, die weit über das Potenzial aktuell genutzter Funktechnologien hinausgehen«, ist Andreas Müller, Initiator von 6G-ICAS4Mobility und Projektleiter für die 6G-Aktivitäten von Konsortialführer Bosch, überzeugt. »Durch eine gemeinsame Nutzung des Funkspektrums, der Hardware und der Signalverarbeitung können alle Systeme insgesamt wesentlich effizienter bei deutlich niedrigeren Kosten und geringerem Energieverbrauch realisiert werden.«

Eine wichtige Rolle nehme hierbei der sogenannte Sidelink ein, der eine direkte Kommunikation zwischen zwei Fahrzeugen ermögliche. Der Clou: Sidelink ist unabhängig von der bestehenden Mobilfunkinfrastruktur nutzbar. Auf diese Weise soll zukünftig sicheres autonomes Fahren auch in Regionen mit schlechter Mobilfunkanbindung realisierbar sein.
 

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6G-Forschung läuft auf Hochtouren
Weltweit nimmt die 6G-Forschung an Fahrt auf. Allein die deutsche Bundesregierung fördert entsprechende Aktivitäten bis 2025 mit rund 700 Millionen Euro; im EU-Haushalt sind für den Zeitraum von 2021 bis 2027 nochmals etwa 900 Millionen Euro eingeplant. Analog gibt es riesige Investitionsprogramme auch in den anderen Weltregionen, allen voran den USA, Japan, Südkorea und China. Dies spiegelt unter anderem die geopolitische Bedeutung von 6G sowie den erwarteten Stellenwert bei der technologischen Souveränität wider. Experten gehen davon aus, dass der erste 6G-Standard etwa im Jahr 2028 fertiggestellt sein wird.

Das Projekt »6G-ICAS4Mobility« wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit rund zehn Millionen Euro gefördert – das sind rund 70 Prozent der Projektkosten. Die Projektteilnehmer im Überblick:

• Robert Bosch GmbH
• Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut
• IMST
• NXP Semiconductors Germany
• Universität Ulm
• FAU Erlangen-Nürnberg
• TU Kaiserslautern
• TU Ilmenau
• Missing Link Electronics
• CiS
• AeroDCS
• Barkhausen-Institut
• Hensold Sensors
• Merantix Momentum (Merantix Labs)
• Denso Automotive Deutschland 


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