70 Jahre Cern-Forschung

Was bringt Teilchenphysik für die Medizin?

24. September 2024, 10:02 Uhr | mit Material von dpa (uh)
Antiprotonen sind Teil der kosmischen Strahlung, auf der Erde kommen sie nur künstlich in Teilchenbeschleunigern wie dem Cern erzeugt werden.
© CERN

Was hat der Urknall mit einem PET-Scan gegen Krebs zu tun? Seit 70 Jahren erforscht das Genfer Cern den Ursprung der Welt per Teilchenbeschleuniger. Der Nobelreis für die Higgs-Boson-Entdeckung war eine Krönung - doch die Forschungen brachten auch viele neue Technologien für die Medizin auf den Weg.

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Beim Thema Physik denken manche Menschen mit Schrecken an ihre Schulzeit zurück, und Kernforschung ist auch nicht wirklich etwas für leichten Small Talk. Dabei ist die Arbeit von Teilchenphysikerinnen und -physikern sehr spannend. Und von ihren bahnbrechenden Erfindungen am Cern - der Europäischen Organisation für Kernforschung - in Genf profitiert jeder im Alltag: beim Arztbesuch und der modernen Medizin überhaupt.

Medizin und Diagnostik

Am Cern wird erforscht, was in den ersten Sekunden nach dem Big Bang, der Geburtsstunde des Universums, geschah. Um den Zustand unmittelbar nach dem Urknall zu simulieren, hat das Cern den Teilchenbeschleuniger LHC gebaut. In einem 27 Kilometer langen, ringförmigen Tunnel 100 Meter unter der Erde im schweizerisch-französischen Grenzgebiet werden Protonen oder Ionen mit hoher Energie zur Kollision gebracht.

Detektoren messen, welche Teilchen dabei entstehen. Diese Technologie macht sich auch die Medizin zunutze. Bei einem PET-Scan werden wie in Cern-Detektoren Photonen gemessen, die Zellen oder Gewebe sichtbar machen, die viel Energie verbrauchen, darunter entzündetes oder Tumorgewebe. Er unterscheidet sich von anderen bildgebenden Verfahren wie der Magnetresonanztomographie (MRT), die Gewebe, Organe und Knochen abbilden. Beim PET-Scan (PET steht für Positronen-Emissions-Tomographie) wird sehr wenig und praktisch unschädliches Kontrastmittel eingesetzt.

70 Jahre Cern in Genf

Die Cern-Organisation will dem Ursprung des Universums auf die Spur kommen. Am 29. September feiert sie 70. Geburtstag. Der Name Cern ist die Abkürzung des französischen Namens der Organisation: Conseil Européen pour la Recherche Nucléaire (europäischer Rat zur Nuklearforschung). Direkt beim Cern arbeiten etwa 2.500 Leute, die Kollaborationen mit Physikerinnen und Physikern in aller Welt, die Daten auswerten, umfassen mehr als 17.000 Menschen. Das Cern hat 24 Mitgliedsländer, darunter Deutschland, das mit Abstand der größte Geldgeber ist.

Neben Diagnosen sind auch Behandlungen aus Cern-Erfindungen hervorgegangen: Am Heidelberger Ionenstrahl-Therapiezentrum (HIT) werden Tumore bei Krebskranken seit 2009 zum Beispiel mit Schwerionen und Protonen bestrahlt, die tief im Körper liegende Tumore zerstören können und dabei umliegendes gesundes Gewebe schonen sollen. Das ist bei Tumoren an heiklen Stellen wie der Schädelbasis oder dem Sehnerv besonders wichtig.

Quantentechnik & Medizin

Quantentechnologie ist ein anderes Feld, mit dem das Cern sich beschäftigt, etwa zum Bau supersensibler Sensoren. Das Fraunhofer-Institut schreibt: «Quantentechnologien ermöglichen völlig neue, noch nie dagewesene Anwendungen in der Messtechnik, Bildgebung, Kommunikationssicherheit und bei hochkomplexen Berechnungen.» Um diese und andere Anwendungen transparent und mit anderen zu entwickeln, hat das Cern die Führung in einer Zusammenarbeit namens Quantentechnologie-Initiative übernommen, aus dert weitere vielversprechende Ansätze für die Medizin folgen sollen. (uh)

 


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